Zum Auftakt der Konferenz in Rust legte David Schildknecht, Verkoster für „The Wine Advocate“ (Robert Parker Jr.), seine Einschätzung der „Zukunft des Weines“ bis 2025 dar. Er bestätigte die immer stärker werdende Betonung von Herkunft und Terroir in Österreich und Deutschland sowie in den USA, während es in Frankreich eher eine leichte Entwicklung in Richtung Betonung der Rebsorte gebe. Da aber die Rebsorte allein keine Stilistik vorgebe, erweist sich laut Schildknecht die Verbindung von beidem – Herkunft und Rebsorte – als die einzig richtige Zukunftsstrategie.
„Lange Zeit stand die Kellertechnik im Vordergrund. In Zukunft aber werden weniger die Tricks im Keller zählen, sondern viel mehr die Tricks im Weingarten“, ortete Schildknecht ein weiteres Thema der kommenden zwei Jahrzehnte. Er forderte außerdem mehr Offenheit von den Produzenten in Bezug auf Technologie-Einsatz. „Das Wichtigste ist aber, dass alle ihre Aufgeschlossenheit bewahren, da etwas kommen kann, das niemand erwartet“, schloss David Schildknecht seinen Einführungsvortrag.
Was kommt? Und warum?
Die Zukunftsthemen der Önologie versuchte Monika Christmann (Hochschule Geisenheim, Vize-Präsidentin der OIV) mit ihrem interessanten Vortrag zu erläutern. Sie nannte fünf entscheidende Punkte:
- Klimawandel,
- technologischer Fortschritt,
- Wirtschaftlichkeit neuer Verfahren vs. traditionelle Verfahren,
- Verbraucherschutz sowie
- veränderte Konsumentenerwartungen.
Zur Reduktion von Alkohol nannte Monika Christmann verschiedene Möglichkeiten. Abgesehen von vorbeugenden Maßnahmen im Weingarten, seien folgende Verfahren im Keller (im Most) möglich:
- Zuckerreduktion durch Filtration,
- Verwendung von „unproduktiven“ Hefen (im Fokus der OIV),
- enzymatische Zuckerreduktion,
- Wasserzusatz (... auch dies werde diskutiert!).
„Eine Verringerung des Alkoholgehalts um 2%Vol. war nicht nachweislich schmeckbar“, hob Christmann hervor und erklärte weiter: „Ein niedrigerer Alkoholgehalt bedeutet auch eine höhere Flüchtigkeit der Aromen.“
Beim Säuremanagement sieht Monika Christmann die Zukunft bei bipolaren Membranen, die die Säure durch das Entfernen von bestimmten Mineralstoffen (z.B. Kalium) aufkonzentrieren.
Die emotionale Diskussion über handwerkliche und industrielle Weinproduktion und wo hier die Grenze zu ziehen ist, werde weiterhin intensiv geführt werden. „In der Weinbereitung gab es große Veränderungen in den letzten zehn Jahren, aber in den nächsten zehn Jahren werden die Veränderungen noch stärker sein. Membranverfahren sind die Zukunft“, endete Monika Christmann.
Comeback von Chardonnay
Einblick in den britischen Weinmarkt gewährte dann Sarah Jane Evans, Master of Wine. Als wesentliche Trends sieht sie den Online-Einkauf von Wein und einen generellen Rückgang von „Fine Wine“ zugunsten von leichter verständlichen Weinen (z. B. aus Griechenland, Argentinien etc.). Stillweine befänden sich im Abwärtstrend; Schaumwein, v. a. leichter Prosecco, im Aufwärtstrend. In Restaurants würden die Weinkarten deutlich kleiner und eine neue Generation von Weinkonsumenten genieße Wein auf andere Art und verkoste lieber in entspannter Atmosphäre.
