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Ausbildungsbescheinigung beantragen!

Ein Artikel von DI Dr. Matthias Lentsch | 02.05.2013 - 13:09

Eine EU-Richtlinie betreffend die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln war in den Mit-gliedstaaten bis spätestens 26. 11. 2011 in nationales Recht umzusetzen. Detailregelungen und die Vollziehung obliegen den Bundesländern.

Mit Stand Anfang Mai 2013 sind von allen Bundesländern mit Ausnahme von Salzburg neue oder geänderte gesetzliche Regelungen im Pflanzenschutzmittelbereich erlassen worden. In den meisten Bundesländern fehlen noch konkretere Detailbestimmungen durch Verordnungen der Länder, nur in den Bundesländern Niederösterreich, Steiermark und Tirol wurden bereits entsprechende spezielle Verordnungen zur Sachkundigkeit und Ausbildungsbescheinigung erlassen. In Wien wurden detailliertere Regelungen direkt ins Gesetz aufgenommen.

Nach den Vorgaben der „Richtlinie 2009/128/EG über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden“ sind bis zum 26. 11. 2013 Bescheinigungsregelungen zum Nachweis ausreichender Kenntnisse und Fertigkeiten im Pflanzenschutzmittelbereich für berufliche Verwender einzuführen, die im Rahmen einer entsprechenden Aus- und Weiterbildung zu vermitteln sind.

Sachkundigkeit

Bis spätestens 26. 11. 2015 muss nach der genannten EU-Richtlinie ­jeder beruflicher Verwender für den Bezug und die Verwendung von Pflanzen­schutzmitteln über eine entsprechende Ausbildungsbescheinigung zur Sachkundigkeit verfügen. Die EU-Vorgaben wurden in den Bundesländern unterschiedlich interpretiert und umgesetzt, zum Teil sind Detailregelungen noch offen.

Für die Ausstellung einer Ausbildungsbescheinigung ist in den je­weiligen Bundesländern ein entsprechender Antrag zu stellen und nachzuweisen, dass die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten vorliegen und der Antragsteller verlässlich ist. Bundesländerspezifisch unterschiedlich werden bestimmte einschlägige schulische, universitäre oder berufliche Ausbildungen sowie zum Teil bereits ausgeübte landwirtschaftliche Tätigkeiten in bestimmtem Mindestumfang anerkannt. Je nach Bundesland und Ausbildungsstand macht es für bestimmte Personengruppen Sinn (zum Teil gesetzlich ein Muss), diesen Ausweis noch heuer zu beantragen (siehe Tabellen).

Kurse und Fristen

Die Aus- und Fortbildungskurse werden in den meisten Bundesländern durch die Landwirtschaftskammern durchgeführt, wobei die Dauer der Ausbildungskurse in den meisten Bundesländern mindestens 20 Stunden, die Dauer der Fortbildungskurse in den meisten Bundesländern mindestens 5 Stunden beträgt. Die Geltungsdauer der Ausbildungsbescheinigung beträgt voraussichtlich in allen Bundesländern grundsätzlich 6 Jahre und wird unter der Voraussetzung des Nachweises einer angemessenen Fortbildung auf weitere 6 Jahre verlängert. Der Nachweis der Verlässlichkeit wird in den Bundesländern im Detail unterschiedlich gehandhabt.

Für den Winzer sind vor allem die Übergangsbestimmungen und Ausnahmen in den jeweiligen Landesgesetzen zu beachten, die teilweise sehr großzügig festgelegt wurden. In der Praxis bedeutet dies, dass manche Winzer in Niederösterreich ab dem 26. 11. 2013 (bzw. eine bestimmte Gruppe von Winzern – siehe Tabelle – ab dem 26. 11. 2015) die (neue) Ausbildungsbescheinigung besitzen müssen, Winzer in Kärnten grundsätzlich ab dem 1. 5. 2014 und Winzer im Burgenland, in der Steiermark, in Tirol oder Vorarlberg spätestens ab dem 26. 11. 2015. In Wien und Oberösterreich gilt der Termin 26. 11. 2013. Dabei sind die entsprechenden Vorlaufzeiten für die Ausstellung der Ausbildungsbescheinigung sowie die jeweiligen Voraussetzungen unbedingt zu beachten.

Eine detaillierte Übersicht über die wichtigsten Bestimmungen und Fristen in den einzelnen Bundesländern geben die beigefügten Tabellen. Nähere Informationen zur Antragstellung im Jahr 2013 finden sich für Nieder­österreich, Oberösterreich und die Steiermark im Internet auf den Seiten der Landwirtschaftskammern.

