Pilotprojekt im Burgenland

Photovoltaik im Weingarten?

Ein Artikel von DI Walter Kaltzin | 15.10.2021 - 14:34

Mitte Oktober trafen sich Medienvertreter zu einer Pressekonferenz in unmittelbarer Nähe der gut befahrenen Straße B50 nahe Donnerskirchen. Im angrenzenden Weingarten vom Weingut Liegenfeld sollte eine hochaufgeständerte Photovoltaikanlage erstmals zeigen, wie eine sinnvolle Mehrfachnutzung einer Weingartenfläche möglich sein kann. Das Pilotprojekt von Energie Burgenland und dem Weingut soll Photovoltaik im Einklang mit der Natur unter wissenschaftlicher Begleitung demonstrieren. Die Auswirkungen auf die Landwirtschaft, das Landschaftsbild und die Kulturlandschaft werden dabei wissenschaftlich durch die Projektpartner Technische Universität Wien und Bundesamt für Weinbau in Eisenstadt begleitet.

SonnenWein als Motto

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, Weinbauer Andreas Liegenfeld (Weinbaupräsident Bgld), Herbert Oschep, Obmann Weintourismus Burgenland sowie Energie Burgenland Vorstandsvorsitzender Stephan Sharma stellten das innovative Projekt unter dem Namen „SonnenWein“ vor.

Landeshauptmann Doskozil sprach einleitend von den ambitionierten Zielen im Burgenland, im Jahr 2030 Klimaneutralität zu erlangen. Dazu sei es notwendig, alle Möglichkeiten auszuschöpfen.

„Der Weinbau steht für solche Innovation offen“, betonte Winzer Andreas Liegenfeld, der für den Versuch einen Weingarten zur Verfügung stellt. „Mit dem Projekt sind wir Vorreiter im deutschsprachigen Raum“, hob Liegenfeld stolz hervor. Es sei mit mehreren weinbaulichen Vorteilen zu rechnen: Hagelschutz, Schutz vor Starkregen (und eventuell Vorteile beim Pflanzenschutz) sowie eine Option für den Frostschutz. Den Vorteilen stünden aber auch Nachteile entgegen. Inwieweit Abstriche bei der Traubenqualität durch die Beschattung zu verzeichnen sind, werde noch zu klären sein. Auch sei keine Überzeilenbearbeitung durch die hohen Ständer mehr möglich.

Als „Meilenstein in der Geschichte“ bezeichnete Stephan Sharma von der Energie Burgenland das Projekt. „Wein ist im Burgenland ebenso wie die erneuerbaren Energien ein großer Wirtschaftsfaktor. Hier stehen heute also nur Gewinner: Unser innovatives Projekt zeigt den Weg in die Zukunft, wo unabhängige Stromerzeugung und Landwirtschaftliche Nutzung Hand in Hand gehen können. Angesichts der vielen Sonnenstunden im Burgenland wollen wir die Nummer Eins werden.“ so Sharma. 

Auch Herbert Oschep, Obmann Weintourismus Burgenland, kann diesem Pilotprojekt nur Positives abgewinnen. Er sieht darin einen weiteren Schritt zur Stärkung des Burgenlandes als Weinland: „Innovative Weinprojekte sind besonders wichtig für das Tourismusland Burgenland. Von Seiten des Weintourismus begrüße ich diese Initiative ausdrücklich." Aber er schränkte auch ein, dass die Photovoltaikanlagen wegen des beeinträchtigten Landschaftsbildes keine Lösung für den gesamten Weinbau im Burgenland sein könnten. Liegenfeld ergänzte: "Der Standort hier ist optimal, weil er in der Nähe eines Industriegebietes liegt und auch eine klassische Frostlage darstellt".

Bereits nächstes Jahr soll der erste burgenländische „SonnenWein“, ein Chardonnay, gekeltert werden. Er dürfte – mengenbedingt – Insidern vorbehalten bleiben.

Pilot-Anlage ohne Fundamente

Die Photovoltaik-Anlage besteht aus 20 semitransparenten, in Ost-West Ausrichtung angeordneten PV-Modulen, die ausreichend Licht durchlassen. Da die Anlage direkt über den Reben liegt, soll sie einerseits vor Umwelteinflüssen wie Starkregen und Hagel schützen. Andererseits sollen die Reben in einem weiteren innovativen Schritt über Heizdrähte in kalten Nächten vor Spätfrost geschützt werden. Der Strom dazu soll aus mobilen Speicherakkus kommen, die bereits heute am Markt erhältlich sind.
Die Gesamtleistung der Anlage, die ohne Fundamente errichtet wurde und problemlos wieder abgebaut werden kann, beträgt 5,2 kWp. Mit einer Bauhöhe von 3,5 m stellen Durchfahrten mit landwirtschaftlichen Geräten kein Problem dar.
Die Anlage ist in nur drei Monaten errichtet worden. Eine Anbindung an das Netz besteht allerdings noch nicht. Zu erwähnen sind auch die rechtlichen Voraussetzungen, die es bei Errichtung solcher Anlagen zu erfüllen gilt: Stichwort Eignungszone (Landesgesetz in Bgld.), Flächenwidmung (Gemeinde) und Baurecht.