„Wir schauen auf unsere Weingärten“ was das Motto einer Initiative der Bezirksbauernkammer Baden und Mödling, in welcher Weinbaubetriebe der Thermenregion dazu aufgefordert waren, Kunststoffabfälle... Mehr lesen ...
Im Projekt Mehrweg-Bouteille arbeitet ein interdisziplinäres Team aus Experten der Wein-, Verpackungs-, Logistik- und Nachhaltigkeitsbranche seit Juli 2023 an der Entwicklung einer standardisierten 0,75-Liter-Mehrwegflasche für heimische Weine. Ziel ist es, ein ganzheitliches System inklusive Reinigung, Rücknahme und Logistik aufzubauen, das ökologisch wie wirtschaftlich überzeugt.
Das Projekt wird durch die Abfallvermeidungs-Förderung der österreichischen Sammel- und Verwertungssysteme für Verpackungen finanziert. Planmäßiger Projektzeitraum ist von Juni 2023 bis Frühjahr 2026. Die Konzeptphase ist weit fortgeschritten – aktuell liegt der Fokus auf dem Aufbau eines Netzwerks interessierter Winzer und Partnerbetriebe, die das System mit der Markteinführung Ende 2025 nutzen wollen.
Warum sich der Umstieg auf die Mehrweg-Bouteille lohnt
Die neue 0,75-Liter-Mehrweg-Weinflasche bietet Winzern, Handel und Gastronomie einen nachhaltigen, wirtschaftlich sinnvollen Weg in die Zukunft der Weinverpackung. Für Winzer ist sie der größte und kostengünstigste Hebel zur Reduktion von CO₂ im eigenen Betrieb – besonders bei regionaler Vermarktung.
Wie eine aktuelle Studie des Umweltbundesamts, des Bundesamts für Wein- und Obstbau sowie des Gütesiegels Nachhaltig Austria zeigt, ist die Glasverpackung der größte Emissionstreiber im Weingut: Bei einem durchschnittlichen Betrieb verursacht die Einwegflasche fast die Hälfte – teils sogar über 50 % – des gesamten CO₂-Fußabdrucks. Die geprüften Alternativen zeigen ein klares Bild: Die 0,75-Liter-Mehrwegflasche liegt direkt hinter dem 20-Liter-Mehrwegfass (KEG) und ermöglicht CO₂-Einsparungen von bis zu 90 % gegenüber Einwegglas. Hochgerechnet auf den gesamten Betrieb entspricht das einer möglichen Reduktion von bis zu 43 % der Gesamtemissionen – allein durch den Umstieg auf Mehrweg.
Neben der starken Klimawirkung bringt die Flasche klare Vorteile für Markt, Logistik und Technik:
➤Wirtschaftlich durch geringere Systemkosten und Lagerverfügbarkeit
➤ Effizient durch Standardisierung bei Kisten und Leergutautomaten
➤ Zugkraftig für neue Zielgruppen, Green Events und Nachhaltigkeitskommunikation
➤ Praktisch für Gastronomie und Handel: weniger Abfall, nachhaltiger Auftritt
Nach Jahrzehnten der Einweg-Dominanz erlebt auch die Flaschenreinigung eine Renaissance. Die Voraussetzungen dafür waren lange Zeit unzureichend: Es fehlten standardisierte, für den Mehrweg zugelassene 0,75-Liter-Flaschen und ein gemeinsames Pool-System. Mit der Mehrweg-Bouteille ändert sich das: Erstmals stehen eine mehrwegfähige, neutrale Standardflasche und passende Kisten für den breiten Einsatz zur Verfügung – ein Angebot, das ökologische Wirkung und wirtschaftlichen Nutzen sinnvoll verbindet.