Voraussetzung für Kauf und Verwendung

Die (neue) Ausbildungsbescheinigung ist in Zukunft für alle Winzer notwendig, die Pflanzenschutzmittel kaufen und/oder verwenden (anwenden, ausbringen, lagern, vorrätig halten, innerbetrieblich befördern usw.). Auch Biowinzer, die nur im Biologischen Weinbau erlaubte Mittel einsetzen, sind von dieser Regelung ­erfasst, wenn es sich dabei um Pflanzenschutzmittel (z. B. Kupfermittel, Netzschwefel usw.) handelt. Alle amtlich zugelassenen Pflanzenschutzmittel sind im amtlichen Pflanzenschutzmittelregister (http://pmg.ages.at) abrufbar.

Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln unter Anleitung einer sachkundigen Person ist nach den neuen landesrechtlichen Vorschriften nicht mehr möglich. Ausnahmen davon bestehen in Kärnten, wo es nach dem neuen Landesrecht auch in Zukunft weiter möglich ist, dass (nicht sachkundige) Personen unter Anleitung von sachkundigen Landwirten (mit Ausbildungsbescheinigung) Pflanzenschutzmitteln anwenden. Gering­fügige Ausnahmen bestehen auch in Tirol und Vorarlberg im Rahmen von Ausbildungsverhältnissen.

Ab 26. 11. 2015 dürfen Pflanzenschutzmittel, die von der Behörde ­ausschließlich für die berufliche Verwendung zugelassen sind (sog. „Profi-Produkte“), nur mehr gegen Vorlage der (neuen) Ausbildungsbescheinigung verkauft werden. Ohne diese Ausbildungsbescheinigung darf ein Winzer dann Pflanzenschutzmittel für die berufliche Verwendung nur mehr kaufen (und als Rechnungsleger aufscheinen), wenn er nachweislich den gesamten Pflanzenschutz seines Betriebes ausgelagert hat und von sachkundigen Personen mit Ausbildungsbescheinigung durchgeführt wird.

Gegenseitige Anerkennung

Grundsätzlich beinhalten die Ländergesetze eine gegenseitige Anerkennung der Ausbildungsbescheinigungen zwischen den Bundesländern sowie mit anderen Mitgliedstaaten. Damit sollen für berufliche Verwender von Pflanzenschutzmitteln, die in mehr als einem Bundesland oder auch in einem Nachbarmitgliedstaat Flächen bewirtschaften, Erleichterungen geschaffen werden. In der derzeitigen Auslegung bzw. Fassung der Ländergesetze wird jedoch nur in der Steiermark die Ausbildungsbescheinigung eines anderen Bundeslandes direkt und ohne weiteren Verwaltungsakt akzeptiert.

In den anderen Bundesländern wird eine zusätzliche Ausbildungsbescheinigung des eigenen Bundeslandes ausgestellt, was sowohl einen Verwaltungsaufwand als auch Kosten für den Antragsteller verursacht. Hier bleibt zu hoffen, dass zukünftig entweder die Auslegung der bestehenden Länder­gesetze pragmatischer nach steirischem Vorbild erfolgt oder die dies­bezüglichen Regelungen angepasst werden. Ansonsten werden zukünftig Winzer, die Weingärten in mehreren Bundesländern bewirtschaften, für jedes dieser Bundesländer eine eigene Ausbildungsbescheinigung benötigen.

Ausblick

Gerade der Pflanzenschutzmittelbereich ist ein äußerst sensibler Bereich und ständig in den ­Medien präsent. Pflanzenschutzmittelthemen sind aber leider fast ausschließlich negativ in den Medien besetzt. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ist eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit und erfordert sachkundige Anwender mit sehr viel Expertenwissen. Die Sachkundigkeit im Pflanzenschutzmittelbereich ist in Österreich, gerade in Spezialkulturen wie im Weinbau, schon seit vielen Jahren ein sehr wichtiges Thema und wird schon seit langem durch die Landwirtschaftskammern in Kursen vermittelt.

Die neuen Regelungen zur Sachkundigkeit sollen diesen Weg zur Professionalisierung im Pflanzenschutzmittelbereich noch weiter vorantreiben. Wenngleich Bildung auch Zeitauf-wand und Kosten für den Winzer bedeutet und das neue System sich erst in der Praxis einspielen muss, sind vor allem die positiven Effekte des neuen Systems in den Vordergrund zu stellen. Auch kann so der Bevölkerung und den Konsumenten noch besser vermittelt werden, dass Pflanzenschutz in der Landwirtschaft und insbesondere im Weinbau ausschließlich von Profis betrieben wird, die speziell und umfassend im Pflanzenschutz ausgebildet sind und sich einer laufenden Weiterbildung unterziehen, um einerseits Pflanzen zielgerichtet vor Schadorganismen zu schützen, andererseits aber die Umwelt und die Gesundheit von Menschen nicht negativ zu beeinträchtigen.

Tabellen als PDF zum downloaden.

Der Autor

DI Dr. Matthias Lentsch, BMLFUW, Referat III/9a – Pflanzenschutz, Pflanzgut, Düngung, Wien;
E-Mail: matthias.lentsch@lebensministerum.at