Zu Beginn der Veranstaltung referierte Dr. Löhnertz, Institutsleiter für Bodenkunde und Pflanzenernährung an der Hochschule Geisenheim, zum Thema „Nährstoffversorgung im Weinbau“. Der Professor veranschaulichte, wie der zugeführte Stickstoff (angenommen mit 75 kg/ha) im Laufe des Vegetationsjahres „verbraucht“ wird. Je nach Wüchsigkeit und Ertragsleistung entziehen die Reben jährlich 60 bis 120 kg/ha Stickstoff dem Weinbergsboden. Zwei Drittel dieser Nährstoffmenge (44 kg N) verbleiben im Weingarten (Holz, Blätter). Lediglich um die 30 kg N/ha werden mit den Trauben (bei 14.000 kg/ha Ertrag; deutsche Verhältnisse – höheres Ertragsniveau) aus dem Weinberg abgeführt. Anmerkung: Achtung, diese Werte beziehen sich auf deutsche Verhältnisse (weit höheres Ertragsniveau). Im Rahmen der Traubenverarbeitung und des Weinausbaus fallen mit Trester (enthält am meisten Stickstoff), Hefe und Mosttrub Reststoffe an, die ebenfalls Stickstoff enthalten. Diese können in den Stoffkreislauf des Weinbergs zurückgeführt werden. Somit verlassen mit dem fertig ausgebauten Wein schließlich 2 kg N/ha den Weinbaubetrieb (gilt bei 105 hl Wein-Ertrag!). Löhnertz: „Stickstoff muss zugeführt werden.“
Stickstoff und Witterung
Stickstoff (N) übt speziell auf Inhaltsstoffe wie Zucker, pH-Wert, Phenolgehalt, Aminosäuren und auf den Gärverlauf einen großen Einfluss aus. Bei zu geringer Einlagerung von Stickstoff in der Traube kann es zu Gärproblemen kommen. Indikatoren für N-Mangel bei der Pflanze sind laut Löhnertz kurze Internodien und rote Blattstiele. Aber nicht nur die Düngung, auch die Witterung beeinflusst den Stickstoffhaushalt des Weingartens. So kann es bei Trockenheit dazu kommen, dass mehr Eiweiß gebildet wird und weniger verfügbarer Stickstoff in der Traube vorhanden ist. Dr. Manfred Großmann, Mikrobiologe und Biochemiker an der Hochschule Geisenheim, wies darauf hin, dass Stickstoff als Indikator für den Nährstoffhaushalt der Hefe dient, der vorrangig nicht für die Gärleistung verantwortlich ist, sondern für das Gärbukett und das Gesamtaroma. Großmann zeigte auf, dass die Begrünung witterungsbedingt in Konkurrenz mit der Rebe treten kann (Wassermangel bei längerer Trockenheit, N-Mangel durch erhöhten Entzug). Dies kann zu Stress-Symptomen in der Rebe führen, die sich dadurch äußern, dass es zur Verminderung von zuckerfreien Extrakten bzw. bei Rotweinen zum Anstieg von Phenolen kommt. „Gerade durch die klimatischen Veränderungen, die durch Trockenzeiten und Extremniederschläge gekennzeichnet sind, ergibt sich immer öfter eine sich ändernde Wasserverfügbarkeit für die Pflanze“, so Großmann. Das Augenmerk sollte prinzipiell auf die Traubengesundheit gelegt werden. Damit verbunden sind ein reduziertes N-Angebot ab Reifebeginn, ein gezieltes Laubwand-Management und die Vermeidung von Bodenbearbeitung bei Trockenheit.
Aromenvielfalt
Viele Faktoren im Weingarten wirken sich im Most aus. Diese sind, neben der allgemeinen Witterung auch die Tätigkeiten des Winzers, wie z.B. ein optimales Laubwand-Management. Auch die Stickstoff-Versorgung hat großen Einfluss auf die Aromenbildung. Des Weiteren wies der Experte auf die Traubenverarbeitung und die Gärung hin. Prinzipiell gelte: je klarer der Most, desto mehr Frucht im Wein. Zu stark geklärter Most kann dagegen zu Gärproblemen führen. Eine längere Lagerung auf der Hefe sollte die Geschmacksträger (Polysaccharide, Mannoproteine etc.) fördern und der Vielfalt an Aromen Rechnung tragen.
Schwefeldioxid im Fokus
Ein gezieltes SO2-Management beinhaltet die Ermittlung des Schwefel-Bedarfs und der damit verbundenen Stabilität (freies/gebundenes SO2) unter Berücksichtigung der gesetzlichen Grenzwerte. Das Motto laute: „So wenig wie notwendig“. Wirksam ist lediglich das undissoziierte freie SO2, das hauptsächlich im sauren pH-Bereich vorkommt (pH < 2). Dann ist auch eine breite und selektive Wirkung gegen Mikroorganismen gegeben. Großmann sprach in diesem Zusammenhang von einer (jahrgangsabhängigen) Mostsäuerung als Möglichkeit der SO2-Einsparung. Einfluss auf die SO2-Bilanz haben:
- mikrobielle Metabolite, die starke und schwache Bindungseigenschaften aufweisen;
- der pH-Wert (ein hoher führt zu einem Rückgang des freien SO2);
- Sulfit-bildende Hefen (abhängig vom Hefestamm und von der Zusammensetzung des Mostes);
- SO2-bindende Stoffe, die von Hefen gebildet werden.
Thomas Germ