Weinbau – Fachartikel

Unterstock in Permakultur

Ein Artikel von Ing. Johannes Friedberger | 14.12.2023 - 10:32

Grundsätzlich muss unterschieden werden, ob die Unterstockbewirtschaftung möglichst arbeitsarm und gut mechanisierbar sein soll, oder ob sie im Sinne der Permakultur auch einen Mehrwert darstellen soll. Auf die speziellen Vorteile, vor allem der Biodiversitätsförderung, von Agro- und Vitiforstsystemen sowie Permakultur soll hier nicht extra eingegangen werden. Eine sehr gute Übersichtsdarstellung zum Thema ist auf der Website von Delinat zu finden (www.delinat.com).

In der Vergangenheit erklärte Lenz Moser in DER WINZER 12/1955 und 01/1956, dass er zu Beginn der Einführung der Hochkultur die Rebgassen offen hielt und den Unterstockbereich mit einer Kleegrasmischung oder einer niederen Kleemischung begrünte. Aufgrund der mangelnden Bewirtschaftung der Kriegsjahre entwickelten sich jedoch in den Begrünungsstreifen unterschiedliche Pflanzen, die nach Beobachtung Mosers Einfluss auf das Wuchsverhalten der Reben hatten. Besonders bezüglich Frostwiderstandsfähigkeit konnte er Unterschiede feststellen. Daraufhin legte Moser einen Versuch mit 172 Pflanzen an. Um den Einfluss des unterschiedlichen Wasser- und Nährstoffverbrauchs der Begleitpflanzen auf die Rebe zu minimieren, wurden die Verbräuche ausgeglichen. Es sollte nur die Verträglichkeit der Pflanzen mit der Rebe festgestellt werden. Sonst hätten nährstoffzehrende Pflanzen wie Rübe oder Kürbis keine Chance gegenüber Mauerpfeffer oder Vogelmiere gehabt.

Rebhold oder rebfeindlich?

Diese 172 Pflanzen wurden von Lenz Moser in „rebholde“ und „rebfeindliche“ Pflanzen eingeteilt. Die Einteilung erfolgte aufgrund der Messungen der Trieblängen bzw. des Zuwachses oder Abganges. Hierbei muss allerdings ergänzt werden, dass die Versuchsanlage in 50cm tiefen Mistbeetkästen bzw. in Töpfen mit Lössboden (sandiger Lehmboden mit 18% Kalk) stattfand, wodurch die Rebe im gleichen Wurzelhorizont wie die Begleitpflanzen wurzelten. In einem Weingarten bzw. auch aufgrund der Erkenntnisse von Agro- bzw. Vitiforstsystemen hat der unterschiedliche Wurzelhorizont einen entscheidenden Einfluss. Diese Erkenntnisse und diese Vermutung hatte auch Moser und hielt z.B. bei der Vogelmiere fest: „Die flachwurzelnden einjährigen Pflanzen sind nach unserer mehrjährigen Erfahrung für den Weinstock nicht schädlich. Nach den Topfversuchen ist die Vogelmiere für die Weinrebe nicht sehr günstig, die Reben blieben um 20cm kürzer als die Kontrolle. In den 25cm Töpfen kommt es zu einem sehr innigen Kontakt zwischen den Wurzeln der Rebe und denen der Vogelmiere. Im Weingarten wird dies seltener der Fall sein.“

Die bodenverbessernde Wirkung beschränkt sich bei der Vogelmiere in bearbeitenden Weingartenböden auf Spätherbst und Frühjahr. Im Sommer trocknet der Bestand aus und verunkrautet vollkommen. Ähnlichkeiten sind hier auch beim Hirtentäschelkraut festzustellen. Daher merkte Moser an, dass man vermutlich noch weitere Pflanzen hinzuziehen müsste, die große Trockenheit, hohe Kalkgehalte oder hohe Tongehalte vertragen. In besonders schwierigen Böden werde man auf bodenständige Pflanzen zurückgreifen müssen, welche man auf den Rainen und Feldwegen in reicher Auswahl antrifft. Dauerhafte (perennierende) Pflanzen wachsen gerne in Horsten, innerhalb des Horstes betreiben sie eine Monokultur. Diese Art und Weise kann auch als invasiv bezeichnet werden. Moser hielt schlussendlich fest, um eine möglichst dauerhafte Pflanzendecke erhalten zu können, ist es notwendig:

