Branchen-Überblick

Große oder kleine Flasche?

Ein Artikel von Johannes Beer | 14.02.2019 - 13:10

In Vinotheken, im Handel oder bei Ab-Hof-Läden kann man verschiedene Flaschengrößen entdecken. Die klassischen Flaschengrößen, in denen Wein angeboten wird, liegen zwischen 0,375 und 1,5 Litern, wobei 1-l-Flaschen immer seltener verwendet werden. Standard ist heute die 0,75-l-Flasche, die als Bouteille bekannt ist.

Internationaler Trend

Die international tätige und auf Food, Drink & Lifestyle spezialisierte Marketing- und Kommuni-kationsagentur ­Sopexa hat in einer breit angelegten Studie 781 Weinprofis zu ihren Prognosen für
die Marktentwicklung und die wichtigsten Trends der kommenden zwei Jahre befragt. Zum Kreis der Befragten gehörten Importeure sowie Groß- und Einzelhändler, die auf den sechs großen Märkten Belgien, Kanada, USA, Japan, China und Hongkong tätig sind. Bei den Verpackungsformaten dürften der Studie zufolge Kleinflaschen an Bedeutung gewinnen. Besonders zu spüren ist der Trend am asiatischen Markt. Für den nordamerikanischen Markt wird hingegen eine steigende Nachfrage nach alternativen Verpackungen erwartet, da über 40% der Weinprofis eine Präferenz vom Konsumenten für Bag-in-Box-Weine und Dosen-Verpackungen äußerten.

Unterschiedliche Eigenschaften nach Format

Eine ungeschriebene Regel lautet: Reift der Wein in kleinen Flaschen, wird der Vorgang beschleunigt. Für Halbflaschen spricht, dass Weine einfacher und günstiger probiert bzw. verkostet werden können. Die Flaschengrößen sind auch für Verbraucher, die nur ab und an mal ein Gläschen Wein trinken, zu empfehlen. Die schnellere Reifung ergibt sich aus der Reaktion zwischen Wein und Luft. Größere Weinflaschen, beispielsweise die Magnum-Flasche, enthalten in Relation zur Weinmenge einen weitaus geringeren Luftanteil. Das heißt, dass das vorhandene Luftvolumen zwischen Korken und Weinober-fläche im Flaschenhals geringer ist. Aus diesem Grund reift der Wein in größeren Flaschen langsamer. Deshalb werden höherwertige Weine, die die für eine längere Lagerung bestimmt sind, oft in Großflaschen gefüllt. Dies ist nicht nur mit Blick auf das geringere Oxidationsrisiko von Vorteil. Angesichts der dickeren Glashülle beeinträchtigen Temperaturen und Lichteinfall die Qualität nicht so schnell, wie es beispielsweise bei einer Halbflasche der Fall ist. Über die gängigen Formate hinaus gibt es auch noch Riesenflaschen, die meist nicht regulär in den Handel gelangen.

Sicht des Weinhandels

Im Weinhandel werden Großflaschen meist als Geschenk, zur Geburt von Kindern, bei speziellen Jahrgängen oder für Sammler verkauft, erklärt Martin Feichtner, Einkaufsleiter bei Wein & Co.
Wenn mehrere Großflaschen in Kisten gekauft werden, handelt es sich meist um Sammler, die auf Wertsteigerung hoffen und zu einem späteren Zeitpunkt die Weine wieder verkaufen wollen. Die beliebtesten Flaschengrößen sind Magnums und Doppel-Magnums. Die Füllung von Großflaschen korreliert mit guten bzw. herausragenden Jahrgängen. „Wenn es um weniger gut bewertete Jahrgänge geht, werden weniger Großflaschen gefüllt und/oder gekauft. Große Weine, Große Lagen, Große Cuvées – sind immer Kandidaten für die Großflasche“, so Feichtner. Es werde in Zukunft eine erhöhte Nachfrage aus der Gastronomie bestehen, meint der Experte. Dafür kann es seiner Meinung nach zwei Gründe -geben: Im Restaurant wird nach der ersten Flasche (häufig Weißwein) noch Rotwein konsumiert. Wird dieser nur in der Bouteille und nicht glasweise angeboten, schreckt es den Gast ab. Hier wären Halbflaschen nun sehr interessant. Weiter kann es eine Frage der Verkehrstüchtigkeit sein. Im internationalen Weinhandel sind Klein- bzw. Halbflaschen nur für Süßweine relevant. Mit dem Trend der vergangenen Jahre zu mehr Weißwein und weniger Rotwein ist nun der Weißwein in der Großflasche angekommen. Feichtner stellt fest: „Wein & Co verkauft heute sicher mehr Weißwein in Großflaschen als Rotwein.“

