Leitartikel 02-2023

Irische Warnhinweise

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 09.02.2023 - 09:03
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Wie Warnhinweise am Etikett in Irland aussehen könnten © DER WINZER

Zum Beispiel muss dann Wein, der in der EU produziert und nach Irland verbracht wird, zusätzliche Kennzeichnungsvorschriften einhalten, die es in anderen EU-Ländern des Binnenmarkts nicht gibt. Irland hat dabei auf gesundheitspolitische Notwendigkeiten verwiesen, da gerade in Irland zum Beispiel Jugendliche zu wenig über die Gefahren übermäßigen Alkoholkonsums Bescheid wissen. Mit Verweis auf diesen gesundheitlichen Aspekt kann die EU vom Festhalten am freien Binnenmarkt abweichen, was sie unter Protest der europäischen Alkoholbranche auch getan hat.

Präzedenzwirkung

Die vorgesehenen Warnhinweise in Irland sind für die österreichische Weinwirtschaft nicht so dramatisch, da der österreichische Weinexport nach Irland überschaubar ist. Es geht aber um die Präzedenzwirkung dieser irischen Vorgabe auf die gesamte EU. Nicht nur, dass andere EU-Mitgliedsstaaten auf ähnliche Ideen kommen könnten, gibt es auch innerhalb der EU-Kommission eine Initiative, den Alkoholkonsum in Europa zu reduzieren. Unter dem Titel „Beating Cancer“, also einer Initiative, Krebserkrankungen in der EU zu reduzieren, sind ähnliche Warnhinweise auf alkoholische Getränke in ganz Europa vorgesehen. Und zwar mit dem Argument, dass auch Alkoholgenuss die Gefahr, an bestimmten Krebsarten zu erkranken, erhöht. Diese Idee konnte im Frühjahr vergangenen Jahres durch das Europäische Parlament fürs Erste zurückgewiesen werden („Der Winzer“ hat berichtet). Dabei hat die Initiative des Gesundheitskommissars auch weitere Ideen wie Verabreichungseinschränkungen und die Anhebung der Alkoholsteuern vorgesehen. Dies wäre gerade für die Weinwirtschaft besonders fatal, da speziell in den Wein produzierenden Ländern die Weinsteuer auf null gesetzt ist. Eine Wiedereinführung würde einen finanziellen, aber auch einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuten. 

Moderat versus Missbrauch

Besonders ärgerlich bei derartigen pauschalen Kennzeichnungsvorschriften ist dabei, dass hier nicht zwischen missbräuchlichem, übermäßigem und moderatem genussvollem Alkohol- bzw. Weinkonsum unterschieden werden kann. Es wird nicht differenziert zwischen Binge-Drinking von Spirituosenmischgetränken und genussvollem Konsum des Kulturgutes Wein zu einem feinen Essen. Es ist zudem wissenschaftlich erwiesen, dass vom moderaten Weinkonsum auch positive Gesundheitsaspekte ausgehen (weniger Herzinfarkte bei Rotweinkonsum).

Wine in Moderation

Das von der Europäischen Kommission oft praktizierte „Alles über einen Kamm scheren“, auch wenn in dieser großen EU verschiedene kulturelle Zugänge zu bestimmten Produktgruppen herrschen, regt in diesem Fall die Weinbranche auf. Gerade die Weinwirtschaft versucht seit über 20 Jahren mit der Kampagne „Wine in Moderation“, den Konsumenten an einen verantwortungsvollen Weinkonsum heranzuführen. Dies ist eine Informationsplattform, auf der die Konsumenten über den richtigen Umgang mit Wein informiert und wo auf die Gefahr eines übermäßigen Alkoholkonsums hingewiesen wird. Zudem werden auch die unterschiedlichen weinkulturellen Aspekte in den Weinbauregionen aufgezeigt sowie der übergeordnete gesellschaftliche Aspekt der Weinkultur als europäisches kulturelles Erbe.