Leitartikel 02-2024

Lagenklassifizierung

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 02.02.2024 - 19:42

Der Schwerpunkt der Arbeit in der nächsten Zeit wird darin liegen, eine gewisse Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit der verschiedenen DAC-Strukturen voranzutreiben, um es dem Konsumenten im Verständnis einfacher zu machen. 

Was in den heurigen Winterversammlungen ein wichtiges Thema ist und teilweise auch stark emotionalisiert, ist die mit vergangenem Jahr eingeführte Regelung einer Lagenklassifizierung. Dabei wurde im Bezeichnungsrecht ein Kapitel aufgenommen, mit dem Regionale Weinkomitees den Prozess einer gesetzlichen Lagenklassifizierung starten können. Dabei wird oft kritisch angemerkt, dass sich mit dieser Regelung verschiedene Privatvereine wie ÖTW oder STK, die derzeit bereits vereinsinterne Klassifikationen vorgesehen haben, eine gesetzliche Basis geschaffen haben. Dabei ist eigentlich das Gegenteil richtig. Die Forderung nach einer gesetzlichen Klassifizierung ist vielmehr von anderen Weinbaubetrieben dieser Gebiete gekommen, dass derartige Regelungen für alle im Gebiet tätigen Winzer zur Verfügung stehen muss und nicht nur für Vereinsmitglieder. Auf Grundlage dessen wurde auf Verbandsebene und auf Ebene des Nationalen Weinkomitees über mehrere Jahre in verschiedenen Arbeitsgruppen eine mögliche Vorgangsweise für eine Klassifizierung von Lagen diskutiert, was schlussendlich in die im letzten Jahr beschlossene und verlautbarte Verordnung zu diesem Thema gemündet hat. Eine derartig komplexe Materie nach möglichst objektiven Kriterien in einen Gesetzestext zu formulieren und dabei auch der kritischen Beurteilung der internationalen Fachmedien gerecht zu werden, ist ohnehin anspruchsvoll genug. Dabei ist der Verordnungstext nur der erste Schritt, die tatsächliche Umsetzung in den Gebieten anhand eines extra dafür aufgelegten Lagenklassifikationsdokumentes zusätzlich sehr anspruchsvoll. Eine topografisch klar abgegrenzte Riede mit einheitlichem Boden, ebensolcher Lage und kleinklimatischer Ausrichtung, in der außergewöhnliche Weine produziert werden, ist ein Faktor, aber bei weitem nicht der Einzige. Es geht vielmehr darum, Riedenherkünfte, die seit Jahrzenten, teilweise Jahrhunderten bekannt sind und unter dieser Herkunft seit vielen Jahren im In- und Ausland vermarktet werden und daher international für ihre Qualität bekannt sind, hervorzuheben und als Statement für das gesamte Gebiet sprechen zu lassen. Es geht also nicht darum, einzelnen Winzern einen Wettbewerbsvorteil zu ermöglichen, sondern damit ein Qualitätsversprechen für das gesamte Gebiet abzugeben (siehe Burgund). 

Der Ablauf einer Klassifizierung ist dann auch klar strukturiert. Wenn ein Regionales Weinkomitee beschließt, einer Klassifizierung näherzutreten, wird dies dem Nationalen Weinkomitee mitgeteilt. Dies auch deswegen, um von Beginn der Klassifizierung an die begleitende Kontrolle durch eine übergeordnete Behörde (Landwirtschaftsministerium) sicherzustellen. Das Komitee wird dann mit den im Einzugsbereich liegenden Weinbauvereinen in intensiven Austausch treten müssen, ob bzw. welche Rieden theoretisch für eine Klassifizierung in Frage kommen. Für die ausgewählten Rieden wird dann das bereits angesprochene Lagenklassifikationsdokument erarbeitet, um innerhalb eines Gebietes zu einer Reihung der bedeutendsten Rieden des Gebietes zu kommen. Die bestgereihten Rieden könnten dann zu einer Klassifizierung vorgeschlagen werden. Diese Rieden werden dann in der zuständigen DAC-Verordnung als erste Lagen dokumentiert. Gleichzeitig werden weitere weingesetzliche Einschränkungen für die „Erste Lagen Weine“ festgehalten wie Hektarhöchstertrag, Inverkehrsetzungszeitpunkt, Handlese etc. Das ganze Prozedere der Lagenklassifizierung ist ein Angebot an jene Gebiete, die sich – siehe oben – 

einen Mehrwert für das Gebiet versprechen. Andere Gebiete, die sich keinen Mehrwert einer Klassifizierung versprechen bzw. bei denen die Vermarktung von Lagen keine so große Bedeutung hat, werden dieses Konzept dann auch nicht umsetzen. Es ist aber deswegen nicht notwendig, das Konzept einer Lagenklassifizierung schlechtzureden, und dagegen Stimmung zu machen. Dasselbe gilt für den diesbezüglichen Wildwuchs in den sozialen Medien, wo mit teilweise an den Haaren herbeigezogenen Argumenten Stimmung gegen eine Klassifizierung gemacht wird. 

Eine Klassifizierung von Lagen innerhalb eines Gebietes ist also nicht nur eine Profilierung schon bisher einzigartiger Rieden, sondern durchaus auch Teil des Gemeinschaftsmarketings für das gesamte Gebiet. Diese klassifizierten Lagen sind dann Botschafter und Aushängeschilder, um die DAC-Herkunft als solche in ihrer Eigenart noch bekannter zu machen. Ein derartiger Ansatz mag für manche Gebiete Erfolg versprechend sein, für andere Gebiete wiederum auch nicht. Dies zu beurteilen ist Teil der Verantwortung der per Dekret bestellten Mitglieder der Regionalen Weinkomitees. Wie bei jeder gewünschten Änderung einer DAC-Verordnung bedarf es dann auch der finalen Zustimmung des Nationalen Weinkomitees.