Zehnte Hefetagung

Ein Artikel von Johannes Beer | 05.09.2018 - 12:40

Die Klosterneuburger Hefetagung feiert ihr 10-jähriges Jubiläum und ich kann nur meinem ganzen Team dazu gratulieren“, so Dr. Reinhard Eder, der Direktor der HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg. Besonderer Dank galt der Organisatorin Dr. Karin Mandl. Zu Beginn der Veranstaltung skizzierte Eder den Reifeverlauf 2018. „Bemerkenswert ist, dass sich heuer deutlich höhere Zuckerwerte und deutlich weniger titrierbare Säure im Traubenmaterial feststellen lassen“, so Eder.

Der erste Vortrag des Tages kam ebenfalls von Dr. Eder. Thematisiert wurde der Unterschied zwischen Sonnen- und Schattenbeeren in einem Weingarten. „Dass die Sonne die Charakteristik des Weines verändert ist bekannt, interessant ist hier vor allem aber die Veränderung der Gesamtphenole, die sich auf Frucht und Aroma des Weines auswirken. Korrelierend mit der Sonneneinstrahlung ist eine Steigerung des Bentonitbedarf. Auch die weinbautechnische Maßnahme der Entblätterung muss bei dem sich ändernden Klima hinterfragt werden“, so Eder.

Hefeernährung und Nährstoffe

Weitere wichtige Themen, die von einigen Vortragenden behandelt wurden, waren die Hefeernährung bzw. die Hefenährstoffe. Ing. Peter Derkits stellte dazu einige Produkte der Firma Lallemand Österreich vor. Um die richtige Menge an Hefenährstoffen einzusetzen, müssen der Nährstoffgehalt und die Versorgung im Weingarten betrachtet werden. „Eine angepasste Hefeernährung dient zur Absicherung der Gärung, besserer Alkoholtoleranz und auch besserer Aromabildung. Zu dem entstehen durch richtige Hefeernährung weniger Fehltöne im Wein“, so der Experte. Weiters wurde über inaktive Hefen gesprochen. Sie haben vor allem eine Bedeutung bei der Aromaoptimierung.
Auch Miklós Jobbágy von der Firma Enartis und Mag. Rudolf Dorner von Erbslöh Geisenheim GmbH präsentierten Produkte zur Hefeernährung. Letzterer ging speziell auf Glutathion während der Weinbereitung ein. Dieses Tripeptid bewirkt eine Steigerung der Fruchtigkeit, verhindert Bräunungsreaktionen und schützt generell Aromen im Wein. Allerdings besteht bei Sorten bzw. Weinen, die eine Neigung zu Böcksern haben, große Gefahr diesen Effekt zu verstärken.

Typizität als Qualitätsmerkmal

Ein ganz anderes Thema brachte DI Christian Philipp bei seinem Vortrag „Typizität von österreichischen Weißburgunder-Weinen“. Im Ranking der Anbauflächen liegt Österreich auf Platz 3 mit rund 1.914 ha. Deutschland ist klar auf Platz 1 mit etwa 5.161 ha. Die Frage, was einen Weißburgunder „typisch“ macht, ist nicht einfach zu belegen.

Nach einigen Umfragen unter Konsumenten, Winzern und Fachleuten wird Weißburgunder in Österreich meist mit reifem Kernobst, Nussaromen, mit erkennbaren Brotnoten und auf jeden Fall trocken ausgebaut assoziiert.

Für Philipp selbst geht es beim Weißburgunder um Frische, Finesse und Saftigkeit. Auch sieht er bei der Sorte Weißburgunder ein Zusammenwirken von vielen Aromastoffen. Das sei bei vielen anderen Sorten nicht so. Um einen typisch österreichischen Weißburgunder zu klassifizieren, wurden vier Kategorien von Aromen definiert: überreifes Kernobst – grünes Kernobst – Zitrus – Holz. Weißburgunder mit einer Zitrusnote wurden als sortenuntypischer von der Kostkommission wahrgenommen. Als typisch wurden überreifes Kernobst, aber auch die Holznoten bezeichnet. Abschließend gab DI Philipp noch Tipps für die Praxis aus eigener Erfahrung: „Die Sorte Weißburgunder sollte auf besonders guten Lagen mit tiefgründigen, feuchten und nährstoffreichen Böden ausgepflanzt werden. Wichtig für den Wein ist eine ausreichende Versorgung mit Hefe und Stickstoff, denn der Hefekontakt fördert die Cremigkeit. Einen Biologischen Säureabbau würde ich vor allem dort empfehlen, wo es um Langlebigkeit der Weine geht, wohlwissend, dass die Gesamtfruchtigkeit darunter leidet. Ganz wichtig ist es, den Wein nicht zu früh in die Flasche zu bringen. Ich würde sagen, frühestens April oder Mai.“

