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Der Messetermin der „Vinexpo“ Ende Juni wird schon länger in der Branche kritisiert © Jean-Bernard Nadeau

Vinexpo Bordeaux 2017 im Rückblick

Ein Artikel von red. | 29.08.2017 - 09:22

Ein relativ neues Gefühl für den Start in den Messetag der „Vin­expo“ 18. bis 21. Juni 2017 bescherte den Besuchern die völlig problemlose Parkplatz­suche in Eingangsnähe. Schon 2015 war die früher katastrophale Situation recht entspannt, da endlich eine Straßenbahnlinie bis zum Messegelände gebaut worden war. Die komplette Überdachung der Parkplätze mit Solar­panels verbesserte die Laune weiter.

Scharfe Kontrollen

Neu war dieses Jahr allerdings auch die Situation an den Eingängen, wo zum ersten Mal intensive Personenkontrollen durchgeführt wurden und sich entsprechende Warteschlangen bildeten. Keine Tasche und kein Weinkarton blieben unkontrolliert, alle Besucher und Aussteller wurden vom Hemdkragen bis zu den Socken abgetastet. Tatsächlich gab es in ­Bordeaux einen ganz konkreten Verdacht – nämlich gegen südfranzö­sische Winzer. Manche erinnern sich an Meldungen, dass in Südfrankreich Weintanklaster gekapert und die ­Ventile geöffnet wurden. Nun war Ende Mai kurz vor Bordeaux ein Bus mit CRAV-Mitgliedern gestoppt worden, die eine Attacke gegen die Bor­delaiser Großabfüller (Maisons de ­Négoce) geplant haben sollen. Die Mitglieder des CRAV (Comité régional d’action viticole) sind der Meinung, dass ihre Absatz- und Ertrags­situation deutlich besser wäre, wenn die großen Handelshäuser in Bor­deaux und im Languedoc nicht so viel spanischen Wein einführen würden. Frankreich hat 2015 rund 7,2 Mio. hl Wein importiert – fast 70% davon als Fassware aus Spanien, die nur ein Viertel des Werts der eingeführten Ware darstellen. Nicht nur die südfranzösischen Winzer fragen sich, als was diese Riesenmengen letztlich auf den Markt kommen werden. Besonders ­pikant in diesem Zusammenhang: Spanien war das offizielle Gastland der „Vinexpo“ 2017. Deshalb waren die französischen Weinimporte kein Gesprächsthema auf der Messe.

Heiße Zeiten im Showroom

Thema Nummer eins war vielmehr die rekordverdächtige Hitze, die am Messedienstag offiziell 39°C erreichte. Gefühlt waren es aber zwischen der 900m langen Halle und den Zelten am Seeufer davor mindestens 45°C. Kein Ort für Krawatten. Immerhin – die Klimaanlage in der großen Halle tat leidlich ihren Dienst. So ließ sich das Hauptthema Nummer zwei diskutieren – die Zukunft der Messe. Die „Vin­expo“ hat in den vergangenen drei bis vier Ausgaben stetig an Ausstellern und Besuchern verloren. 2017 konnte nach Angaben der Messe zumindest der Abwärtstrend bei den Ausstellerzahlen gestoppt werden. So sollen in diesem Jahr 2.300 Aussteller aus 40 Ländern den Besuchern aus 150 Ländern ihre aktuellen Kollektionen und neuen Produkte vorgestellt haben. „Unser Ziel war es, mehr Wert auf die Qualität der Besucher zu legen. Heute kann ich sagen: Wir haben unser ­Versprechen gehalten“, erklärte Guillaume Deglise, Geschäftsführer der Messe, in der Abschluss-Pressemitteilung zur „Vinexpo“ 2017.

Als „Showroom“ wird die „Vinexpo“ gerne bezeichnet. Als solcher wurde sie 1981 gegründet, um die Weinwelt nach Bordeaux zu holen und den ­damals im Aufwind befindlichen „Grands Crus de Bordeaux“ die entsprechende Plattform zu bieten. Was damals der unschlagbare USP der ­Veranstaltung war – die Nähe zu den weltberühmten Châteaus –, wird heute oft zum Argument, sich gegen die Messeteilnahme als Aussteller zu entscheiden. „Ich finanziere doch nicht eine überteuerte Messe, damit diese elitäre Gesellschaft die Chinesen mit dem Hubschrauber auf ihre Châteaus fliegen kann“, so die Aussage eines Bordelaiser Winzers, der lieber nicht genannt werden möchte. Viele Erzeuger aus Bordeaux verzichten tatsächlich auf einen Messestand und nutzen stattdessen die zahlreichen Restaurants vor der Halle, um sich mit ihren Kunden aus aller Welt zu treffen. Und es stimmt, die Chinesen stellen inzwischen vor den US-Amerikanern die größte Besuchergruppe aus dem Ausland.

Ruf nach Verlegung der Messe

So wird vor allem der Zeitpunkt der Messe seit vielen Jahren diskutiert. Der allgemeine Tenor ist: zu spät für den aktuellen Jahrgang (zumindest für die Weine der Nordhalbkugel) und zu früh für den neuen Jahrgang. Die Gespräche mit dem Handel sind geführt. Ein Großteil der Branche bereitet sich Ende Juni auf die Ferien vor. Wer sich unter den Messebesuchern und Ausstellern umhörte, konnte folgende Kommentare hören: „In Bordeaux habe ich mehr Zeit für vertiefende Gespräche, für Entdeckungen und fürs Probieren als in Düsseldorf.“ „Nicht an unsere Chefs weitersagen, aber das ist hier für uns natürlich eine Art ‚aktive Erholung‘, wir haben hier sehr viel Zeit für unsere Gäste.“ „Ich bin nur für einen Tag als Besucher da, treffe mich mit ein paar Geschäftspartnern auf den Gängen und fliege abends zurück. Mehr braucht man hier ja nicht machen.“ Aber auch: „Für uns ist die Messe besser als in den Vorjahren gelaufen. Da waren ­einige spannende Kontakte dabei.“ Vor allem franzö­sische Teilnehmer wünschen sich ­immer lauter, künftig statt der ­„Vinexpo“, der „Vinisud“ und der „Millésime Bio“ eine gemeinsame große Weinmesse an „neutraler Stelle“ (z.B. in Paris) zu veranstalten. Ein Leser einer franzö­sischen Online- Fachpublikation forderte gar, die ­„Vinexpo“ exakt zum Termin der „ProWein“ zu veranstalten, um „zu sehen, wer die Besseren sind“.


Klaus Herrmann, Bund Deutscher Oenologen, „Der Oenologe“ 07/2017