LEITARTIKEL 11-2019

Grüner Veltliner in Gefahr?

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 11.11.2019 - 12:46
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Die Klimaveränderung macht vor dem Grünen Veltliner nicht halt, doch mit neuen Unterlagen und Klonen kann entgegengesteuert
werden
© W. Kaltzin

Die Vegetation beginnt tendenziell immer früher und damit steigt die Spätfrostgefahr. Durch austriebsverzögernde Maßnahmen, und wenn notwendig durch Anheben der Umgebungstemperatur (Frostkerzen etc.), versucht man hier gegenzusteuern. Im Sommer werden die Hitze- und Trockenheitsphasen immer länger und damit steigt gleichzeitig der Trockenstress der Reben. Dort, wo möglich, wird durch die Errichtung von Bewässerungssystemen der Trockenheit begegnet. Ansonsten wird vor allem durch kulturtechnische Maßnahmen versucht gegenzusteuern. Da geht es einerseits z.B. um eine verstärkte Beschattung der Trauben durch das Belassen der Blätter in der Traubenzone. Auch durch entsprechende Auswahl der Hangexposition sowie der Zeilenausrichtung versucht man, Sonneneinstrahlung und Temperatur zu reduzieren. Dort, wo es machbar ist, wird auch schon auf höhere Lagen ausgewichen. Andererseits nimmt aber auch das Auftreten von Starkniederschlagsereignissen zu. Der Schutz des Bodens vor Erosion und Hagelschutznetze werden daher ebenfalls wichtiger. Ebenso steigt die Bedeutung von Ernteversicherungen.

Neue Unterlagen und Klone als Hoffnung

Bei der Auswahl der Unterlagsreben wird immer öfter auf später reifende Unterlagen zurückgegriffen. Wichtig wäre es auch, vor allem bei unseren Hauptsorten, die Klonenselektion wieder voranzutreiben. Nach einer Phase der Rebenneuzüchtungen, bei der es vor allem um Resistenzzüchtung geht, wäre es zukünftig wieder wichtig, später reifende Klone unserer wichtigsten Rebsorten zu selektionieren. Denn Neuzüchtungen sind am Markt schwierig einzuführen und die klassischen Rebsorten sind dem Konsumenten bereits bekannt.

Keine öffentliche Diskussion

Schwierig wird es, wenn eine öffentliche Diskussion zu diesen Fragen ausbricht. Öffentliche Diskussionen, wie z.B. jüngst über unsere wichtigste Rebsorte Grüner Veltliner, mit der Frage, ob angesichts des Klimawandels der Grüne Veltliner nicht in andere Anbauzonen, die bis dato für den Weinbau noch nicht so geeignet waren, ausweichen sollte. Für die Medien ist das ein spannendes Thema und dann gibt es gleich Schlagzeilen wie „Verschwindet der Grüne Veltliner?!“ oder „Wird das Waldviertel das neue Weinviertel?“. Für die Konsumenten sind derartige Schlagzeilen äußert verwirrend, kontraproduktiv und sollten daher vermieden werden.

Ob der Klimawandel in den nächsten 50 oder 60 Jahren so weitergeht, kann derzeit jedenfalls noch nicht gesagt werden. Und natürlich ist es so, dass punktuell derzeit schon in anderen Bundesländern Weinreben gepflanzt werden. Das hängt zum einen mit dem Klimawandel, zum anderen aber auch mit der derzeitigen Attraktivität des Weinbaues zusammen. Aber die Hauptkonzentration des Weinbaues wird und muss in den derzeitigen klassischen Weinbauregionen bleiben, da dort eben die entsprechende wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Verankerung des Weinbaues gegeben ist.

CR Prof. DI Josef Glatt, MBA