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Die Verschlussart des Weines hat nachrangige Bedeutung in der gehobeneren Gastronomie – vielmehr entscheidet die Inszenierung beim Öffnen der Flasche © FH Burgenland

Schraubverschluss vs. Kork

Steigende Akzeptanz in gehobener Gastronomie

Ein Artikel von Redaktion | 25.06.2025 - 14:48

V or wenigen Jahren war noch undenkbar, was eine aktuelle Studie von Mareike Haag im Rahmen des Masterstudiengangs Internationales Weinmarketing nun belegt: Konsumenten haben den Schraubverschluss der Weinflasche – mittlerweile auch beim Restaurantbesuch – akzeptiert. Der Schraubverschluss als bahnbrechende Innovation der Weinbranche hat längst die Herzen der Weinkonsumenten erobert.

Schraubverschluss schlägt Kork - zumindest in der Wahrnehmung

Entgegen gängiger Vorurteile wurde der Schraubverschluss beim Öffnen am Tisch von Restaurantgästen keineswegs als minderwertig empfunden. In einem realitätsnahen Online-Experiment mit Videostimuli, bei dem über 220 deutschsprachige Weinliebhaber aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilnahmen, wurde die Weinqualität nach dem Öffnen einer Flasche – entweder mit Kork oder Schraubverschluss – bewertet.

Das Resultat: Der Wein mit Schraubverschluss schnitt in der Qualitätswahrnehmung sogar leicht besser ab als Kork, bei Konsumenten mit geringerer Weinkenntnis – also sogenanntem „low involvement“ – wurde Wein mit Schraubverschluss sogar höher bewertet als jener mit Naturkork.

Hauptsächlich die Inszenierung zählt

Auch die Qualität des Serviceerlebnisses im Restaurant wird durch den Verschlusstyp nicht negativ beeinflusst. „Unsere Forschung zeigt, dass im gehobenen Gastronomiebereich die Art des Verschlusses zunehmend an emotionalem Gewicht verliert – solange die Präsentation rund um das Öffnen stimmt. Genau diese Inszenierung ist für die Wahrnehmung entscheidend – nicht der Korken bzw. der Verschluss per se“, erklärt Bettina König. Die Marketingexpertin publizierte gemeinsam mit Studiengangsleiter Marcus Wieschhoff und Christian Pfeiffer von der Forschung Burgenland bereits zum Thema „Weinverschlussarten und Konsumentenakzeptanz“ und betreute die Masterarbeit.

Die Ergebnisse zusammengefasst

1. Schraubverschluss punktet – auch im gehobenen Ambiente: Wein mit Schraubverschluss wurde nicht schlechter, sondern leicht besser bewertet als jener mit Naturkork. Der Unterschied war statistisch signifikant. Das Vorurteil, wonach Schraubverschlüsse minderwertig seien, scheint in der gehobenen Gastronomie der DACHRegion zu bröckeln.

2. Service zählt mehr als Symbolik: Ob das Servicepersonal einen Korkenzieher ansetzt oder den Schraubverschluss öffnet – das Serviceerlebnis selbst wurde von den Gästen unabhängig vom Verschluss positiv bewertet. Die visuelle und verbale Inszenierung bei der Weinpräsentation ist offenbar wichtiger als das Geräusch beim Öffnen.

3. Weinkenntnis verändert die Wahrnehmung: Ein besonders spannender Befund: Konsumenten mit geringer Weinkenntnis („low involvement“) beurteilten den Schraubverschluss signifikant besser als den Kork. Für sie zählt offenbar der unkomplizierte Zugang zum Wein stärker als ein traditionsbehafteter Verschluss. Hochinvolvierte Konsumenten hingegen zeigten keinen deutlichen Vorzug für eine der beiden Varianten.

4. Verschluss schlägt Farbe: Traditionell sind Rotweine immer noch vermehrt mit Naturkorken verschlossen. Hier zeigt die Studie, dass sich Konsumenten im Restaurant bei Rotwein keinen Korkverschluss erwarten. Ob es sich um Rotwein oder Weißwein handelte, spielte in der Qualitätsbewertung in einer Restaurantsituation keine Rolle.

5. Schraubverschluss im Restaurant etabliert – aber nur, wenn er gut inszeniert ist: Die Studie zeigt, dass die Art der Präsentation entscheidend ist. Wenn der Schraubverschluss mit ebenso viel Sorgfalt und Ritual geöffnet wird wie ein Korken, verliert er sein Image als „Alltagslösung“. Das gilt besonders im Fine-Dining-Kontext.

6. Kein notwendiges Übel mehr: Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Schraubverschluss – einst als kostengünstige oder unkonventionelle Lösung wahrgenommen – heute eine ernstzunehmende, qualitätsvolle Alternative zum traditionellen Korken darstellt. Entscheidend für seine Akzeptanz bei Tisch bleibt dabei das stimmige Zusammenspiel mit dem Serviceritual. Der Kontext des Genusses zählt ebenso wie der Inhalt im Glas.

Mehr zum Studium Internationales Weinmarketing an der FH Burgenland und der Möglichkeit, sich für einen Restplatz anzumelden: Internationales Weinmarketing.