Alkoholsteuer & Bezeichnung

Großbritannien lockert Weingesetz drastisch

Ein Artikel von Redaktion | 19.11.2023 - 12:04

Die weitreichendsten Folgen wird laut Branchenexperten das neue System der Alkoholsteuer im Land haben, das bereits im Sommer 2023 in Kraft getreten ist. Der Steuersatz ist damit an den Alkoholgehalt gekoppelt, Weine mit niedrigen Alkoholgehalten sind weniger stark besteuert. Stillweine unter 12,5%vol. werden verglichen mit dem alten Steuersystem um 0,14 Cent ermäßigt – Schaumweine in dem Segment sogar um 0,21 Cent. In den oberen Alkoholgehalten sieht das anders aus: Die Steuer auf Stillweine mit 13,5%vol. steigt um etwa 20% (0,50€ pro Flasche), aufgespriteter Portwein sogar um 1,50 Euro pro Flasche.

Ebenfalls als folgenreich wird eine Änderung im Bezeichnungsrecht gesehen. Die (alten) EU-Vorschriften, die besagen, dass gegorener Traubensaft mit weniger als 8,5% (mit einigen Ausnahmen) nicht als Wein bezeichnet werden darf, werden abgeschafft. Damit dürfen nun auch entalkoholisierte Weine als Wein bezeichnet werden. Diese Maßnahme schafft die Grundlage für eine weitere Änderung: In Großbritannien wird es in Zukunft erlaubt sein, Piquette zu produzieren (Getränk, das aus Traubenresten und Wasser vergoren wird, mit niedrigerem Alkoholgehalt). In der EU ist die Herstellung verboten, vor allem bei Naturweinfreunden in der Neuen Welt hat das Getränk eine Fangemeinde entwickelt.

Darüber hinaus gibt es noch weitere Änderungen im Weingesetz. Weinproduzenten dürfen den Alkoholgehalt nun in Zehntelprozent angeben (z.B. 12,7%). Für britische Schaumweinerzeuger sind dann weder Sektkorken, noch Agraffen oder Folien verpflichtend. Größere Freiheiten gibt es auch bei den Flaschenformen, etwa könnten in Zukunft viereckige Flaschen verwendet werden. Auch der Anbau von Piwi-Rebsorten wird erleichtert.

In Zukunft wird britischen Importeuren erlaubt, importierten Wein mit Kohlensäure zu versetzen und Weine aus mehreren Ländern zu mischen. Erlaubt ist das (ausschließlich aus EU-Weinen) in der EU auch, derartige Mischungen müssen jedoch als „Erzeugnis der Europäischen Gemeinschaft“ gekennzeichnet sein und dürfen keine Rebsorte auf dem Etikett tragen.

Einige dieser Änderungen werden von Branchenexperten kritisch betrachtet. Man befürchtet, dass die Weinlandschaft für britische Verbraucher zunehmend verwirrender wird und sie durch die zahlreichen Lockerungen potenziell hinterhältigen Praktiken ausgesetzt werden.