  • Nur bodenständige Pflanzen auszuwählen.
  • Mit diesen bodenständigen Pflanzen Gemeinschaften zu bilden, welche einander ergänzen und untereinander verträglich sind.
  • Nach Möglichkeit solche Pflanzen auszuwählen, welche dem Weinstock förderlich sind oder wenigstens keinen großen Schaden zufügen.
  • Innerhalb dieser für den Weinstock günstigen Pflanzen wieder solche auszuwählen, die niedrig und bodendeckend sind und einen geringen Wasser- und Nährstoffverbrauch haben.
  • Humusbildende, nach Möglichkeit immergrüne oder bei Trockenheit wenigstens nicht brennbare Pflanzen zu bevorzugen.

Weiters merkte Moser an, dass für den Praktiker die Verfügbarkeit von ausreichenden Samen von großer Bedeutung ist. Dies kann aus heutiger Sicht bestätigt werden, wobei auch noch die Kosten für die Samen berücksichtigt werden müssen. Eine großflächige Bepflanzung muss auch finanzierbar sein. Der Bewässerung maß Moser damals für die Zukunft eine größere Bedeutung zu, da sich eine Beregnung auf begrünten und somit erosionsgeschützten Weingartenböden wirtschaftlich eher rechnet als eine oftmalige mechanische Bodenbearbeitung. Hierbei zählte auch schon damals: „Bei einer weiteren Steigerung der Arbeitslöhne, einem weiteren Zunehmen des Mangels an Arbeitskräften wird es für viele Besitzer gar keine andere Möglichkeit mehr geben, als ihre Weingärten zuzubauen oder gänzlich aufzugeben.“

Feldversuch mit Permakultur

Erfahrungen von Pflanzengesellschaften im Unterstockbereich bzw. im Überbau wurden anhand eines Permakultur-Feldversuches in Bisamberg sowie weiteren Anlagen in Großmugl gesammelt. Die Anlagen in Bisamberg wurden 2008 bzw. 2014 gepflanzt. Dabei wurden kleegrasbasierte Dauerbegrünungen, leicht verholzende mehrjährige Kräuter, der Unterbau von Gemüsepflanzen bzw. Obstgehölzen sowie der Überbau mit Obst- bzw. Laubgehölzen getestet. Alle Varianten wurden im Unterstockbereich eingebaut, die Fahrgasse war von den Versuchen nicht betroffen.

Die Dauerbegrünungsvariante wurde mehrzeilig angebaut. Die Kräuter und Pfirsichbäume wurden 2015 in einzelnen Zwischenstockbereichen einer Stockkultur eingepflanzt und als Dauerbepflanzung belassen. Die Gemüsepflanzen wurden einjährig im Unterstockbereich in kurzen Weingartensteher-Längen einer gewöhnlichen Drahtrahmenanlage mit Doppelstockerziehung angepflanzt. Die schon bestehenden Weingärten in Großmugl wurden großteils seit 2020 mit Kräutern abwechselnd, aber dauerhaft bepflanzt. Hier wurden nur die äußeren Randzeilen einer Drahtrahmenkultur und die Endstellen der Zeilen bepflanzt, um eine Art „Kräuterring“ zu erhalten.

Erhöhte Spätfrost- und Pilzgefahr aufgrund der Begrünung?

Beim Thema „Spätfrost-Gefahr“ ist vor allem entscheidend, dass die Fahrgasse kurz gehalten wird. Von Anfang an war der Ansatz, dass die Fahrgasse, die im Gegensatz zum Unterstockbereich deutlich leichter zu managen bzw. zu bearbeiten ist, je nach Bedarf gestaltet werden kann. Vor dem Austrieb kann daher die Fahrgasse kurz oder offen gehalten werden. Damit verringert sich das Spätfrost-Risiko deutlich. Gemüse wächst ohnehin erst später heran und Obstgehölze wie z.B. Stachelbeeren bilden erst später dichteres Laub.

