Teurer Wein schmeckt scheinbar besser

Ein Artikel von red. | 16.08.2017 - 15:55

Warum schmeckt teurer Wein vielen Menschen besser? Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das Belohnungszentrum im Gehirn eine positive Geschmackswahrnehmung verstärkt.

Preisschilder beeinflussen die Wahrnehmung: Der gleiche Wein schmeckt Probanden besser, wenn er mit einem höheren Preis ausgezeichnet ist. „Allerdings war bislang unklar, wie im Gehirn die Preisinformation letztlich dazu führt, dass teurer Wein auch als besser schmeckend wahrgenommen wird“, sagt Prof. Dr. Bernd Weber von der Universität Bonn. Das Phänomen, dass identische Produkte durch verschiedene Preise unterschiedlich wahrgenommen werden, wird als „Marketing-Placebo-Effekt“ bezeichnet.
Wie unterschiedliche Preise im Gehirn in entsprechende Geschmackserfahrungen übersetzt werden, wenn sich der verkostete Wein nicht unterscheidet, werteten die Wissenschaftler an 30 Studienteilnehmern, davon 15 Frauen und 15 Männer im Durchschnittsalter von rund 30 Jahren aus.

Liegende Weinverkostung
Die Weinverkostung fand liegend im Kernspintomografen statt, mit dem die Aktivität der Gehirnregionen aufgezeichnet wurde. Zunächst wurde der Preis des Weines eingeblendet. Dann wurde nur rund ein Milliliter der unterschiedlichen Weine über einen Schlauch in den Mund der Probanden zugeführt. Darauf konnten die Teilnehmer mit einem Knopf auf einer neunteiligen Skala bestimmen, wie gut ihnen der Wein geschmeckt hat. Anschließend wurde der Mund mit einer neutralen Flüssigkeit gespült und die nächste identische Weinprobe zur Verkostung zugeführt.
„Der Marketing-Placebo-Effekt hat seine Grenzen: Wenn zum Beispiel eine Plörre für 100 Euro angeboten würde, bliebe er absehbar aus“, sagt Prof. Weber. Deshalb führten die Wissenschaftler die Versuche mit einem Rotwein für rund zwölf Euro Handelspreis durch. Im Kernspintomografen wurden hierfür zufällig als Preis drei, sechs und 18 Euro eingeblendet.

Hirnregionen stärker aktiviert
„Wie erwartet gaben die Probanden an, dass der Wein mit dem höheren Preis besser schmeckt als ein scheinbar günstigerer“, berichtet Prof. Dr. Hilke Plassmann von der INSEAD Business School. Das zeigte sich auch im Kernspintomografen. Das Forscherteam fand heraus, dass bei höheren Preisen vor allem das Frontalhirn und zudem auch das ventrale Striatum stärker aktiviert wurden. Während das Frontalhirn insbesondere am Preisvergleich und damit der Erwartung beteiligt zu sein scheint, ist das ventrale Striatum Teil des Belohnungs- und Motivationssystems.
„Das Belohnungssystem wird bei höheren Preisen deutlich stärker aktiviert und verstärkt auf diese Weise offenbar das Geschmackserlebnis“, sagt Prof. Weber und fährt fort: „Eine spannende Frage ist nun, ob man das Belohnungssystem trainieren kann, damit es weniger empfänglich für solche Placebo-Marketing-Effekte wird.“ Möglicherweise könnte dies gelingen, indem die eigene Körperwahrnehmung – wie zum Beispiel der Geschmack – stärker geschult wird.

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft (idw)