Sicht der Winzer

Warum wählen Winzer die Klein- bzw. Großflaschen? Oft steht der Kunde im Fokus der Entscheidung. Groß-flaschen wie die Magnum-Flasche werden oft als Geschenk in einer schönen Holz-Kassette zum Verkauf angeboten. Werden die Flaschen noch größer (3 – 27 Liter) handelt es sich meist um Sonder-füllungen für einige Kunden oder um spezielle, herausragende Jahrgänge. Je nach Kundenkreis (End-konsument, Handel oder Vinotheken) würden unterschiedliche Größen produziert, meint Petra Dockner vom Winzerhof Familie Dockner, Höbenbach. Die meisten mittelgroßen bis großen Weingüter füllen auch Großflaschen ab. Genießer, die über die entsprechenden räumlichen Kapazitäten verfügen und es lieben, zu Hause Wein zu lagern und reifen zu lassen, greifen oft zur Magnum oder zu einer größeren Flasche.

Einige Winzer füllen auch Halbflaschen. Diese sind für Restaurants bestimmt, um kleinere Mengen von Weinen, die nicht im glasweisen Ausschank sind, dem Konsumenten offerieren zu können. Eine weitere Absatzmöglichkeit für Kleinflaschen bieten, aus Sicht der Winzer, die Hotel-Mini-Bars. Aber auch Ab-Hof-Kunden kaufen die Kleinflaschen gerne für zu Hause, da kleinere Mengen leichter getrunken werden und somit keine offenen Flaschen im Kühlschrank stehen. „Für Verkostungen bzw. Degustationsmenüs sind Großflaschen ein netter Hingucker“, so Leopold Müller vom Weingut Müller, Krustetten, „und als Geschenke in jeder Größe beliebt.“ Für Hausweine von Restaurants oder Hotels würden häufig Anfragen für 1,5-l-Flaschen mit Eigenetikett gestellt.

Sicht des Glas- und Flaschenhandels

Generell ist der Absatz von Groß- und Kleinflaschen von Seiten des Glas- und Flaschenhandels gleichbleibend. Nur beim Export solcher Flaschen nach Asien ist eine Steigerung von 5 bis 10% in diesem Jahr zu verzeichnen. Aus Sicht von Geschäftsführer Andreas Dornhackl von der Firma Müller Glas würden die Winzer gerne eine größere Anzahl an Halbflaschen füllen, weil sie sich in der Gastronomie einer großen Beliebtheit erfreuen. Allerdings seien die kleinen Flaschen genauso bzw. manchmal sogar teurer als die klassische Bouteille und deshalb dann doch nicht gewinnbringend. Bei den Großflaschen werden besonders die Burgunder- und Bordeaux-Flaschen bevorzugt, wobei es bei Burgunder-Flaschen nur 3-l- und 5-l-Flaschen gibt. Die weiteren Größen sind dann nur noch als Schaumweinflaschen konzipiert. Die Bordeaux-Flaschen werden in 3, 5, 9, 12 und 27 l zum Kauf angeboten. Großflaschen werden meist mit Verpackungen in Holzoptik (Holzkisten) präsentiert. Kartonverpackung sei aber bis 3 l möglich, so Dornhackl. Hervorzuheben ist, dass die meisten Großflaschen mit Naturkork verschlossen werden. Es gäbe zwar auch Magnum-Flaschen mit Schraubverschluss im Sortiment, da aber meist Rotweine in Großflaschen gefüllt werden, gibt es zurzeit keine großen Bestellanfragen. Zum Thema Bag-in-Box stellt Dornhackl klar, dass diese auf dem österreichischen Markt nicht, für den Export nach Asien allerdings schon nachgefragt werden.

Zusammenfassung

Ein starker Trend zur Klein- bzw. Großflasche ist in Österreich momentan nicht zu erkennen. Betrachtet man den Trend international, steigt die Nachfrage sowohl nach Klein- als auch nach Großflaschen aber vor allem in Asien an. Einen Zusammenhang zwischen Steigerungen im Verkauf von Großflaschen und herausragenden Jahrgängen kann aus Sicht des Handels festgestellt werden. Zusätzlich kann bemerkt werden, dass immer mehr Weißwein in Großflaschen gefüllt wird. Aus Sicht des Glas- und Flaschen-handels erfreuen sich die Burgunder- und Bordeaux-Flaschen, meist in Holzkisten, besonderer Beliebtheit. Für Winzer sind Klein- bzw. Großflaschen zwar ein interessantes Thema, können aber nur bei entsprechenden Aufträgen umgesetzt werden. 

Bezeichnungen von Flaschen

Die kleinste Flaschengröße mit einem Fassungsvermögen von 0,25 l trägt den Namen „Piccolo“. Glasbehältnisse größeren Formats werden in Expertenkreisen nach bekannten Königen aus dem Alten Testament benannt. Die Bezeichnung Methusalem, Nebukadnezar oder Jeroboam sind jedem Winzer und Weinexperten geläufig. Der Großteil des österreichischen Weins wird bei Winzern in Bouteillen gefüllt und in 6er- oder 12er-Kartons abgepackt.