Klosterneuburger Hefetagung

Aus der ganzen Welt zur Hefe

Ein Artikel von Redaktion | 05.08.2021 - 14:24
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Organisatorin Dr. Karin Mandl thematisierte in ihrem Vortrag den Einsatz von Protease vor der Gärung zur Verbesserung der Filtration und der Weinstabilität

Die Hefetagung, die im vergangenen Jahr coronabedingt nicht stattfinden konnte, fand heuer am 1. Juli zum ersten Mal online statt. Dr. Reinhard Eder, Direktor der HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg, eröffnete die Veranstaltung: „Wozu ein winziges Virus fähig ist, wurde uns im vergangenen Jahr eindrucksvoll bewiesen. Daran sehen wir die Macht der Mikroorganismen. Die etwas größeren, freundlicheren Hefen sind nicht minder bemerkenswert, sie machen den Wein. Den ständig neuen Erkenntnissen rund um die Hefen wollen wir deshalb eine angemessene Bühne bieten.“ Mit dankenden Worten an Dr. Karin Mandl und ihr Team, das die Veranstaltung organisierte, hob der Direktor außerdem die Vorteile einer Online-Veranstaltung hervor: „Vortragende sowie Gäste können aus der ganzen Welt teilnehmen, die wegfallende Anreise macht die Veranstaltung ökologischer. Leider fehlt allerdings der persönliche Kontakt.“ Neben Vortragenden aus Österreich und Deutschland waren auch eine Vortragende aus Australien und ein Referent aus Südafrika zugeschalten. Für nächstes Jahr ist die Hefetagung daher als Hybrid-Veranstaltung angedacht.

Proteine im Wein

Der erste Vortrag des Tages kam von der Organisatorin Dr. Karin Mandl von der HBLA und BA Klosterneuburg. Sie thematisierte den Einsatz von Protease vor der Gärung zur Verbesserung der Filtration und der Weinstabilität. Proteasen sind Enzyme, die Proteine hydrolytisch spalten. Im Wein sind Proteine etwa für erschwerte Filtration und Eiweißtrübungen verantwortlich. Noch sind diese Enzyme in Europa nicht erlaubt, in Australien werden sie aber bereits verwendet. Der durchgeführte Versuch zeigte, dass die Gärung durch den Zusatz der Enzyme schneller ablief und die Fructose durch die Hefe besser verarbeitet wurde. Auch bezüglich der Filtration zeigte der Einsatz von Proteasen Vorteile, der Wein konnte schneller und leichter filtriert werden. Sensorisch wurde kein großer Unterschied zwischen den behandelten und unbehandelten Varianten festgestellt. Zusammengefasst waren die Ergebnisse positiv, das Forschungsteam hatte allerdings mit noch deutlicheren Vorteilen gerechnet. 

Zum Einfluss von unterschiedlichen Hefen auf die Unterbindung von Proteintrübungen im Wein trug Prof. Florian Bauer von der Stellenbosch Universität in Südafrika vor. Die untersuchten Hefen (Hefestränge) sollten Proteine bereits während der Gärung reduzieren und dadurch den Einsatz von Bentonit und anderen Eiweißschönungen reduzieren. Es zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Hefesträngen, ein wichtiger Faktor dabei dürfte das Chitin-Niveau in der Hefe-Zellwand sein. Im Zuge des Versuchs wurden einige Hefestränge gefunden, die einen Einfluss auf die Trübungen hatten und daher als Hefenährstoffe angedacht werden könnten. 

Reinzuchthefen versus Spontangärhefen

Ein weiteres wichtiges Thema, das von mehreren Vortragenden behandelt wurde, war der Vergleich von Reinzuchthefen mit Spontangärhefen. Dr. Christian Philipp von der HBLA und BA Klosterneuburg präsentierte in seinem Vortrag erste Ergebnisse einer Untersuchung zur aromatischen Uniformität durch Reinzuchthefen. Spontangärungen sind durch eine sukzessive Entwicklung von Hefegattungen, -arten und -stämmen gekennzeichnet. Da die verschiedenen Gemeinschaften dabei unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, wird oft angenommen, dass die daraus entstehenden Weine organoleptisch vielfältiger und möglicherweise komplexer sind. Allerdings gelten Spontangärungen als inkonsistent, sie neigen zum Steckenbleiben und haben ein höheres Risiko von Fehlaromen. Die Untersuchung analysierte, ob inokuliert fermentierte Moste ein weniger vielfältiges chemisches Profil aufweisen als spontan fermentierte Moste. Vor allem bei Weißweinen zeigte sich, dass spontane Gärungen langsamer waren, länger dauerten und teilweise ins Stocken gerieten. Die chemischen Analysen diverser Weininhaltsstoffe ergaben, dass der Unterschied zwischen den spontanen Varianten bei nahezu allen Gäraromen größer war als zwischen den inokulierten Varianten. Das lässt vorsichtig auf die größere aromatische Variabilität der spontan vergärten Moste schließen. 

In seinem zweiten Vortrag thematisierte Prof. Florian Bauer das Gärungsökosystem und stellte Überlegungen an, wie es sich optimiert nutzen lässt. Weine entwickeln sich in einem komplexen System aus unterschiedlichsten Mikroorganismen. Wie diese miteinander interagieren, wird im Moment intensiv untersucht, unter anderem, weil die Spontangärung vermehrt angewendet wird. Die Forschungsergebnisse dazu sollen das Verständnis der mikrobiologischen Biodiversität stärken, um Fermentationen besser vorhersagen und Probleme damit vermindern zu können.

Verschiedene Hefeprodukte

Weitere wichtige Themen, die von einigen Vortragenden behandelt wurden, waren die Hefenährstoffe und diverse Hefeprodukte. Dr. Ramón Heidinger vom Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg zeigte dazu Ergebnisse einer Studie zur Zusammensetzung unterschiedlicher Hefenährstoff-Produkte am Markt. Demnach variierte die Zusammensetzung der überprüften Hefeprodukte sehr stark, es wurden auch einige illegale Produkte gefunden. Bei den meisten zugelassenen Hefeprodukten muss die Wirksamkeit nicht nachgewiesen werden, so ein rechtlicher Hinweis des Vortragenden. 

Die Notwendigkeit von komplexen Hefenährstoffen bei der Gärung stellte Dr. Ilona Schneider von der Firma Eaton Technologies mit Bezug auf den Klimawandel in den Mittelpunkt. 

Dr. Eveline Bartowsky von Lallemand Australia thematisierte in ihrem Vortrag die Auswirkungen von verschiedenen Hefeprodukten auf die Bildung und Erhaltung von Thiolen und Estern. Sie stellte Produkte vor, welche die Weißweinaromen verstärken und ihren Erhalt fördern sowie den Wein vor späterer Oxidation schützen sollen. 

Auch der Vortrag von Dr. Jürgen Meinl von der Firma Erbslöh drehte sich um ein Produkt, in dem Hefepräparate enthalten sind. Er stellte ein neues Produkt zur Behandlung von böckserartigen Fehltönen während der Weinlagerung vor, das auf Kupfercitrat basiert und in dem unter anderem Hefezellwandpräparate enthalten sind. 

Einen neuen Hefestamm mit interessanten Aussichten präsentierte Peter Philipp von der Skoffgroup. Mit dem Einsatz von Lachancea thermotolerans soll der Alkoholgehalt im Wein auf natürliche Art vermindert und der Säuregehalt erhöht werden. Die neue Hefe wird zu Gärbeginn zugegeben, S. cerevisiae erst später. So hat L. thermotolerans etwas Zeit, um Zucker zu L-Milchsäure zu verstoffwechseln. Der fertige Wein weist dadurch später einen niedrigeren pH-Wert (höhere Säure) und einen geringeren Alkoholgehalt auf. 

Ein anderes Thema sprach Miklós Jobbágy von der Firma Enartis an. Er stellt eine Tannin-Mischung vor, die antimikrobiell und antioxidativ wirkt. Sie kann etwa eingesetzt werden, um einen unerwünschten BSA vorzubeugen, das Wachstum von Essigsäurebakterien zu minimieren oder den Wein vor Oxidation zu schützen. Dadurch soll eine Verminderung des nötigen SO2-Gehalts erreicht werden. 

Ausflug in den Weinbau

Ein Beitrag über die Sorte Neuburger kam von Dr. Ferdinand Regner von der HBLA und BA Klosterneuburg, der sich für den Erhalt der Sorte starkmachte. Er präsentierte Ergebnisse einer Untersuchung, wie mit dem größten Problem des Neuburgers umgegangen werden kann: den verkürzten Internodien. Die Ursachen dafür sind vielfältig, beim Neuburger auch genetisch bedingt. In betroffenen Anlagen halfen die Applikation von Gibberelinen und wuchsstoffhältigen Substanzen sowie ein Rückschnitt, um die Anlagen weiterhin produktionsfähig zu halten. 

Ein ganz anderes Thema brachte DI Martin Mehofer von der HBLA und BA Klosterneuburg ein. Er stellte Freilanduntersuchungen zur Wirkung von Qualitätskompost und organischem Handelsdünger auf Boden und Reben vor. Der Versuch zeigte, dass beide Varianten der Düngung zu höheren Gehalten an hefeverwertbarem Stickstoff im Most ­sowie zu höheren Stickstoffgehalten in den Rebblättern führten. 

Bei der zweiten Austro Vin Tulln – Ende Jänner 2022 – werden viele führende Kellertechnik-Fachhändler ihre Produkte vor Ort zur Schau stellen und fachspezifische Beratung anbieten.

AUSTRO VIN TULLN – DIE FACHMESSE

Von 27. bis 29. Jänner 2022 findet die Austro Vin in Tulln statt – die Fachmesse für Weinbau, Obstbau, Kellereitechnik und Vermarktung. Bei der erfolgreichen Messepremiere 2020 präsentierten 240 Fachaussteller auf 18.000m² 380 Marken und die Innovationen zu Außenmechanisierung, Kellereitechnik, Abfüllung und Verpackung sowie Dienstleistung und Vermarktung. 
Weitere Informationen: www.austrovin.at