130 Jahre Österreichischer Weinbauverband

Ein Artikel von CR DI Josef Glatt | 07.09.2015 - 10:49

Am 8. September beging der Öster­reichische Weinbauverband sein 130-Jahr-Jubiläum im ­Wiener Palais Ferstel, unweit seines Gründungsortes, mit einem Festakt (Bericht in der nächsten Winzer-Ausgabe). Ein filmischer Rückblick stellte die Anforderungen, die an die Weinwirtschaft und ihre politische Ver­tretung gestellt wurden, dar. Immer schon ging es um die Bekämpfung neuer Schädlinge im Weingarten und um wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen für eine positive Entwicklung der Branche. 

Das erste Weingesetz

Als am 30. September 1885 im Landhaus in der Wiener Herrengasse der „Verein zum Schutze des Öster­reichischen Weinbaues“ gegründet wurde, hatte man bereits intensiv mit neu eingeschleppten Krankheiten wie Oidium und Peronospora sowie mit dem Auftreten der Reblaus seit 1872 zu kämpfen. Bereits 1860 wurde die Obst- und Weinbauschule in Klosterneuburg gegründet und 1892 erschien erstmalig ein eigenes Vereinsorgan „Mitteilungen des Vereines zum Schutze des Österreichischen Weinbaues“. Nach jahrelanger Vorarbeit konnte 1907 das erste österreichische Weingesetz in Kraft treten, das z.B. erstmalig die Herstellung von Kunstwein verbot, die zugelassenen Weinbehandlungsmittel regelte und für die Kontrolle eigene Kellereiinspektoren bestellte. 
  Mit Ende der Monarchie wurde aus dem mittlerweile „Österreichischen Reichsweinbauverein“ der „Hauptverband der Weinbautreibenden Österreichs“. Anfang der 1920er Jahre wurden auch die gesetzlichen Inter­essenvertretungen in Form der ­Landwirtschaftskammern eingerichtet. In den wirtschaftlich schwierigen 1920er und 1930er Jahren waren die Hauptaufgaben verstärkte Werbemaßnahmen für den Inlandsabsatz, Maßnahmen gegen ungezügelten Wein­import und sich gegen eine immer stärkere Besteuerung des Weines zu wehren. 

Wiederaufbau

Nach dem Anschluss an Deutschland wurde der Weinbauverband aufgelöst und in den Reichsnährstand eingegliedert. Nach den Wirren des Zweiten Weltkrieges, in denen durch direkte Kriegseinwirkungen auch der Weinbau großen Schaden erlitt, begann 1950 der institutionelle Wiederaufbau der österreichischen Weinwirtschaft. Ein Zentralausschuss der Landesweinbauverbände forderte die Auf­hebung der Weinsteuer und die Reduktion der Getränkesteuer. 1959 wurde aus dem losen Zusammenschluss des Zentralausschusses der „Bundesverband der Weinbautreibenden Österreichs“. 
  Ende der 1950er Jahre begann die durch Lenz Moser propagierte Umstellung von der Stockkultur zur Hochkultur, die bis in die 1970er Jahre andauerte und auch zu einer Sortenbereinigung führte. 1961 wurden mit einem neuen Weingesetz ­erstmalig auch Weinbaugebiete ab­gegrenzt und der Begriff des „Öster­reichischen Qualitätsweines“ wurde gesetzlich geregelt. 

Krise, Skandal und die Folgen

Die Zeitspanne zwischen 1976 und 1985 kann als die Krisenzeit des österreichischen Weinbaus bezeichnet werden. Ein zyklischer Preisverfall begann. Bestimmte Aktionen des Weinwirtschaftsfonds steuerten dagegen; v.a. die Errichtung des niederösterreichischen Genossenschafts­kellers mit riesigem Lagerraum begann, erste Erfolge zu zeigen – bis der Weinskandal 1985 alle Anstrengungen zunichtemachte. Der Wein­export kam völlig zum Erliegen. 
  Als Folge dieser Ereignisse wurde 1985 das strengste Weingesetz der Welt verlautbart, das sich für die Weinbauern als völlig undurchführbar herausstellte. Durch zähe Bemühungen des Weinbauverbandes wurde das Weingesetz fünfmal grundlegend novelliert, bis es einerseits praktikabel und andererseits als Motor für die Qualitätsproduktion geeignet war. Verantwortlich dafür waren die Einführung der Banderole als Mengenkontrollinstrument, die obligatorische Prüfung von Qualitätswein mit der staatlichen Prüfnummer und die Einführung der Hektarhöchsterträge für Qualitäts- und Landwein. 
  Im Jahr 1986 wurde die „Öster­reichische Weinmarketingservices­gesellschaft“ für die Image- und Absatzförderung des österreichischen Weines gegründet. Als Folge des EU-Beitrittes 1995 wurde der Bundesverband in „Österreichischer Weinbauverband“ umbenannt. Die Übernahme des EU-Rechtsbestandes wurde mit dem Weingesetz 1999 umgesetzt. Ab dem Jahr 2000 kam es zur Fest­schreibung von Branchenverbänden im Weingesetz und damit zur Schaffung von regionaltypischen Qualitätsweinen, den DAC-Weinen. 
  Der Weinbau hatte zu jeder Zeit seine Probleme, denen der Berufsstand immer gemeinsam entgegen­treten musste. Dies wird auch in ­Zukunft so sein. Daher wird es auch künftig notwendig sein, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, um, egal ob Top-Weinbaubetrieb oder Fassweinerzeuger, gemeinsam für eine gedeihliche Entwicklung des Sektors zu sorgen. Daran sollte uns nicht zuletzt der eben abgehaltene Jubiläums­festakt erinnern.    CR DI Josef Glatt