Die Thematik „Pflanzengemeinschaften als Beitrag zu Boden- und Rebengesundheit“ zählt angesichts immer wiederkehrender extremer Trockenphasen unbestritten zu den heißen Themen in der Weinbaubranche. Zur Sprache kamen im Rahmen der Veranstaltung im Vinatrium Deutschkreutz vor allem Experten außerhalb der Weinbauszene.
Der Blick zurück
Einführend erörterte DI Dr. Michael Machatschek, Forschungsstelle für Landschafts- und Vegetationskunde in Hermagor, wie wichtig es ist, Pflanzengemeinschaften lesen zu lernen. Machatschek kritisierte, dass viele Winzer sich von den bäuerlichen Aspekten fortbewegt hätten – Rationalisierung und Spezialisierung seien treibende Kräfte. Zudem mahnte Machatschek das alte bäuerliche Wissen ein, langsamer und bewusster zu arbeiten.
Viele Fehlentwicklungen seien offensichtlich: Bodenverluste durch Erosion oder das andere Extrem – ausschließlich Gräser in der Gründecke. Kräuter wären viel besser für die dynamische Vielfalt. Man müsse die Rebe veranlassen, in die Tiefe zu gehen. Dort gebe es weniger Wasserstress. Zudem müsste das Niederschlagswasser in den Weinbauflächen bleiben, so der Experte. Das heißt, Oberflächenwasser muss die Chance erhalten, versickern zu können. Machatschek rät, eine Düngung bei Jungreben zu unterlassen, damit junge Reben von Anfang an abgehärtet werden und in die Tiefe gehen. Weitere Überlegungen werden in einem ausführlichen Artikel in der nächsten Ausgabe wiedergegeben.
Kraut oder Unkraut?
Ob man von Kraut oder Unkraut spricht, kommt auf die Sicht des Betrachters an. „Zum Unkraut wird man also nicht geboren, sondern ernannt“, mit diesen Worten eröffnete
DI Karin Böhmer ihren Vortrag. Böhmer ist auf die Gewinnung von Wildblumensamen und die Erstellung von ökologisch passenden Pflanzenmischungen für jeden Standort spezialisiert.
Im Weinbau sehe sie das Problem, dass durch die vielen und tiefen Bodenbearbeitungen wertvolle Pflanzen keine Chance hätten. Vor allem die wichtigen Tiefwurzler würden vertrieben und stattdessen gebe es einen Gräserüberhang, der wenig Blühaspekte bringe.
Eine möglichst hohe Pflanzenvielfalt zeige sich nicht nur in den schönen und langhaltenden Blühaspekten, sondern auch im Wurzelraum. So haben viele nach oben hin niedrige und zart wachsende Blumen sehr tiefgehende Wurzeln. Das ermöglicht ihnen eine hohe Toleranz gegenüber Trockenheit und Nährstoffmangel. Grenzen Weingärten direkt an Flächen mit artenreicher Pflanzendecke an, sei dies von Vorteil, erstens für die ökologische Situation insgesamt, und zweitens für die Begrünung des Weingartens. „Bergab wandern die Pflanzen natürlich am schnellsten, aber es geht auch mit der Winddrift oder einfach durch Abfallen des Samens. Je enger die Verzahnung von naturnahen Flächen und Weingartenrieden sei, desto mehr findet eine gegenseitige Anreicherung statt“, so Böhmer. Deswegen sei es auch so wichtig, dass bei einer Herbizidanwendung wenigstens die Flächen außerhalb des Weingartens nicht mitbehandelt werden. Sonst bekomme man dort nur herbizidresistente Pflanzen, die dann auch im Weingarten Probleme machen können.
Hilfe über die Genetik?
Dr. Armin Djamei vom Gregor-Mendel-Institut für Molekulare Pflanzenbiologie in Wien gab Einblicke in die Grundlagenforschung. Er erörterte die Prinzipien von Resistenzbildung bei Pflanzen und Mechanismen der Überwindung von Resistenzen durch biotrophe Pathogene. Djamei führte vor Augen, wie Pflanzen und ihre Schädiger (etwa Pilze) im Zuge der Evolution sich ständig verändern und anpassen. Besonders importierte Krankheiten hebeln aber das natürliche Gleichgewicht aus und machen dann Arbeiten wie von Djamei notwendig: Er versucht punktuell bei einem Genteil Veränderungen vorzunehmen. Die Technik sei berechenbar und viel schneller als etwa Kreuzungen. In der abschließenden Diskussion musste sich der Genetiker in zahlreichen Wortmeldungen verteidigen.
PIWI-Sorten – Alternativen für die Zukunft?
Mit dem Potenzial pilzwiderstandsfähiger Rebsorten und der damit verbundenen Möglichkeit, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln wesentlich zu reduzieren, setzte sich der zweite Teil der Fachtagung auseinander. Ing. Wolfgang Renner, Versuchsstation Obst- und Weinbau Haidegg, gab einen Überblick über die Erfahrungen mit PIWI-Sorten in der Steiermark und präsentierte Zahlen zur Verbreitung und Bedeutung von PIWIs.
DI Dr. Ferdinand Regner, Leiter der Abteilung Rebenzüchtung im Forschungszentrum für Wein- und Obstbau Klosterneuburg, erläuterte die Grundlagen der Rebenzüchtung in Hinblick auf PIWI-Sorten und stellte verschiedene Neuzüchtungen aus Klosterneuburg wie den Donau-Riesling vor.
Alexander Morandell, Projektleiter der Innovitis GmbH aus Meran, die verschiedene Projekte zu Rebenzüchtung (auch PIWI-Sorten) betreibt, sprach über die Erfahrungen mit PIWI-Sorten in Italien.
Dazu gab es Weine verschiedener PIWI-Sortenzüchtungen der Versuchsstation Haidegg, Versuchsweine des LFZ Klosterneuburg, PIWI-Züchtungen verschiedener Südtiroler Winzer, aber auch Weine des tschechischen Weingutes Vinselekt Michlovský zu verkosten. In der abschließenden Diskussionsrunde berichtete Winzer Franz Schruiff aus Oslip, der seit Jahren schon PIWI-Weine in seinem Sortiment hat, von seinen Erfahrungen. Eine angeregte Diskussion über die Bedeutung von PIWI-Sorten für den österreichischen Weinbau bildete den Abschluss.