Bei einem Großteil der getesteten Anlagen handelt es sich um Piwi-Kulturen, daher ist hier der Pilzdruck deutlich geringer. Grundsätzlich gilt die pflanzenbauliche Empfehlung, dass Begrünungspflanzen aufgrund des erhöhten Pilzdruckes nicht höher als der Kordon wachsen sollten. Allgemein dürfte eine Begrenzung auf etwa Kniehöhe sinnvoll sein. Daher sind etwa Ysop oder höher wachsender Lavendel schon grenzwertig. Aber dabei handelt es sich um verholzende Pflanzen, die nicht so dicht wachsen. Wenn der Kordon höher liegt, dann wird dieses Problem weniger ins Gewicht fallen. Auch Brennnesseln neigen zu deutlichem Höhenwachstum, diese müssen daher rechtzeitig abgemäht werden.

Kleegrasbasierende Dauerbegrünung mit horizontaler Mahd

Bei dieser Variante wurde eine kleebetonte Dauerbegrünungsmischung mehrzeilig mit der trockenheitsverträglichen und niederwachsenden Gras-Art Schafschwingel (Festuca ovina) angebaut. Langfristig konnten sich Weißklee und vor allem Schafschwingel gut behaupten. Die Mahd erfolgte meist zwei- bis viermal mittels Fadenmäher einer Motorsense. Auf Trockenstandorten kann auf eine Mahd fast verzichtet werden. Nach Mosers Einteilung besitzen die Schwingel-Arten einen leicht negativen Wert von –25% Wuchsschwächung auf die Reben. Jedoch ist auch hier der unterschiedliche Wurzelhorizont zu berücksichtigen.

In weiteren derzeit stattfindenden Feldversuchen der Abteilung Weinbau der HBLA Klosterneuburg werden weitere Gräser-Arten und Begrünungsmischungen erprobt, deren Ergebnisse abzuwarten sind. Der Anbau von Dauerbegrünungen ist zwar arbeitswirtschaftlich interessant, jedoch im Sinne der Permakultur (Mehrfachnutzung) sehr eingeschränkt.

Problematisch kann als Konkurrenzpflanze die Quecke werden, die allmählich die Begrünung überwachsen kann. Die Quecke lässt sich zwar mähen, verhält sich aber wasserzehrend und gehört auch nach Moser zu den rebfeindlicheren Pflanzen mit –28% Wuchsschwächung. Interessant ist, dass sich eine gerne verwendete Kräuterpflanze, die Gemeine Schafgarbe (die sich auch als bodenständige Pflanze oftmals in Naturbegrünungen behauptet), in Begrünungsmischungen mit einem Negativwert von –45% am untersten Ende der Pflanzenliste befindet. Aufgrund der unterschiedlichen Wurzelhorizonte von Rebe und Schafgarbe ist dieser Wert wohl zu relativieren.

leicht verholzende Mehrjährige Kräuter

Wie schon von Moser angeführt, sind dauerhafte, bodendeckende, leicht invasive, winterharte Pflanzen zu bevorzugen. Im Versuch wurden verschiedene Topfpflanzen-Kräuter im Zwischenstockbereich eingepflanzt. Je nach Pflanzengröße wurde ein Pflanzabstand zwischen 30 und 50cm gewählt. Das Ziel war, auf eine Unterstockbearbeitung komplett zu verzichten. Die Kräuter können jedoch als klassische Küchenkräuter verwendet werden.

In mehreren Feldversuchen und auch von Moser wird hier immer wieder der winterharte Quendel (Thymus) angeführt. Bei den Quendel-Arten sind jedoch die Frostfestigkeit und die Invasivität nicht immer ausreichend. Grundsätzlich kann aber bei einer ausreichenden Bedeckung und bei Verwendung von frostfesten Varianten auf die Mahd verzichtet werden. Teilweise wuchsen im Versuch jedoch Gräser hindurch, die aber mit einer Sense gut oberhalb des Quendels abzumähen sind. Der Anbau mittels Samen kann herausfordernd sein, Topfpflanzen sind jedoch kostspielig. Positiv muss angemerkt werden, dass auf den Standorten im angrenzenden Trockenrasenbereich Wilder Thymian wächst und somit als bodenständig anzusehen ist.

Als weitere Varianten wurden Ysop, Salbei, Oregano und Bohnenkraut mittels Topfpflanzen angebaut. Sie sind frostfester und invasiver als Quendel. Ysop, Salbei und teilweise auch Oregano entwickelten sich jedoch relativ hoch. Bei all diesen Varianten konnte nach entsprechend dichter Entwicklung auf eine Mahd gänzlich verzichtet werden. Bohnenkraut stellte sich auf beiden Standorten als unkomplizierteste und geeignetste Variante heraus. All diese Kräuter haben gemein, dass sie sich gut entwickeln und durch ihr höheres Wachstum bzw. Eigengewicht leichter umlegen und dadurch umliegenden Bewuchs unterdrücken. Somit kann bei einer Topfbepflanzung etwas weiter auseinander gepflanzt werden.

Weiters wurde am Zeilenanfang Lavendel als Zierpflanze eingepflanzt. Nicht nur optisch ist Lavendel ein Hingucker, auch unzählige Schmetterlingsarten sind auf den Blüten zu finden. Allerdings ist vor allem im Frühjahr in der Nähe vom Lavendel mit stark erhöhter Rebaugenfraßtätigkeit durch Erdraupen zu rechnen. Im Sinne der Förderung von Artenvielfalt und der Permakultur ist der Lavendel sehr interessant, jedoch könnte der vermehrte Unterstockanbau zu erheblichen Augenausfällen führen. Ein Anbau ist daher vor allem am Zeilenanfang zu empfehlen.

Generell konnte festgestellt werden, dass bei niedriger Erziehungshöhe und Dauerbegrünung mit Begrünungspflanzen oder Kräutern ein erhöhter Schaden von Erdraupen-Fraßschäden zu beobachten war. Hier sind auch eindeutig Sortenunterschiede feststellbar. Anscheinend „schmecken“ den Raupen die unbehaarten Triebspitzen besser, wodurch vor allem Muskateller-Sorten in den Fokus geraten. Diese Erfahrungen können auch bei Rehen gemacht werden. Ob neben der Behaarung auch andere geschmacksbeeinflussende Inhaltsstoffe, wie Stärke oder Zucker, eine Rolle spielen, kann hier nicht beurteilt werden. Sollte die Raupenfraßtätigkeit zu groß werden, ist die Nebenwirkung von Spinosad, das als Punktspritzung aufgebracht wurde, hilfreich.

Weiters ist anzumerken, dass laut einer spanischen Studie (DER WINZER 01/2023) Aromen von stark duftenden Kräutern im Wein wiederzufinden sind. Hierbei waren es z.B. Terpene von wild wachsendem Rosmarin. Es würde weiterer heimischer Studien bei vermehrtem Anbau von Kräutern bedürfen. Jedenfalls legte die Studie nach Ansicht der spanischen Forscher den Grundstein für die Erweiterung des Terroir-Konzepts, indem sie die systemischen Leistungen der Pflanzen in der Umgebung der Weinberge als Qualitäts- und Mehrwertfaktor für die Produzenten und Verbraucher anerkennt. Ein Aspekt für weitere Nachforschungen wäre die vielfältige Wechselbeziehung von Kräutern und Rebe bezüglich Pflanzenstärkung und Schutz vor Krankheiten. In der Anlage von Großmugl werden die angebauten und wild aufgehenden Kräuter auch als Auszug und Tee für die Pflanzenstärkung verwendet.