Alkoholreduzierte Weine als Trend

In den vergangenen Jahrzehnten war es der Trend, die Alkoholausbeute mehr und mehr zu verbessern. „Seit kurzem ist das anders“, begann Prof. Manfred Grossmann von der Hochschule Geisenheim seinen Vortrag. „In den Medien wurde im letzten halben Jahr oft die Schädlichkeit von Alkohol hervorgehoben und wenn wir nicht darauf reagieren, ergeht es uns wie den Rauchern und wir werden bald auf den Etiketten geschrieben sehen, dass Alkohol tödlich sein kann“, so der Experte.
Hier muss man auf den Kundenwunsch reagieren und den Alkohol im Wein in Grenzen halten oder reduzieren. Nach der Meinung von Prof. Grossmann entspreche die Typizität der meisten Weißweine eher einem Alkoholgehalt von 11 bis 12 %Vol. Möglichkeiten zur Alkoholreduktion gäbe es mehrere, beispielsweise die Beschattung mit Netzen. Zudem gäbe es noch spezielle physikalische Verfahren. Prof. Grossmann stellte aber auch mikrobiologische und biochemische Möglichkeiten vor. Die vielversprechendste Variante sah er im Einsatz von unproduktiven Hefen, wie es früher oft Wildhefen waren. Etliche Nicht-Saccharomyces-Hefen veratmen den Mostzucker. Ziel sei es Hefen zu finden, die dabei keine Essigsäure bilden. Diese werden dann zu Beginn der Gärung eingesetzt. „Nach zwei bis drei Tagen müsste man ihnen den Sauerstoff abdrehen“, so Prof. Grossmann, „und dann Saccharomyces-Hefen zusetzen. Dies wäre die schnellste und einfachste Möglichkeit“. Der Vortragende stellte abschließend fest, dass einige der erwähnten mikrobiologischen, besonders aber biochemischen Verfahren, Gesetzesänderungen erfordern würden.
Einen anderen Ansatz verfolgt Dr. Jürgen Sigler, der über seine praktischen Erfahrungen mit Hefen mit geringer Alkoholbildung berichtete. Getestet wurden die schon am Markt vorhandenen Hefen „Lal Vin Ionys“ von der Firma Lallemand und „Oenoferm LA HOG“ von der Firma Erbslöh. Beide produzieren weniger Alkohol, dafür mehr Glyzerin und Bernsteinsäure. Im direkten Vergleich hat die Lallemand-Hefe weniger Alkohol produziert. Im Herbst soll die Hefe „Laktia“ von Lallemand getestet werden.

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Präsentation des "Kon Tiki Ofen" 
© HBLA u. BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg

Pflanzenkohle und Kompost

Dr. Gerhard Soja, Institut für Bodenforschung, berichtete über den Einsatz von Pflanzenkohle und Kompost zur Reduktion des Kupfervorkommens in den Weingärten. Der hohe Kupfergehalt vor allem in Weingärten ist aber nicht in den letzten Jahrzehnten entstanden. Diese Altlasten gehen zurück bis 1885, zur Entdeckung der Bordeaux Brühe gegen Falschen Mehltau. Innerhalb einer Untersuchung in den letzten drei Jahren wurde versucht, durch Einarbeitung von Pflanzenkohle und Kompost den Kupfergehalt zu reduzieren. „Festzuhalten ist, dass Kupfer nicht mehr aus dem Boden geholt werden kann“, sagt Soja. „Die Theorie lautet, dass Pflanzenkohle und Kompost das Kupfer binden und so die Aufnahme von Kupfer in die Pflanzenwurzeln oder Mikroorganismen geringer wird.“ Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die Pflanzenkohle das Kupfer besser an sich bindet als der Kompost. Kohle ist allerdings, bezogen auf die nötige Aufwandsmenge pro Hektar, relativ teuer.
Auch der Vortrag von Priv.-Doz. MBA Rebecca Hood-Nowotny, Institut für Bodenforschung von der Universität für Bodenkultur, hob die Vorteile des Einsatzes von Pflanzenkohle bzw. Biokohle hervor. Durch mehrere Versuche in Kenia stellten sie und ihr Team fest, dass bei der Verwendung von Biokohle in der Landwirtschaft, die Erträge bei der Ernte signifikant höher wurden. Das liegt daran, dass Biokohle Wasser viel besser speichert und somit eine dauerhaftere Nährstoffversorgung gewährleistet wird. Im Rahmen ihrer Forschung entwickelte sie auch einen speziellen Verbrennungsofen zur Herstellung von Biokohle. Der „KON TIKI Ofen“ wurde im Anschluss an ihren Vortrag noch präsentiert. Er verbraucht 40% weniger Holz und produziert 24 bis 33% weniger CO2 als andere Öfen zur Biokohleherstellung.

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Versuchsweinverkostung in den Pausen 
© HBLA u. BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg

Zusammenfassung

Die 10. Klosterneuburger Hefetagung bot eine Vielzahl an spannenden Vorträgen. In den Pausen wurde das umfangreiche Vortragsprogramm durch einige Verkostungen von Versuchsweinen bereichert. Alles in allem eine erfolgreiche und interessante Veranstaltung, die weit mehr geboten hat als nur Informationen zum Thema Hefe.