Fortschritt durch neues Patent?

Aromarückgewinnung durch Gärgaskondensation

Ein Artikel von Walter Kaltzin | 28.10.2022 - 13:40

Anfang November veröffentlichte das Europäische Patentamt das genehmigte Patent des deutschen Chemielehrers Jürgen Neisius, der ein besonderes Interesse für Weinbereitung und chemische Verfahrenstechnik hegt. Das neue Verfahren dient der Rückgewinnung von Aromen aus dem Gärgas, das bisherige Techniken übertreffen soll, so die Erwartungen des Chemikers.

Der technische Ansatz

Die aus der Destillationstechnik bekannten Kühler taugen zur Aromarückgewinnung wenig, da der größte Teil des Gärgases aus nicht kondensierbarem Kohlendioxid besteht. Stattdessen wird in der vorliegenden Erfindung das Gärgas in direkten stofflichen Kontakt mit einer tiefgekühlten alkoholreichen Flüssigkeit gebracht. In der Verfahrenstechnik wird dies als „Gaswäsche“ bezeichnet. Hierbei ergänzen sich Kondensation und Absorption, was zu einer viel besseren Aromarückgewinnung führt.

Im einfachsten Fall handelt es sich beim „Gärmost“ um eine Brennmaische, bei der „Waschflüssigkeit“ um ein bereits vorliegendes Destillat gleicher Art. Eine weitere einfache Anwendung ist die Herstellung von Likörweinen: Als Waschflüssigkeit dient hier der Weingeist, der anschließend dem Wein zugesetzt wird, um die Gärung abzustoppen. Bei „normalen“ Weinen ist die geeignete Waschflüssigkeit ein Weinkonzentrat, das leicht durch Gefrieren von Wein der gleichen Rebsorte bei –30°C und anschließender Abtrennung des Eises gewonnen werden kann (Kryokonzentrat). Das Eis bzw. sein Schmelzwasser muss später dem Jungwein wieder zugesetzt werden, um eine unerlaubte Alkoholanreicherung zu vermeiden.

Zu Beginn der Gärung enthält das Gärgaskondensat vor allem Primäraromen (Terpenoide), später treten Sekundäraromen (Ester) an deren Stelle. Eine zeitliche Fraktionierung des Kondensats ermöglicht es, diese Typen von Aromen getrennt aufzufangen. Diese Fraktionen können wiederum durch einen Rektifikationsautomaten weiter aufgetrennt werden. Welche der so gewonnenen Aromafraktionen zurückgeführt werden, entscheidet der Kellermeister.

Mehrere Anwendungsgebiete

Die so gewonnenen Aromen können auch zur Aromatisierung anderer Produkte, wie etwa entalkoholisierter Weine oder weinhaltiger Getränke, verwendet werden. Eine effektive Aromarückgewinnung erlaubt auch höhere Gärtemperaturen, wodurch sich die Gärzeiten verkürzen lassen. Dadurch ergeben sich völlig neue Gestaltungsmöglichkeiten bei der Arbeit im Weinkeller, so die Vorstellungen von Neisius. In der Praxis wurden diese Überlegungen aber noch nicht umgesetzt, sodass der Erfinder noch auf der Suche nach Partnern für die Produktentwicklung ist.

Kontaktdaten des Erfinders: Jürgen Neisius, juergen.neisius@t-online.de, +49/151/51115458, Reinsfeld, Deutschland