Leitartikel 06/2019

Neues Konsumverhalten

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 07.06.2019 - 17:18

Immer weniger Leute trinken Alkohol, beziehungsweise Wein, und die, die noch Wein trinken, trinken ebenfalls tendenziell weniger. Das hat mit den Anforderungen des modernen Berufslebens zu tun, mit den Vorschriften im Beruf und im Verkehr. Und man darf auch nicht übersehen, dass manche Kulturkreise gar keinen Alkohol trinken (Stichwort: Islam).

Nicht übersehen darf man auch das Trinkverhalten der jungen Leute. Nach dem Binge- Drinking rund um die Jahrtausendwende trinken die heutigen Jugendlichen weniger Alkohol und damit auch Wein. Auch die zunehmende Legalisierung von Cannabis in manchen Ländern macht dem Alkohol Konkurrenz.

Das Wirtschaftsmagazin Forbes bezeichnet die Millennials überhaupt als „Generation Sober“, also als die nüchterne Generation. Rund 25% der unter 25-jährigen Jugendlichen trinken mittlerweile gar keinen Alkohol.

Gesundheitsfördernd versus -schädigend

Auch die Antialkohol-Lobby sagt dem Alkoholkonsum verstärkt den Kampf an. Die Branche muss sich laufend zur Wehr setzen, um Konsumwarnungen auf dem Etikett und auf Werbungen zu verhindern. In den Studien der 80-iger und 90-iger Jahre wurde dem moderaten Weinkonsum gesundheitsfördernde Wirkung zugesprochen, vor allem im Hinblick auf die Verringerung von Herzkreislauferkrankungen. Heutzutage werden immer wieder Studien veröffentlicht, die auch bei geringem Alkohol beziehungsweise Weinkonsum eine gesundheitsschädliche Wirkung erkennen wollen. Dazu kommt überhaupt ein allgemeiner Trend zum gesunden Lebensstil in der Gesellschaft. Und dieser teilweise Gesundheitswahn steht dem Weingenuss vielfach im Wege.

Bewussterer Weinkonsum

Der Weinkonsum wird jedenfalls weniger, aber bewusster. Man trinkt weniger, aber dafür besseren Wein. Zudem glaube ich, dass der neue Konsument in verstärkte Beziehung zum Produzenten treten will. Auch wenn derzeit die endlosen und namenlosen Supermarktregale die Haupteinkaufsquellen für Wein darstellen, wird sich das sukzessive ändern. Der neue Konsument will über Sozial Media mit seinem Winzer direkt in Kontakt treten. Er will eine virtuelle, am Ende auch eine reale Beziehung aufbauen. Er will diesen Mehrwert beim Konsum des Genussproduktes Wein. Den ausgesuchten Wein bestellt er dann durch Knopfdruck online. Mit fortschreitender Interaktion will er den Betrieb dann auch kennen lernen und holt sich manchmal auch den Wein direkt vom Winzer. Ich glaube, dass das Abhof-Einkaufserlebnis dem zukünftigen Zeitgeist entsprechend wieder wichtiger wird.

Der Weintourismus wird der kulturelle Mehrwert bei der Suche des Konsumenten nach Authentizität beim Weinkonsum – ein Vorteil, im Vergleich zum Konsum anderer alkoholischer oder nicht alkoholischer Getränke.

CR Prof. DI Josef Glatt, MBA