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LEITARTIKEL 09-2025

Physiologisch reifer Weinjahrgang erwartet

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 09.09.2025 - 10:48

Der letzte Winter war wieder kühler als im Jahr davor, wobei es aber zu keinen langen Kälteperioden kam. Während des Winters gab es sehr wenige Niederschläge, doch die Böden konnten von der guten Wasserversorgung aufgrund der massiven Niederschläge im letzten September profitierten. In den Frühjahrsmonaten März und April gab es sehr wechselhafte Temperaturen. Kälteeinbrüche mit Minusgraden Anfang April konnten den Reben noch nichts anhaben, da der Austrieb erst Mitte bis Ende April erfolgte.

Auch der Mai war insgesamt eher kühl und die Blüte fand rund 14 Tage später statt als im Vorjahr. Gebiets- und sortenabhängig begann sie großteils während der ersten beiden Juniwochen und lief relativ zügig ab. Nach dem trockenen Frühjahr gab es im Mai und Juni in vielen Gebieten dann auch die notwendigen Niederschläge.

Der Gesunderhaltung der Reben war zu diesem wichtigen und empfindlichen Vegetationszeitpunkt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Großflächige Hagelereignisse gab es im heurigen Jahr bis dato noch nicht, aber kleinräumige Hagel waren bereits sehr früh zu beobachten, darunter im Mai in der Steiermark und am 1. Juni in der Wachau.

Was an dieser Stelle ebenfalls angemerkt werden soll, ist das verstärkte Auftreten von neuen invasiven Schädlingen aufgrund des Klimawandels. Neben der bereits länger auftretenden Kirschessigfliege hat sich auch die Amerikanische Rebzikade großflächig eingebürgert. Sie ist deshalb problematisch, da sie eine gefährliche Phytoplasmose überträgt, die Goldgelbe Vergilbung. Dies ist bereits in der Südoststeiermark passiert und teilweise im Südburgenland.

Vielversprechende Reifeentwicklung

Die erste längere Hitzeperiode von Juni bis Anfang Juli hat den Vegetationsfortschritt schließlich enorm beschleunigt. Der nachfolgende kühlere Juli brachte immer wieder die notwendigen Niederschläge. Während der Reifeentwicklung im August zeigten sich die Tage schön, warm bis teilweise heiß bei gleichzeitig bereits relativ kühlen Nächten. Durch die Wetterkonstellation warmer Tage und kühler Nächte während der Reife kann von einer sehr guten physiologischen Reifeentwicklung bei gleichzeitig ausgeprägter Aromaausbildung ausgegangen werden. Vor allem ist ein ausgewogenes Zucker-Säure-Verhältnis der Trauben zu erwarten.

Der im Vergleich zum Vorjahr spätere Rebaustrieb, die spätere Rebblüte sowie die schöne Reifephase mit den erwähnten Tag-Nacht-Unterschieden sind der Grund dafür, dass die Weinlese heuer ein bis zwei Wochen später als im Vorjahr beginnt. Dies wird sehr positiv wahrgenommen, da dadurch die Zuckerkonzentrationen der Trauben nicht entgleiten, ein schönes Säuregerüst erhalten bleibt und somit eine volle physiologische Reife der Trauben abgewartet werden kann.

Die Lese von Most und Sturm hat im Burgenland bereits Ende August begonnen, wobei der Hauptlesebeginn im Burgenland um den 8. September erwartet wird. Auch die Steiermark geht von einem Lesebeginn in der zweiten Septemberwoche aus. In Niederösterreich und Wien wird die Hauptlese in der zweiten und dritten Septemberwoche beginnen.

Erwartete Erntemenge im guten Durchschnitt

Im Gegensatz zur extrem kleinen Weinernte 2024 kann im Jahr 2025 mengenmäßig von guten Durchschnittswerten ausgegangen werden. Ein guter Traubenansatz, die problemlose Blüte sowie kaum Schäden durch Witterungseinflüsse, aber andererseits nicht zu große Trauben und verhaltene Beerendurchmesser, sind der Grund für die diesjährige Prognose. Nach Rückfragen in den Gebieten wird im heurigen Jahr daher eine Weinernte von rund 2,5 Mio. hl erwartet. Damit lägen wir geringfügig über dem Durchschnitt der letzten Jahre.

Gerade beim Weißwein wird die neue Ernte aufgrund der kleinen Vorjahresmenge vielerorts bereits sehnlich erwartet.