Technische Innovationen bei Flasche und Kiste
Im Projekt Mehrweg-Bouteille wurden zwei robuste 0,75-Liter-Mehrwegflaschen in olivgrün entwickelt – in den gängigen Formen Rheinwein und Bordeaux. Die Flaschen sind für mindestens zwölf Umläufe ausgelegt, maschinentauglich und mit dem in Österreich üblichen BVS-30/60-Drehverschluss kompatibel. Eine leicht erhöhte Flaschenhöhe erleichtert die Rücknahme über Automaten.
Vier eingeprägte Mehrweg-Logos sorgen für gute Erkennbarkeit, verstärkte Mündungen beziehungsweise Wände erhöhen die Beständigkeit im Etikettenbereich und reduzieren die Reibestellen (Abb. 2).
Zum Start Ende 2025 wird die Rheinwein-Mehrwegflasche eingeführt, die Bordeaux-Variante sowie eine ergänzende 1-Liter-Flasche werden folgen. Für den sicheren Transport wurde eine neutrale 6 er-Kunststoffkiste entwickelt, die Flaschen optimal schützt – im Gegensatz zu herkömmlichen Kartons oder Gitterboxen, die für die Rückführung im Mehrwegsystem ungeeignet sind. Mit Karton-Einschüben können sie auch für ein temporäres Branding oder Werbung genutzt werden.
So funktioniert das Mehrwegsystem
Das System soll regional funktionieren, aber überregional vernetzt sein: Rund um externe Spülzentren entstehen schrittweise Kreisläufe, gestützt durch ein möglichst dichtes Netz an Verkaufs- und Rücknahmestellen. Ein zentraler Pool-Koordinator überwacht den Umlauf, stellt die Einhaltung der Standards sicher und sorgt für faire Verteilung bei Verlust oder Engpässen.
Die Teilnahme erfolgt über einen Lizenzvertrag mit dem zentralen Pool. Winzer erhalten mit einer sogenannten „Ermächtigung“ Zugang zu den Flaschen und Kisten – entweder direkt von Hersteller oder über lizenzierte Händler.
Nach der Erstbefüllung wird die Flasche erstmals mit der passenden Kiste kombiniert und bleibt bis zur Rückgabe mit ihr verbunden. Pfand auf Flasche und Kiste sorgt dafür, dass Gebinde zurückgegeben oder im Verlustfall refinanziert werden können.
Die Rückgabe erfolgt über die gewohnten Verkaufskanäle – händisch oder per Leergutautomat. Die gesammelten Gebinde werden von Spülzentren abgeholt, gereinigt, geprüft und erneut zur Abfüllung bereitgestellt. Viele Spülbetriebe bieten zusätzlich die Möglichkeit, den Wein direkt vor Ort wieder abzufüllen und zu etikettieren. Die speziell entwickelten Flaschen sind für mindestens zwölf Umläufe konzipiert und halten – je nach Nutzung – über ein Jahrzehnt.
Bereit für dem Umstieg
Mit der Mehrweg-Bouteille steht der österreichischen Weinwirtschaft erstmals ein praxisnahes, herstellerunabhängiges Mehrwegsystem für 0,75-Liter-Weinflaschen zur Verfügung – klimawirksam, wirtschaftlich sinnvoll und technisch durchdacht. Die neuen Flaschen und passenden Kunststoffkisten sind über den Flaschenhandel beziehbar, Kisten auch direkt beim Hersteller erhältlich. Die ersten Weine in der neuen Mehrwegflasche kommen ab Jänner 2026 in den Verkauf.
Mehr Informationen zum Projekt, zum Einstieg ins System und zur Verfügbarkeit unter: www.mehrwegweinflasche.at. Wenn Sie Interesse haben, in Ihrem Betrieb das Mehrweg-System zu verwenden – oder einfach erfahren möchten, wann die ersten Weine erhältlich sind – kontaktieren Sie uns. Wir informieren gerne: info@mehrwegweinflasche.at
Die Autoren
Victoria Menedetter, Philipp Haderer und Christian Pladerer
vom Österreichischen Ökologie-Institut, Wien;
info@mehrwegweinflasche.at