Im Zuge des seit 2013 von der LWK NÖ in Zusammenarbeit mit der AGES regelmäßig durchgeführten Monitorings zur Beobachtung der Amerikanischen Rebzikade (ARZ) konnte im September 2015 im nordöstlichen Weinviertel eine erwachsene Zikade mit einer Klebefalle gefangen werden. Bei weiteren Kontrollen im Frühjahr 2016 wurden bereits diverse Larvenstadien der ARZ in drei Weingärten im Grenzgebiet zu Tschechien gefunden. Somit kann von einer Etablierung einer Population auf niederösterreichischem Gebiet ausgegangen werden. Die Amerikanische Rebzikade lebt ausschließlich am Weinstock. Mit FD infizierte Zikaden können daher innerhalb kürzester Zeit weitere Rebstöcke anstecken.
Gute/schlechte Nachricht
Bis jetzt konnten weder mit FD erkrankte Weinstöcke noch mit FD infizierte Amerikanische Rebzikaden in Niederösterreich entdeckt werden. Es ist aber zu befürchten, dass dies nur mehr eine Frage der Zeit ist.
Bereits 2004 wurde die ARZ erstmals in Österreich in der Steiermark gefunden, 2009 trat die Krankheit FD erstmals dort auf. Im Burgenland wurde die Goldgelbe Vergilbung 2015 zum ersten Mal beobachtet. In diesen beiden Bundesländern wird mittels Verordnung der Landesregierungen die verpflichtende Bekämpfung der ARZ bzw. FD behördlich vorgeschrieben (und zwar für die jeweiligen kleinräumigen Befallsgebiete). Grundlage dieser Landesverordnungen ist die EU-Richtlinie 2000/29/EC, Anhang II. Mit ihr werden alle Pflanzenkrankheiten, die durch Quarantäneschadorganismen verursacht werden, geregelt. Ziel ist die Verhinderung der weiteren Verschleppung und Ausbreitung gefährlicher Krankheiten und Schädlinge.
Die Goldgelbe Vergilbungskrankheit wird durch Phytoplasmen (zellwandlose Bakterien) hervorgerufen. Erfahrungen aus südlichen Nachbarländern (Bsp. Italien, Slowenien) zeigen, dass die ökonomischen Auswirkungen auf den Weinbau teils beträchtlich sind. Infizierte Reben bringen innerhalb kurzer Zeit keinen Ertrag mehr bzw. sterben sehr rasch ab. Die Phytoplasmen besiedeln die Leitungsbahnen der Rebe und verstopfen die Assimilat leitenden Pflanzenzellen. Die Folgen sind die namensgebenden Vergilbungen der Blätter und ausgeprägte Wachstumsstörungen. Eine direkte Bekämpfung der Bakterien durch Pflanzenschutzmittel welcher Art auch immer ist zurzeit nicht möglich.
Verwechslungsgefahr
Die in den meisten Weinbaugebieten Österreichs „heimische“ Vergilbungskrankheit Stolbur (Schwarzholzkrankheit oder Bois noir) zeigt im Wesentlichen die gleichen Symptombilder. Sie kann optisch nicht von FD unterschieden werden. Stolbur wird zwar im Gegensatz zu FD durch mehrere Zikadenarten übertragen, allerdings befliegen diese nur in Ausnahmefällen die Weinrebe. Eine direkte, explosionsartige Ausbreitung innerhalb eines Weingartens kann daher ausgeschlossen werden. Infektionen mit Stolbur sind vielfach in den Randbereichen der Anlagen zu sehen, Neuinfektionen in Weingärten spielen nur in untergeordnetem Ausmaß eine Rolle. Stolbur ist deshalb auch nicht als Quarantänekrankheit eingestuft.
Treten nun in einem Weinbaugebiet beide Krankheiten auf (FD und Stolbur), müssten alle symptomtragenden Stöcke umgehend entfernt und verbrannt werden. Da, wie schon erwähnt, eine optische Unterscheidung nicht möglich ist, bleibt als einzige sichere Unterscheidungsmöglichkeit nur eine Analyse im Labor übrig. Bei vielen symptomatischen Reben besteht die Gefahr der Verdeckung/
Maskierung der Krankheit, sodass FD-Reben erst spät festgestellt werden. Da auch durch Stolbur erkrankte Stöcke keinen Ertrag mehr bringen, erscheint die Rodung von auffälligen Stöcken in der Praxis am sinnvollsten.
Weitere Vorgehensweise in Niederösterreich: Solange keine infizierten ARZ bzw. keine mit FD infizierten Weinstöcke gefunden werden, kann auch keine behördliche Bekämpfung der ARZ angeordnet werden. Eine Ausweitung der Monitoring-Standorte in den grenznahen Gebieten wurde bereits durchgeführt. In den allgemeinen Pflanzenschutzempfehlungen (Beispiel „Rebschutzdienst“) wurden bereits mögliche Bekämpfungsstrategien gegen die Amerikanische Rebzikade (gegen die Larvenstadien) transportiert und empfohlen. Als Pflanzenschutzmittel stehen zur Verfügung: Applaud 25 SC, Reg. Nr. 3728, Reldan 2E, Reg. Nr. 2225 und Spruzid Schädlingsfrei (für biologisch bewirtschaftete Weingärten und bei der Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme „Verzicht auf Insektizide bei Wein und Hopfen“), Reg. Nr. 3141. Ziel ist es, die Larven zu kontrollieren. Daher sollten die angeführten Mittel im Juni eingesetzt werden.
Die Autoren
Johann Graßl und Daniel Hugl, Weinbaureferat LWK NÖ und
Gudrun Strauß, Öster. Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit