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Mit rund 80 Teilnehmenden war die Tagung sehr gut besucht © Foto: Otto Knaus

Bioweinbau im Fokus

Ein Artikel von DI (FH) Sabrina Dreisiebner-Lanz MSc | 29.05.2015 - 11:43

Nachhaltigkeitsprojekt

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Mit rund 80 Teilnehmenden war die Tagung sehr gut besucht © Foto: Otto Knaus

Ing. Martin Palz (LK Steiermark) begann mit der Frage: „Wozu braucht ein Biobetrieb ein Nachhaltigkeitsprojekt?“ Er präsentierte die Rückmeldungen von europäischen und heimischen Konsumenten zum Thema „Nachhaltigkeit“. Demnach steigt das Bewusstsein der Konsumenten zu Regionalität und Nachhaltigkeit, wobei die Konsumenten durchaus zwischen „Bio“ und „Nachhaltigkeit“ differenzieren. Palz stellte das europäische Nachhaltigkeits­projekt ECO-PROWINE vor. Bisher haben 105 Pilotbetriebe aus zehn Ländern ihre Daten in das Online-Tool eingegeben. Aus den Daten und den hinterlegten Berechnungen wurde deutlich, dass Glas, Verpackung und Elektrizität, Abwasser sowie Treibstoff die größten Verursacher von negativen Umweltauswirkungen sind. Die Ressourcen Luft, Wasser und Boden werden zu ungefähr gleichen Teilen belastet. Palz erläuterte die Möglichkeiten, das Online-Tool zu nutzen – von einer Selbstbeurteilung bis hin zur Zertifizierung.

Als Fazit hielt Palz fest, dass Maßnahmen zur Nachhaltigkeit über die Bio-Richtlinien hinausgehen, u.a., weil auch soziale und ökonomische Aspekte berücksichtigt werden. Bio beinhaltet aber wesentliche Komponenten der Nachhaltigkeit.

Angewandte Homöopathie

Rainer Loacker (Loacker Bioweinhof) berichtete von seiner über 30-jährigen Erfahrung mit Homöopathie im Weinbau. Er erklärte die Grundprinzipien der Homöopathie: „Ähnliches wird durch Ähnliches geheilt, d.h., Krankheiten werden durch jene Mittel geheilt, die bei einem gesunden Menschen ähnliche Symptome hervorrufen. Dabei wirkt die Homöopathie nicht auf die Symptome, sondern auf die Lebenskraft und hilft, die Selbstheilungskräfte zu mobilisieren.“ Loacker erklärte und demons­trierte die Potenzierung der homöo­pathischen Mittel. Die Ausgangsstoffe können tierisch, pflanzlich oder mineralisch sein.

Loacker nannte einige Beispiele von homöopathischen Mitteln und ihrer Anwendung im Weinbau. So wird z.B. Aconitum (Eisenhut) bei schockartigen Ereignissen eingesetzt (plötzliche kalte Winde, Kälteeinbruch, Hagel), Dulcamara (Bittersüß) bei Feuchtigkeit und Nässe oder Calcium car­bonicum in der ersten Phase des Triebwachstums. Dabei fielen auch Parallelen zu Pflanzenstärkungsmitteln (Equisetum zur Gewebefestigung) und zur Biodynamie (Silicea/Hornkiesel) auf. Dieser Vortrag zeigte, dass die Homöopathie viel Erfahrung und Feingefühl erfordert und keineswegs nach Rezept zu betreiben oder zu vermitteln ist.

PIWI-Sorten

Dann präsentierte Ing. Wolfgang Renner (LVZ Haidegg) die langjährigen Erfahrungen mit PIWI-Sorten in der Steiermark. Er erläuterte detailliert die einzelnen Sorten betreffend An­fälligkeit gegenüber Pilzkrankheiten, anderen Schadsymptomen, Aromaausprägung und Besonderheiten.

Amerikanische Rebzikade

Mag. Gudrun Strauß (AGES) ging in ihrem Vortrag zur Amerikanischen Rebzikade in Österreich auf den Entwicklungszyklus der Zikade (ARZ) sowie auf ihre Ausbreitungsdynamik in Europa und Österreich ein. Nach dem verbreiteten Auftreten in der Steiermark wurde auch im Burgenland seit 2012 eine zunehmende Anzahl von ARZ gefunden. Im Gegensatz zur Steiermark waren alle Verdachtsproben zur Goldgelben Vergilbungskrankheit (Grapevine Flavescence doreé, GFD) im Burgenland negativ. Es ist aber davon auszugehen, dass sich die ARZ auch im Burgenland etabliert hat – für ca. 1.600 ha biologisch bewirtschaftete Rebfläche ist dies eine Herausforderung. Strauß erwähnte die Nachteile der zugelassenen Produkte im Bioweinbau – nied­rigerer Wirkungsgrad und wenig ­spezifisch bzw. nützlingsschädigend (Pyrethrine). Im Rahmen des VineMan-Projektes wurde daher nach biologischen Alternativen geforscht. Die bisher beste Wirkung im Labor zeigte ein insektenpathogener Pilz (Lecanicillium lecanii). Allerdings ist auch dieser nicht spezifisch und benötigt eine hohe Luftfeuchtigkeit, um sich zu entwickeln.

Weitere Untersuchungen der AGES befassten sich mit den Nützlingen, welche als natürliche Gegenspieler der ARZ auftreten können. In einer biologisch-dynamisch bewirtschafteten Monitoringfläche (Steiermark) konnte 2014 eine überwältigende ­Anzahl von Spinnen in der Laubwand gefunden werden (Kugelspinnen, Krabbenspinnen, Springspinnen, Wolfspinnen). Auch Florfliegen und Marienkäfer waren in großer Zahl vorhanden. Zikadenwespen, welche auf Zikaden spezialisiert sind, konnten leider kaum entdeckt werden. Trotz der Nützlingspopulation war jedoch die Population der ARZ recht hoch. Nach Einschätzung von Strauß waren die Nützlinge nicht ausreichend in der Lage, diese Population zu kontrollieren.

Erfahrungen in der Steiermark
Ing. Josef Klement (LK Steiermark) fasste die Erfahrungen und Versuchsergebnisse zusammen, die zur Bekämpfung der ARZ in den vergangenen sechs Jahren in der Steiermark gemacht wurden. Seit 2009 werden vom Land Steiermark Maßnahmen vorgeschrieben, im Herbst des gleichen Jahres wurde das Erstauftreten von GFD in der Steiermark festgestellt. Da eine direkte Kontrolle der Phytoplasmosen nicht möglich ist, besteht bei Auftreten von GFD die Notwendigkeit, den Überträger ARZ zu bekämpfen. Dies wird mit einer Öl-Austriebsspritzung und repellenten Produkten (Backpulver bzw. Kaolinerde) oder (fallweise) Insektiziden (Pyrethrine) durchgeführt. Neben dem Einsatz dieser Produkte sind das Beobachten der Weingärten, das Melden von Vergilbungssymptomen und das Roden von befallenen Stöcken unabding­bar für einen erfolgreichen Umgang mit GFD. Auch ein intensives Monitoring ist weiterhin dringend erforderlich und bietet die Grundlage für die Bekämpfungsstrategie. Je nach Auftreten werden die Maßnahmen gewählt, wobei – im Gegensatz zu an­deren europäischen Ländern – in der Steiermark auf die verpflichtende Behandlung mit Pyrethrin verzichtet wird, wenn die aktuelle Lage (Flugzahlen ARZ / Auftreten von GFD) es erlaubt.

Kirschessigfliege – Strategien aus Südtirol

Der Frage „Gibt es Alternativen und Ergänzungen zum Insektizideinsatz?“ widmete sich Simon Kompatscher (Beratungsring Südtirol). Im Südtiroler Weinbau herrschte nach 2011 auch 2014 ein sehr hoher Befallsdruck durch die Kirschessigfliege (KEF). Dafür waren mehrere Faktoren verantwortlich. Die erste Eiablage fand bereits Anfang August statt, im weiteren Verlauf kam es zu früher Essig­fäule und beschädigten Beeren aufgrund verschiedener Ursachen. Danach kam es durch den Witterungsverlauf zu einer deutlichen Reife­verzögerung.

Die Witterung ab Mitte Juli hat laut Kompatscher einen entscheidenden Einfluss auf den Befallsverlauf. Sowohl die Sorte als auch das Erziehungssystem sind ebenfalls wichtige Faktoren. Es besteht auch eine lagenabhängige Befallsdynamik (Mikroklima, Waldrand). Der Vergleich von intakten und geplatzten Beeren zeigte, dass die KEF von verletzten Beeren angelockt wird, auf intakten Beeren von beschädigten Trauben konnte deutlich mehr Eiablage festgestellt werden.

Kompatscher präsentierte u.a. Versuchsergebnisse mit alternativen Behandlungsmitteln: Kaolin, Bentonit und Kaliwasserglas. Im Jahr 2013 (geringer Druck) zeigte sich ein positiver Effekt dieser Produkte. Im Jahr 2014 war der Effekt geringer. Daraus zog der Referent den Schluss, dass diese Behandlungen in Jahren mit wenig Druck und in Kombination mit den Kulturmaßnahmen ausreichend sein können. Unter Netzen (Maschenweite < 0,6–0,8 mm) wurde keine ­Eiablage festgestellt.

Die Frage nach natürlichen Gegenspielern erhielt eine ernüchternde Antwort – die natürlichen Feinde wirken auf die Verpuppung der KEF und damit erst dann, wenn der Schaden bereits entstanden ist.

Kompatscher zählte folgende Möglichkeiten auf, die Kirschessigfliege abzuwehren:

  • Richtige Kulturführung und Hygiene,
  • keine gefärbten bzw. weichen Trauben in der Anlage belassen (bei später Traubenreduktion),
  • Ertragsregulierungen vor Reife­beginn abschließen,
  • Traubenzone entblättern,
  • wirkungsvoller Pflanzenschutz (Oidium, Botrytis Essigfäule),
  • bei hohem Befallsdruck Begrünung tief halten (Luftfeuchte reduzieren),
  • Einsatz von Netzen – muss noch weiter geprüft werden,
  • rechtzeitiger und gezielter Einsatz von Spinosad kann den Befall reduzieren.
Mit zwei Referaten von DI (FH) Carsten Heinemeyer (2B Concept Consulting) wurde ein Schwerpunkt zur Kellerwirtschaft gesetzt. Er referierte zunächst zu Schwefelmanagement beim Weinausbau. Dazu wird
in Der Winzer vor der Lese 2015 ein eigener Artikel erscheinen. Der zweite Vortrag setzte sich kritisch
mit der EU-Bio-Verordnung zu Weinbehandlungsmitteln auseinander. Heinemeyer erläuterte Herstellungsverfahren von Weinbehandlungsmitteln, biotechnologische Verfahren und gab Hinweise zu Alternativen.

Tagungsunterlagen sind bei der ­Autorin/Organisatorin erhältlich.

Die Autorin

DI (FH) Sabrina Dreisiebner-Lanz MSc, Weinbauberaterin, Bezirkskammer Südoststeiermark,
E-Mail: sabrina.dreisiebner-lanz@lk-stmk.at