Die Familie Saahs hat im biodynamischen Weinbau wahre Pionierarbeit geleistet und kann nun aus dem Vollen schöpfen © Nikolaihof Wachau
Der Nikolaihof in Mautern hat die äußert selten vergebene Höchstnote von 100 Parker-Punkten für den im Frühjahr 2012 abgefüllten Riesling „Vinothek“ 1995 erhalten – das sind zum ersten Mal 100 Punkte für ein österreichisches Weingut und zum ersten Mal 100 Punkte für einen trockenen Riesling!
Verkostet wurde von David Schildknecht, der bei Robert Parkers „The Wine Advocate“ seit Jahren für die Bewertung der österreichischen Weine verantwortlich ist. Schildknecht beurteilt die Weine des Nikolaihofs schon seit Jahren ausgezeichnet und die aktuelle Weinserie hat nicht nur einen Wein mit 100 Punkten, sondern auch weitere elf Weine mit mehr als 90 Punkten zu bieten.
Gereift, doch nicht gealtert
Der erste österreichische 100-Parker-Punkte-Wein ist ein trockener Riesling mit 12,5%Vol. aus dem Jahre 1995 © Anna Marie Lun
Der Riesling „Vinothek“ 1995 wurde 17 Jahre in einem großen Holzfass gelagert. Nach dem ersten Abzug war eine Schwefelung des Weines erfolgt, dann aber lag er weitgehend unbeeinflusst im 3.500-Liter-Fass im antiken Weinkeller des Nikolaihofs. Schließlich wurde er im April 2012 auf die Flasche gezogen.
Bei Nikolaus und Christine Saahs war der Gedanke in Richtung „lange Lagerfähigkeit“ von Anfang an präsent. „Zuerst haben wir Flaschen zurückgelegt und dann bemerkt, dass der Wein in Großflaschen viel schöner reifte. So wurde dieser Gedanke auf das Fass übertragen und 1990 haben wir den ersten Wein auf lange Sicht im großen Fass reifen lassen“, erzählt Christine Saahs. Für diesen ersten „Vinothek“-Wein (ebenfalls ein Riesling) war die Abfüllung für das Jahr 2000 geplant gewesen. Doch man wartete damit schließlich bis 2004, da der Winzer den Wein für „noch nicht fertig“ befand. Die „Vinothek“-Weine sind nun ein fester Bestandteil des Sortiments. Als Nächstes wird der 1997er auf den Markt kommen, dessen Erst-Präsentation auf der heurigen „VieVinum“ stattfinden soll.
Pionierarbeit
Am Nikolaihof wird seit 1971 im Weinanbau nach den biologisch-dynamischen Demeter-Richtlinien gearbeitet. Die Saahs waren damit nicht nur in Österreich Pioniere, sondern zählen weltweit zu den Vorreitern im Demeter-Weinbau. Als oberstes Prinzip gilt, möglichst viel Kraft und Energie in den Weinbau zu legen, indem der Natur so wenig wie möglich ins Handwerk gepfuscht wird. In den Weingärten werden keine Herbizide, Kunstdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verwendet. Stattdessen wachsen dort vielfältige Pflanzen und Kräuter – zur Stärkung der Weinstöcke.
Sorgfältige Handlese ist selbstverständlich bei der Traubenernte. Alle Weine werden ohne Zusatz von Zucker, Reinzuchthefen und Enzymen im großen Holzfass vergoren. Auf Technik wie Kühlung bei der Gärung, Stabilisierung, Mostkonzentration etc. wird ebenfalls verzichtet. Abgefüllt werden die Weine nach dem Mondkalender an Fruchttagen.
International erfolgreich …
Das Weingut Nikolaihof besitzt 22 Hektar Rebfläche, wobei der Riesling mit einem Anteil von 55% die Hauptsorte darstellt. Der Grüne Veltliner steht an zweiter Stelle (35%), daneben gibt es noch Neuburger, Weißburgunder, Gelben Muskateller und Chardonnay. Die jährliche Produktion beträgt rund 100.000 Flaschen. Die Weine sind international äußerst gefragt und werden in 35 Länder der Welt exportiert, der Export-Anteil liegt bei rund 70%.
Trotzdem musste das erste und einzige Demeter-Weingut in der Wachau es sich lange Zeit gefallen lassen, mitunter belächelt oder angefeindet zu werden. Die Familie Saahs war dennoch immer davon überzeugt, mit ihrer Wirtschaftsweise auf einem guten Weg zu sein. „Eine richtige Missernte gab es in all den Jahren nie“, erinnert sich Christine Saahs und sie erläutert weiter: „Die Lebenskraft der Weinstöcke ist von Natur aus da. Zum Beispiel bedeutet jeder Herbizideinsatz gewaltigen Stress für den Weinstock und es kommt zu Verzögerungen bei der physiologische Reife. Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise verzichtet auf derartig massive Eingriffe, daher ist in unseren Weingärten die physiologische Reife bereits früh abgeschlossen, wir können früh lesen und haben keine Probleme, Weine mit leichtem Alkoholgehalt zu erzeugen. Nicht immer ist die Klimaerwärmung schuld.“
… und in Österreich?
Die Familie Saahs hat guten Grund, stolz zu sein. 100 Parker-Punkte sind eine tolle Bestätigung für die Philosophie des Weinguts und die biologisch-dynamische Bewirtschaftung. Eine Tendenz zu mehr Balance und Eleganz im Wein zeichnet sich seit einigen Jahren spürbar ab. Gereifter Wein liegt bei den österreichischen Jungweintrinkern zwar immer noch nicht im Trend, doch nimmt seine Bedeutung in der Gastronomie in ganz kleinen Schritten zu.
„Vielleicht fühlt sich auch manch ein junger Winzer angespornt, auf bio-dynamischen Anbau umzustellen“, hofft Christine Saahs, „in der Steiermark z.B. tut dies gerade Hartmut Aubell vom Rebenhof, der ein toller Ansprechpartner zu diesem Thema ist.“
Der Riesling „Vinothek“ 1995 ist übrigens bereits offiziell ausverkauft, aber in der Weinstube des Nikolaihofs gibt es noch Restflaschen und als Gast kann man den Wein probieren.
Nikolaihof: Bewertungen bei Robert Parker jr.
1995 Riesling Vinothek 100 Punkte
1999 Riesling Steinriesler 98 Punkte
2006 Steiner Hund Riesling Reserve 97 Punkte
2009 Steiner Hund Riesling Reserve 96 Punkte
2009 Vom Stein Riesling Smaragd 96 Punkte
1998 Riesling Steinriesler 96 Punkte
2008 Steiner Hund Riesling Reserve 95 Punkte
2012 Neuburger 92 Punkte
2011 Riesling Federspiel Vom Stein 92 Punkte
2012 GV Hefeabzug 91 Punkte
2011 GV Smaragd Im Weingebirge 91 Punkte
2010 Riesling Smaragd Vom Stein 91 Punkte