LEITARTIKEL 05-2021

Weltweinwirtschaft im Fokus

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 27.04.2021 - 12:44

Klar ist aber, je länger die Gastronomie geschlossen bleibt, umso größer ist der Rückstau im Absatz und umso höher werden die Lager­bestände. 

Unterstützungsforderungen trotz massiver Frostschäden

Die massiven Frostereignisse vom 6. bis 8. April in ­großen Teilen Europas werden die hohen Bestände in Europa wohl zum Teil, aber nicht zur Gänze entspannen. Nachttemperaturen deutlich unter dem Gefrierpunkt haben in großen Teilen Europas schwere Spätfrostschäden verursacht, da in vielen südlichen Regionen im Gegensatz zu Österreich die Reben bereits ausgetrieben waren. Der französische Bauernverband spricht von einem sicheren Ertragsverlust im heurigen Jahr von mindestens 30%. Die Schäden haben fast alle französischen Anbaugebiete bis hinunter in den Süden betroffen. Auch große Teile Mittel- und Norditaliens haben massive Spätfrostschäden zu verzeichnen. Andererseits kann auch die Aufhebung der ­US-Strafzölle auf manche europäischen Weine zur Entkrampfung der Absatzsituation beitragen. Je länger die Pandemie dauert, umso intensiver fordern die europäischen Weinbauverbände eine Aufstockung der EU-Stützungsgelder für den Weinsektor, um zum Beispiel in manchen Regionen auch wieder Destillationsaktionen durchführen zu können.

Konsum im Abwärtstrend

In dieser schwierigen Situation hat dieser Tage der Generaldirektor der internationalen Weinorganisation (OIV) seinen Bericht zur Lage des Weltweinbaues für 2020 gegeben. Die Weltrebfläche ist mit 7,3 Mio. Hektar ziemlich gleichgeblieben. Der Grund liegt darin, dass China seine expansive Auspflanzungspolitik reduziert hat und die Weinbaufläche der EU aufgrund des Auspflanzungs­regimes in den letzten Jahren gleichgeblieben ist. Die Weltweinproduktion betrug im Jahr 2020 rund 260 Mio. Hektoliter (EU: 165 Mio. Hektoliter). Dabei produzieren drei Länder (Frankreich, Spanien und Italien) mehr als 50% der Weltweinproduktion. Was den weltweiten Konsum betrifft, so setzt sich der Abwärtstrend vergangenen Jahre mit 234 Mio. Hektoliter im Jahr 2020 weiter fort. Ein Hauptgrund liegt darin, dass der abnehmende Konsum der klassischen Weinkonsumländer nicht mehr durch den steigenden Konsum der „Hoffnungsländer“ ausgeglichen werden kann. Mit ein Grund im Jahr 2020 ist natürlich auch das erste Jahr der Covid-19-Pandemie und den damit ­verbundenen Lockdowns der Gastronomie in vielen ­Ländern.

Wert des Weinhandels sinkt, Premiumproduzenten betroffen

Bemerkenswert ist die Statistik des Pro-Kopf-Verbrauches, in der Österreich weltweit an fünfter Stelle liegt. Sehr stabil zeigt sich der Weltweinhandel, der trotz des ersten Coronajahres bei 106 Mio. Hektoliter Wein liegt. Der Internationalisierungsindex des Weinmarktes liegt bei 45%. Das heißt, 45% des Weines, der weltweit konsumiert wird, stammt aus Importen. Wertmäßig steht dieser weltweite Weinhandel für 30 Milliarden Euro. Das bedeutet einen leichten Rückgang zu 2019, was auch weltweit wiederspiegelt, dass aufgrund der coronabedingten Lockdowns die Nachfrage nach Weinen für den Lebensmittelhandel größer war als für die Gastronomie. Nicht nur national, auch weltweit können daher durch die Covid-19-Pandemie verursachte Trends verfolgt werden: 

  • Die Schließung der Gastronomiekanäle zu Gunsten des Absatzes im Lebensmittelhandel bedeutete vor allem einen wertmäßigen Rückgang des Weinhandels.
  • Premium-Weinproduzenten waren daher auch die Hauptbetroffenen der Corona-19-Pandemie. 
  • Onlinevermarktung hat auch im Weinbereich nachhaltig Einzug halten. 
  • Der Schaumwein hat marktmäßig mehr verloren als ­andere Segmente. 
  • Deutlichster Gewinner war der Weinhandel in „Bag-in-Box“ nach US, UK, Japan und Skandinavien.