Mit einer individuellen Architektur, die bestehende Gebäudestrukturen, Garten und Neubau zu einem harmonischen Ganzen zusammenfügt, überzeugt der Betrieb der Familie Gössinger in der Heurigenhochburg Obersdorf. Zusammen mit der klug geplanten Funktionalität entstand ein Vorzeigemodell für einen modernen Familienbetrieb im Weinviertel.
Was tun, wenn die Nachfrage die bestehende Struktur an ihre Grenzen bringt? Rudolf und Martina Gössinger vom Heurigen Gössinger waren in genau jener Situation, in der sich viele Winzerbetriebe befinden. Ein über Jahre gewachsener Heuriger war vorhanden, der von der Größe, der Logistik und der Architektur den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprach. Die Gössingers gingen einen mutigen Schritt. „Wir haben uns entschlossen, die bisherige Zufahrt aufzugeben und auf dem gewonnenen Raum einen Zubau errichten zu lassen, der die bestehenden Gebäude verbindet. Durch den Umbau ist der Heurige größer und attraktiver geworden. Zugleich konnten wir die Arbeitsbereiche neu anordnen, so dass wir viel effizienter arbeiten können.“ Nach Fertigstellung stehen seit letztem Juni insgesamt 120 Sitzplätze und ein völlig neu konzipierter Schank- und Buffetbereich zur Verfügung.
Neubau als Bindeglied
Bei der Entwicklung von Konzept und Architektur wurde das bestehende Umfeld mit Sorgfalt und Einfühlungsvermögen bewertet. Als Folge blieben das alte Presshaus und ein groß gewachsener Baum im neu positionierten Eingangsbereich erhalten. Herzstück des neuen Heurigen ist der Neubau als Bindeglied zwischen Altbestand und Garten. Er dient als Buffet-, Schank- und Erschließungsraum. Mit seinen hohen Glasfronten entspricht er dem Wunsch nach Transparenz, Offenheit und Durchblicken. Zugleich geben sie den Blick auf den Innenbereich frei, der in Schönbrunngelb und Weiß gehalten ist.
Die Oberflächen, wie Sandstein aus St. Margarethen, Granit und Eichenholz, vermitteln eine starke Materialität. Blickfang sind die mit apfelgrünem Filz bespannten, indirekt beleuchteten Wände. Eine derb gearbeitete Stahltreppe führt hinauf zum historischen Stüberl im Obergeschoss, in dem die Eltern von Rudolf Gössinger einst mit dem Weinausschank begannen. Heute wird es als Gast- und Seminarraum genutzt und erhält durch die Einbindung in das moderne Konzept eine neue Funktion und Qualität.
Ganzheitliches Konzept
Den baulichen Veränderungen folgte eine komplette Überarbeitung des Außenauftritts in allen grafischen Bereichen einschließlich eines neuen Logos. Die Fortentwicklung des Konzeptes über alle Bereiche hinweg war für die Familie Gössinger die logische Konsequenz aus der Zusammenarbeit mit dem Spitzbart-Netzwerk. „Der Umbau war für uns der richtige Schritt in die Zukunft. Wir haben damit neues Potenzial erschlossen, mit dem wir uns weiterentwickeln können“, sind sich Rudolf und Martina Gössinger einig. Ihr neuer Heuriger wird Impulswirkung haben für Obersdorf und für die Infrastruktur der Region.
Neue Kunden
Die Heurigenlandschaft befindet sich im Umbruch. Der Heurige, jahrzehntelang ein Garant für Stabilität, wird durch den verstärkten Trend zur Regionalität attraktiv für neue Zielgruppen. Diese neuen Kunden schätzen alles, was echt und wertig ist. Zugleich haben sie höhere Erwartungen und Anforderungen als die Kundschaft von einst. Für die Heurigen bedeutet dies: Sie müssen sich stärker in ihrer Identität beweisen und aktiv Markenbildung betreiben. Die Architektur und die Ausführungsqualität leisten einen ganz erheblichen Beitrag dazu, den einzelnen Heurigen aus dem Gesamtangebot herauszuheben, Interesse bei neuen Gästen zu wecken und ihn zur Marke zu machen.
Beim Umbau im Heurigen Gössinger wurden deshalb vorausschauend die Anforderungen der sich verändernden Gästegruppen berücksichtigt. Die Konsequenz, die bei der Planung, Umsetzung und Vermarktung des Konzeptes an den Tag gelegt wurde, trägt Früchte. Seit Wiedereröffnung erlebt der Heurige Gössinger einen massiven Besucherstrom, darunter viele neue Gäste, und einen starken Zuspruch beim Weinverkauf. Die Investition in die grundlegende Veränderung resultiert in Steigerungen bei Umsatz und der Bekanntheit.
Der Autor
Markus Spitzbart, Spitzbart + partners, Kirchham (OÖ) – ganzheitliche Konzepte und innovative Architektur für Gastronomie, Hotellerie und Wein, Tel.: +43(0)7619/8008-0 www.spitzbart.at