Leitartikel 11-2023

Kleine Weinernte in der EU

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 15.11.2023 - 09:23
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© W. Kaltzin

Hauptgrund für die kleine EU-Weinernte sind die kleinen Weinernten in den großen Erzeugerländern Italien und Spanien. In Italien gab es teilweise extreme Wetterereignisse, vor allem hohe Niederschläge mit Überflutungen in Mittel- und Süditalien im Frühjahr, was massive Peronospora-Probleme nach sich zog. Mit knapp 44 Mio. hl liegt Italien 12% unter der Vorjahresernte. Auch in Spanien gab es im Spätfrühjahr massive Niederschläge, dann Hitzewellen im Sommer, die mit Hagelstürmen beendet wurden. Mit knapp 31 Mio. hl liegt Spanien ebenfalls 14% unter dem Vorjahr. Gerade einmal Frankreich erwartet mit 45 Mio. hl eine mengenmäßige Normalernte, wobei es innerhalb Frankreichs große Unterschiede gibt. Aber auch andere Länder wie Griechenland, Kroatien, Slowakei und weitere haben massiv kleinere Ernten zu verzeichnen. Auch Deutschland erwartet mit unter 9 Mio. hl eine kleine Weinernte. Gerade einmal Portugal kann sich auf eine nennenswerte größere Weinernte freuen. 

Österreich mit unterdurchschnittlicher Menge

In Österreich erwarten wir laut Oktober Vorschätzung der Statistik Austria eine Weinernte von knapp 2,3 Mio. hl, was 10% unter dem Vorjahr liegen würde. Eine Weinmenge, die seitens des Weinbauverbandes bereits vor der Ernte erwartet wurde. Zwischenzeitlich gingen viele aufgrund der hohen Temperaturen und der trockenen Witterung während der Reife- und Erntephase von einer noch kleineren Weinernte aus. 

Trotz der verhaltenen Menge waren die Traubenpreise während der Weinernte nicht zufriedenstellend. Gerade im Rotweinbereich war die Nachfrage sehr gering. Der Grund dafür dürften noch ausreichende Lagerbestände der großen Traubenaufkäufer gewesen sein. Eine Situation, die in ganz Europa festzustellen ist. Absatzsorgen gibt es in vielen Teilen Europas, gerade auch in den klassischen Rotweinregionen. Als Reaktion gibt es bereits erste größere Rodungsmaßnahmen (siehe Bordeaux). Aufgrund einer entsprechenden Verordnung der EU konnten während der heurigen Kampagne 3,7 Mio. hl Wein zu Sprit destilliert werden, um den Markt etwas zu entlasten. In manchen Ländern wurde auch die „grüne Weinlese“ als Entlastungsmaßnahme in Anspruch genommen. Der Vorsitzende der Weingruppe im Europäischen Bauernverband betonte auch die Wichtigkeit der EU-Absatzförderung auf Drittlandsmärkten, um neue Märkte aufzubereiten. 

Inflation und Konsumrückgang

Ein weiterer wesentlicher Punkt, der der Weinwirtschaft große Sorgen bereitet, ist die Inflation, die die Produktion spürbar teurer werden lässt. Eine Teuerung, die sich im Weinverkauf schwierig weitergeben lässt. Überhaupt ist die Entwicklung des Weinkonsums ein schwieriges Kapitel. Einerseits machen alkoholische Getränke wie Bier dem Wein Konkurrenz, andererseits muss einfach festgestellt werden, dass der Alkoholkonsum insgesamt sinkt. 

Die Europäische Kommission verzeichnet in ihren statistischen Auswertungen einen Konsumrückgang bei Wein von rund 1% pro Jahr. Aber auch innerhalb des Weinsektors sind Konsumverschiebungen feststellbar. Der Konsum von Rotwein, dem klassischen Essensbegleiter, geht auf Kosten der Weine aus dem Kühlschrank zurück, sprich Weiß- oder Roséwein und schäumende Weine. Und natürlich schlägt auch beim Konsum die Inflationskeule zu. Viele Konsumenten verzichten beim Lebensmitteleinkauf auf Waren, die nicht unbedingt benötigt werden, wie zum Beispiel Wein. 

Die neuen Kennzeichnungsvorschriften im Weinbereich und die Diskussion über Warnhinweise tragen auch nicht zu einer Schönwetterphase für die europäische Weinwirtschaft bei. Umso wichtiger ist es, mit gutem (Gemeinschafts-) Marketing unsere Herkünfte auf den enger werdenden Märkten zu behaupten und durch kontinuierliche Arbeit neue Exportmärkte zu entwickeln.