Neben den angebauten Kräutern haben sich in diesen Versuchen nämlich auch bodenständige Kräuter bzw. Pflanzen angesiedelt und teilweise als invasiv durchgesetzt. Hier ist auf nährstoffreicheren Stellen die Brennnessel zu nennen. Die Brennnessel ist einerseits als Jauche bzw. Extrakt und auch als Speisepflanze sehr wertvoll und willkommen. Andererseits hat sie in Verbindung als Wirtspflanze für die Zikade Hyalesthes obsoletus als Überträger der problematischen Schwarzholzkrankheit (Stolbur-Phytoplasmen) an Bedeutung gewonnen. Auch bei Moser wird die Brennnessel mit einem negativen Wert von –31% Wuchsschwächung angegeben. In diesem Zusammenhang sei auch die Ackerwinde mit einem Minuswert von –41% erwähnt. Auch der Glyphosat-tolerante Schwarze Nachtschatten ist mit einem Minuswert von –42% zu erwähnen.

Eine weitere Kräuterpflanze, die im häuslichen Rasen als unliebsames Unkraut gesehen wird, nämlich die Gundelrebe oder auch Gundermann genannt, ist im halbschattigen Unterstockbereich als bodenständige invasive Begrünungsvariante interessant. Diese Heil- und Gewürzpflanze gilt als konkurrenzstark und kann andere Gräser-Arten und Pflanzen unterdrücken. Auf eine Mahd kann in weiterer Folge fast verzichtet werden.

Ein weiterer Aspekt bei der Unterstockbegrünung mit Kräutern und Gemüsepflanzen ist deren aseptische Wirkung. Am Standort in Großmugl wurde bei der Auswahl der Kräuter diese Eigenschaft berücksichtigt. Ob deren ätherische Öle eine direkte Auswirkung auf die Gesundheit der Reben haben, wurde in diesem Versuch nicht wissenschaftlich verfolgt.

Unterbau von Gemüsepflanzen bzw. Obstgehölzen im Unterstockbereich

Im Sinne der Permakultur hat der Unterbau von Gemüse oder Obst als Mischkultur mit Mehrfachnutzen einen besonderen Mehrwert. Natürlich sind diese Varianten arbeitsintensiver und teilweise auch schwieriger zu bewerkstelligen. Die klassischen althergebrachten Systeme wie der Unterbau von Weingartenknoblauch (nach Moser +/–0%) oder Zwiebel (Sommerzwiebel +28%) sind hier besonders hervorzuheben. Auch Schnittlauch (–30%) wurde auf einem Standort probiert. Während der Anbau bzw. die Einsaat aufwendiger sind, kann unter dem Jahr der Bestand durch knappes Heranfahren mit Federzinken ganz gut bewerkstelligt werden. Weitere sinnvolle und erprobte Varianten: Die Erbse (+45%) fällt mit ihrer nach Moser sehr rebholden Eigenschaft besonders positiv auf, weiters Buschbohnen (+2%), Weißkraut (+5%) und Kohl (+-0%). Paradeiser (–30%) weisen nach Moser einen negativen Wert auf. Erdäpfel (–13%) sind auch interessant, sind jedoch wegen der Drahtwurm-Problematik und des Anziehens von Wühlmäusen und anderen Nagern als schwieriger anzusehen.

Aus obstbaulicher Sicht kann als bodendeckende und leicht dominierende Pflanze die Erdbeere (+14%) genannt werden. Diese Variante hat Vorteile, da sie mehrjährig verwendbar und die Pflege überschaubar ist. Grundsätzlich verhält es sich bei den Obstgehölzen wie bei den Kräutern bzw. beim Fruchtgemüse: Verholzende Varianten sind beständiger und mehrjährig einsetzbar.

