Leitartikel 08-2023

Wein ohne Alkohol

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 03.08.2023 - 15:02
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Ohne Alkohol geht es beim Wein auch, zumindest in Deutschland – in Österreich ist der Markt nach wie vor klein

Darunter versteht man Wein oder auch Schaumwein, dem durch bestimmte technische Verfahren der Alkohol ganz oder teilweise entzogen wurde. Von entalkoholisiertem Wein spricht man, wenn der Alkoholgehalt auf unter 0,5% Vol. reduziert wurde, von teilweise entalkoholisiertem oder alkoholarmem Wein, wenn dieser darüber liegt.

Bessere Qualitäten mit neuen Technologien

Am Markt konnten sich derartige Produkte in der Vergangenheit kaum etablieren. Auch mangelt es an entsprechenden Produktqualitäten im Vergleich zu geschmacklich ausgereiften Innovationen bei alkoholfreiem Bier und Cider. Aber auch bei der Entalkoholisierung von Wein gab es in den vergangenen Jahren große Fortschritte in der Produktqualität aufgrund besonders schonender Technologien. Davon überzeugen konnte man sich bei der heurigen ProWein in Düsseldorf mit der Sonderausstellung „World of Zero“, mit dem Fokus auf entalkoholisierten Wein. In einem begleitenden Business-Report wurden die Marktchancen dieser No- oder Low-Alkohol-Weinkategorie abgefragt. Es ist eine international umfassende Studie in Zusammenarbeit mit der Hochschule Geisenheim zu dieser innovativen und relativ gesehen stark wachsenden Produktkategorie, die vor allem vom steigenden Gesundheitsbewusstsein der Verbraucher profitiert.

Unterschiedliche Akzeptanz

Rund ein Drittel der befragten internationalen Händler sieht in dieser Produktkategorie bereits in den kommenden Jahren starke Zuwächse. Insgesamt werden dabei den alkoholarmen Weinen im Vergleich zu den entalkoholisierten Weinen etwas mehr Marktchancen zugeordnet, da sie natürlich etwas weinähnlicher schmecken. Alkohol ist ein Lösungsmittel für viele Aromen, weswegen sich das Aromaspektrum bei alkoholarmen Weinen, auch wenn nur wenig Alkohol vorhanden ist, besser entfalten kann. Was die Marktchancen betrifft, so sieht die Studie wenig überraschend eine Zunahme in Ländern, die einen eher unkonventionellen Zugang zu Wein haben. Das sind insbesondere Länder wie Großbritannien, Skandinavien, die Niederlande und natürlich die USA. Aber auch der deutsche Markt ist, was entalkoholisierte Weine betrifft, sehr weit entwickelt. Nicht übersehen werden darf dabei auch der Entfall der Alkoholsteuern in Ländern, wo es sie gibt (Großbritannien, Skandinavien etc.). Was die Produktkategorien betrifft, die bevorzugt entalkoholisiert werden, so geht die Nachfrage vor allem in Richtung Weißwein und Schaumwein. Das liegt natürlich auch darin begründet, dass sich der fehlende oder reduzierte Alkohol sensorisch mit Kohlensäure am besten ausgleichen lässt.

Aufwendige Technik als Kostenfaktor

Relativ kritisch sehen naturgemäß die Produzenten diese neuen Produktkategorien, da es nur wirklich großen Kellereien möglich ist, sich mit den notwendigen Technologien auszustatten. Dabei geht es um apparative Einrichtungen wie Vakuumverdampfung, Membrantechnologie oder auch Destillation. Aber auch Lohnerzeuger benötigen entsprechende Mindestmengen, um wirtschaftlich produzieren zu können. Eine Möglichkeit für Produzentengruppen bestünde darin, eine größere Menge gemeinschaftlich entalkoholisieren zu lassen und die jeweils anteilige Menge zurückzunehmen, um das Portfolio des Weingutes um diese Kategorie anzureichern.