LEITARTIKEL 10-2019

Weinernte 2019: Viel Licht, aber auch ein wenig Schatten

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 08.10.2019 - 09:57
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Vielerorts fiel die Ernte im Burgenland deutlich geringer als im
Jahr 2018 aus, und das bei nicht kostendeckenden Traubenpreisen im freien Handel

Nach einem normalen Austrieb im Frühjahr konnten auch heuer wieder trotz einiger kritischer Nächte Spätfrostschäden vermieden werden. Der kühle, regnerische Mai hat die Blüte im Vergleich zum Vorjahr etwas verzögert, was aber schlussendlich einem normalen Blühzeitpunkt entsprach und durchaus positiv war. Kurz vor der Blüte hatte das Wetter schon auf große Hitze umgeschlagen, was zu einem raschen Blühverlauf, aber aufgrund der hohen Temperaturen mancherorts auch zu Verrieselung der Trauben führte. Die enorme Hitze im Juni war außergewöhnlich, die hohen Temperaturen im Juli und August waren fast schon normal. Mancherorts war aufgrund der Trockenheit auch wieder starker Trockenstress zu verzeichnen. Aber auch dort, wo es hin und wieder etwas geregnet hat, blieben die Beerendurchmesser im Vergleich zum Vorjahr geringer. In Summe war daher Anfang September sehr gesundes Traubenmaterial zu verzeichnen.

Fäulnisdruck versus physiologische Reife 

Hitze und Trockenheit während des Sommers, massive Niederschläge vor der Lese Anfang September. Ein Phänomen, das die vergangenen Jahre beobachtet werden kann – so auch heuer. Für manche Gebiete und manche Sorten ist dadurch der Fäulnisdruck wieder sprunghaft gestiegen. Ansonsten bestand aufgrund eines deutlich höheren Säureniveaus im Vergleich zum Vorjahr die Möglichkeit, die Reifeentwicklung hinauszuziehen, um eine optimale physiologische Reife zu erzielen.

Preise am freien Traubenmarkt im Keller 

Äußerst unzufriedenstellend hingegen war die Situation heuer wieder im Bereich des freien Traubenmarktes. Obwohl von Beginn an klar war, dass heuer keine besonders große Ernte eingebracht werden wird, war der Handel mit dem Hinweis auf die große vorjährige Ernte nicht bereit, vernünftige Traubenpreise zu bezahlen. Mit 30 Cent/kg Trauben kann kein kostendeckender Weinbau betrieben werden.

Auch als während der Weinlese klar war, dass aufgrund der Ausbeute die Menge noch kleiner als ursprünglich vermutet ist, hat sich zumindest bis zum Berichtszeitpunkt die Marktsituation nicht geändert. Die Folgen einer derartigen Entwicklung sind klar. Es wurde bereits und wird weiter in diesem Segment verstärkt gerodet. Und wenn das Mengensegment dann endgültig durch norditalienische Weine besetzt ist, dann werden die Pressstellen und Traubenaufkäufer in den Gebieten wohl ebenfalls überflüssig werden. Dem Weinhandel aber, der in den Gebieten draußen in den Regionalen Weinkomitees sitzt, wird man in Zukunft oder auch jetzt schon fragen müssen, ob oder auf welche Art er in Zukunft mit den Weinbaugebieten zusammenarbeiten will.