Als besonders unkompliziert und wertvoll hat sich hier die Stachelbeere erwiesen. Hier erfolgte die Pflanzung mittels Topfpflanzen mit einem Pflanzabstand von ca. 50cm. Die Mehltau-Problematik lässt sich mit Schwefelspritzungen im Weinbau gut in den Griff bekommen. Die Stachelbeere erweist sich als konkurrenzstark und dauerhaft. Ein leichtes Anhäufeln im Spätherbst bzw. ein nahes Heranfahren mit Federzinken lassen ein unkompliziertes Bearbeiten zu. Ein Vorteil der Stachelbeere ist, dass sie aufgrund des dichteren Wuchses das Austreiben von Wasserschossen der Weinrebe zurückhält bzw. stärker unterdrückt. Dies kann sogar bei der stark schosstreibenden Sorte Muscaris beobachtet werden. Wasserschosse entwickeln sich verstärkt lichtinduziert, was durch die lichtkonkurrierenden Stachelbeertriebe eingeschränkt wird. Ein allfälliges Ausbrechen der restlichen Wasserschosse erfordert jedoch das Verwenden von Schutzhandschuhen, um von den Stacheln nicht zu zerkratzt zu werden.

Ein kleinräumiger Anbauversuch mit Roter Ribisel hat erst gestartet.

An dieser Stelle muss angemerkt werden, dass eine gemischte und vielfältige Kulturform aus der Sicht der Permakultur sehr interessant ist. Auf der anderen Seite sind solche Systeme jedoch aus behördlicher, finanz-, sozialversicherungs- und pflanzenschutztechnischer Sicht nicht vorgesehen. Auch mit der Bio-Kontrollstelle muss ein geeigneter Weg für die Zertifizierung gefunden werden. Unsere Systeme sind nur auf Monokulturen ausgelegt und sehen keine Mischkulturen vor. Wenn die Begleitpflanzen nicht bzw. nur für den Hausgebrauch genutzt werden, ergibt dies weniger ein Problem. Teilweise können die Pflanzen auch als Begrünung deklariert werden.

Überbau mit Obst- bzw. Laubgehölzen

Mittlerweile gibt es mehrere laufenden Arbeiten zu den Themen Agro- bzw. Vitiforst, die teilweise vielversprechende Ergebnisse liefern. Im Bereich Agroforst ist der Synergismus durch unterschiedliche Wurzelhorizonte nachvollziehbar. Die Idee dahinter ist, dass die Laubbäume durch ihre tiefer gehenden Wurzeln Wasser nach oben ziehen, wovon auch die Agrarpflanzen profitieren. Man spricht hier von einer Art Wasser- und Mineralstoffpumpe. Laut einer Studie (DER WINZER 07/2021) hat sich die Wasser- und Stickstoffaufnahme von Riesling-Reben in Kombination mit Eiche und Pappel verbessert.

Nach Delinat sind jedoch nicht alle Gehölze für Vitiforst geeignet. Teilweise wäre mit einer größeren Konkurrenz zu rechnen. Hier spielt natürlich auch der Schattenwurf von großen, dichten Bäumen eine Rolle. Die Initiation bzw. Blütenbildung der Weinrebe ist stark lichtabhängig. Die nachteilige Entwicklung der Rebe ist in der Nähe von Robinienwäldern zu erkennen. Hier sind die konkurrenzstarken und invasiven Robinien im Vorteil bei der Entwicklung gegenüber der Weinrebe. Vitiforstsysteme verstehen sich meist wegen der notwendigen mechanischen Bearbeitung so, dass sich Rebzeilen und Gehölzzeilen parallel abwechseln. So ist eine Überzeilenbearbeitung weiterhin möglich.

Im vorhandenen Feldversuch ist dies jedoch nicht der Fall. Hier wurden Weingartenpfirsichbäume direkt in die Zeile gepflanzt. Das Laubwandmanagement als auch die Lese erfolgen hier händisch. Als geeignete Obstarten haben sich nicht so dicht und hochwachsende Bäume erwiesen. Die Lichtkonkurrenz muss für die Rebe noch erträglich sein. Hier sind vor allem die altbewährten Weingartenpfirsiche erwähnenswert. Weiters zählen hier Marille, Mandel und Maulbeere hinzu, die auch gut mit dem Weinbauklima zurechtkommen. Diese Obstarten wurden schon bei den Ägyptern und Römern bei der damals noch verwendeten Baumkultur empfohlen. Die Bäume dienen hierbei zudem als Stützgerüst, auch wenn sie bereits abgestorben sind. Auf der anderen Seite ist bei Delinat nachzulesen, dass Bäume gewählt werden sollten, die ein ähnliches Lebensalter wie die Rebe zu erwarten haben. Daher zählen sie den Pfirsich nicht unbedingt zu den empfehlenswerten Arten.

