Leitartikel 03-2024

Rebsorten oder Herkunft

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 05.03.2024 - 12:04
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Links die Herkunft Mittelburgenland, rechts die Rebsorte Blaufränkisch – bei der Vermarktung sind beide Wege möglich © ÖWM / WSNA

Kostendruck durch Inflation und gestiegene Energiepreise sind dabei hoffentlich nur von temporärer Natur. Was nachhaltig Sorge bereitet, ist die anhaltende Tendenz des Konsumrückganges vor allem in den entwickelten Weinkonsumländern. Die Ursachen sind vielfältig, aber die Konsequenz ist wieder der verstärkte Ruf nach Rodungsmaßnahmen. Aber der Markt hat und wird auch nachfrageseitig auf die geänderten Marktsituationen reagieren.

Basissegment legt zu

Aufgrund der angespannten Lebenshaltungskosten vieler Konsumenten profitiert auch im Weinbereich vor allem das Basispreissegment im Lebensmittelhandel. Dort geht es vor allem um einfache (und einfach zu verstehende) Rebsorten- und Markenweine. Für viele Konsumenten, auch Jugendliche, die sich dem Thema „Wein“ zwar nähern, aber gerne auf Alkohol verzichten wollen, wird der Bereich der No- oder Low-Alkohol-Weine (also entalkoholisierte oder alkoholarme Weine) immer wichtiger werden. Aber klar ist auch, dass das Basissegment im Lebensmittelhandel aus Kostengründen ein Markt für Großbetriebe und Kellereien ist. Das klassische Weingut, der klein- und mittelständische Familienbetrieb, wird wohl wenig konkurrenzfähig sein (jedenfalls nicht auf Dauer). Für den Bereich der entalkoholisierten Weine gilt Ähnliches wohl auch im Hinblick auf die notwendige technische Ausstattung.

Herkunftssystem für höhere Wertschöpfung

Der klassische familiengeführte Weinbaubetrieb muss aber eine höhere Wertschöpfung kreieren, um langfristig und nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich zu sein, als dies im Basissegment des Konsumweines möglich ist. Höhere Wertschöpfung ist aber nur in einem strengen Herkunfts- und Appellationssystem möglich. Natürlich gibt es auch wertige Markenweine, aber die sind nicht mehrheitsfähig. Gemeinschaftsmarketing geht nur über Herkunftsmarketing, nur so können alle Betriebe eines Gebietes mitgenommen werden. Nur ein klares Herkunftssystem kann sich vom Basissegment abheben und im In- und vor allem im Ausland höhere Wertschöpfung generieren. Deswegen kann ich einer Kernaussage des zuvor zitierten Reports, dass Appellationen keine Zukunft haben, nicht zustimmen.

Gesetzlicher Rahmen für Vielfalt

Der weingesetzliche Rahmen eines Landes muss beide Vermarktungsschienen ermöglichen, aber ohne sich – vor allem bezeichnungsrechtlich – in die Quere zu kommen. Ich glaube, diesbezüglich sind wir in Österreich nach wie vor auf einem guten Weg. Auf Ebene des Landweines und der generischen Qualitätsweingebiete können Rebsorten und Marken ohne Einschränkung vermarktet werden. Auf Ebene der spezifischen Qualitätsweinbaugebiete, der DAC-Weine, tritt die Herkunft in den Vordergrund. Mit der derzeit in Umsetzung begriffenen Herkunftshierarchie der Gebiets-, Orts- und Riedenweine kann, wenn betrieblich gut eingesetzt, zusätzlich an der Wertschöpfungsspirale gedreht werden. Und dazu ist es auch notwendig, dass diese Herkunftshierarchie vor allem für den internationalen Konsumenten klar und transparent ist, weswegen strukturell an den verschiedenen DAC-Vorgaben der Gebiete noch etwas gefeilt werden muss.