Evans bezeichnete die Engländer als „Social-Media-Obsessives“ und nannte dabei Twitter führend, welches inzwischen auch die Generation 50+ anspreche und viele „gehobene“ Benutzer aufweise. Alte Lieblinge kehren am britischen Markt laut Sarah Jane Evans ebenfalls zurück, z. B. Chardonnay (in puristischer Art), Cool-Climate-Weine aus Australien sowie generell weniger Barrique-Einsatz. Auch „Natural Wine“ werde ein heißes Thema bleiben.
Verlust von Individualität
Rowald Hepp, Geschäftsführer des deutschen Premiumweingutes Schloss Vollrads, betrachtete den globalen Weinmarkt aus seinem Blickwinkel. Er sprach von sehr vielen Detailmärkten mit heterogener Nachfrage und hob außerdem hervor, dass sich die Distribution immer mehr zu Discount und Cash&Carry verschiebe, während der Weinfachhandel zurückgehe.
„Durch die Informationsüberflutung entsteht Gleichschaltung“, so Hepp, „jeder Konsument will überall das Gleiche. Die Welt verliert Individualität.“ Der Druck am Markt werde noch weiter steigen, da in der Neuen Welt viele Weingüter existieren, die größer und schlagkräftiger sind bzw. günstiger produzieren können. Die Frage sei nun, wie deutsche und österreichische Weingüter hier reagieren. Die Anforderungen an die Winzer würden immer komplexer. Rowald Hepp: „Wir brauchen unverwechselbare Weine, die von der Neuen Welt nicht kopiert werden können.“ Die klare strategische Ausrichtung eines Weingutes sei wichtig, ebenso wie das „Begreifen von Qualität als dynamischer Prozess“.
Aschenputtel-Weine
Unterschätzten Rebsorten widmete sich der zweite Teil der Winzerkonferenz. Zu Beginn stellte David Schildknecht vier Weine vor, die seiner Ansicht nach ein „Aschenputtel-Dasein“ führen, aber in Zukunft interessant werden könnten. Die Weine der Sorten Altesse (Herkunft Savoyen), Chasselas (Deutschland), Sciacarellu (Korsika) und eine traditionelle Cuvée aus Carignan und Cinsaut aus Frankreich konnten die Teilnehmer der Konferenz dabei verkosten.
Der Rest des Nachmittags gehörte dem Welschriesling. Produzenten und Experten aus Tschechien, Ungarn, Kroatien und Slowenien stellten die Sorte, ihre unterschiedlichen Bezeichnungen (Vlašky Rizling, Olaszrizling, Graševina bzw. Lašky Rizling) und ihre Bedeutung im jeweiligen Land vor. Den deutlichsten Aufschwung erlebt der Welschriesling zur Zeit wohl in Kroatien, wo die Sorte lange ein schlechtes Image besaß. Die wichtigsten Gebiete dafür liegen im Osten des Landes, an der Grenze zu Ungarn und Serbien. Man geht hier mit Welschriesling zunehmend von der Literware weg und Qualitätsstreben im Weingarten und im Keller hat eingesetzt. Die kroatische Handelskammer hat die „Graševina-Tage“ erfolgreich eingeführt.
In Slowenien hingegen werde der Welschriesling auch in Zukunft nicht im Fokus stehen und eher Einstiegs- und Jausenwein bleiben.
Über die Bedeutung des Welschriesling in Österreich sprachen anschließend Heidi Schröck, Armin Tement, Franz Weninger und Stefan Tscheppe (Esterhazy), die jeweils einen eigenen „Premium“-Welschriesling mitgebracht hatten. Die Verkostung bewies, dass Welschriesling mehr kann als gemeinhin bekannt ist. Dies aber nur, wenn man sich der Sorte annimmt und sie nicht nur nebenbei mitlaufen lässt. Nötig wäre ein neues Image und eine neue Akzeptanz am Markt, wofür aber eher geringe Chancen gesehen werden.
Die Autorin
DI Daniela Dejnega, Redakteurin Der Winzer, E-Mail: d.dejnega@agrarverlag.at