Beim Pflanzabstand von Bäumen bzw. Sträuchern zu Reben ist darauf zu achten, dass dieser 15m nicht übersteigt, da sonst die positiven Eigenschaften der Pflanzengemeinschaft abnehmen. In der Praxis gilt ein Baum, der mehr als 100m von einem anderen Baum entfernt steht, als vom Netz abgetrennt, wodurch die Zirkulation unterbrochen wird. Ein engmaschiges Netz ermöglicht die Schaffung von räumlichen Orientierungspunkten für viele Tierarten. Auf Delinat ist zudem eine Liste von Bäumen und Sträuchern zu finden, die für Vitiforstsysteme geeignet sind. Mitentscheidend für die Eignung ist hier die Art der Mykorrhizierung.

Bei Moser wurden bis auf den Schwarzen Holunder (–6%) keine stärker wachsenden Obstgehölze untersucht. Die Brombeere (–4%) sei hier noch erwähnt. In angrenzenden Böschungen oder auch Heckenreihen innerhalb der Weingärten eignet sich eine Vielzahl von weiteren Sträuchern und Büschen, wie z.B. Schlehe, Kornelkirsche, Hundsrose, Mehlbeere, Liguster, Sanddorn, Hartriegel etc. Hecken, Sträucher und Bäume fördern die Vielfalt, in deren Nähe kann es jedoch umgekehrt zu einem erhöhten Vogelfraß kommen.

Ökosystem Wald als Vorbild

Es gibt nicht die eine Art, Agroforstwirtschaft/Vitiforst oder eine Permakultur zu konzipieren, sondern sie muss an die Bedürfnisse und Möglichkeiten des jeweiligen Weinguts (Mechanisierungsgrad, …) und an die Parzelle (Konfiguration) angepasst werden! Die positiven Wechselwirkungen sind vielfältig und bringen viele Vorteile. Ein Idealbild der Permakultur sind Waldgärten. Als Vorbild für einen Waldgarten dient das Ökosystem des Waldes, das zu den stabilsten und artenreichsten Systemen unserer Erde zählt. Historisch gesehen hat sich die Weinrebe Vitis vinifera sylvestris vor Millionen von Jahren in den Wäldern bzw. ihren Randzonen entwickelt. Die industrielle Revolution mit ihrer Vorstellung von geradlinigen und mechanisierbaren Reben wurde später zum Hauptgrund für den Übergang zur Monokultur. Die Verbindung zwischen Rebe und Baum und anderen Pflanzen ging damit verloren. So hielt auch Lenz Moser 1966 zum Thema „Weinbau-Monokultur“ fest: „Was der Weinstock braucht, ist mehr Freiheit, mehr Selbständigkeit und weniger Kulturmaßnahmen; wir müssen den Weg wieder zurückgehen, und zwar zu den ursprünglichen Verhältnissen. Die Alleinpflanzung oder Monokultur ist nicht nur für die Weinstöcke, sondern auch für alle anderen Pflanzen widernatürlich.“ Allerdings dürfen die Mehrkosten für Material und Pflanzgut sowie der höhere händische Arbeitsaufwand nicht außer Acht gelassen werden.

Es ist empfehlenswert, mit kleinen Inseln bzw. Einzelreihen oder nur in den Randreihen zu starten, dies erleichtert den Einstieg. In der Permakultur geht es vor allem darum, „Begegnungszonen“ zu schaffen, denn dort ist die Artenvielfalt besonders hoch.

Der Autor

Ing. Johannes Friedberger, Fachlehrer HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg sowie Winzer in Bisamberg
E-Mail: johannes.friedberger@weinobst.at