ÖWM-Marketingtag 2019

Image durch Qualität und Herkunft

Ein Artikel von Daniela Dejnega | 24.01.2019 - 11:22
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Im Austria Center Vienna waren alle Plätze besetzt © Sebastian Philipp

Rund 450 Winzer und Branchenprofis hörten aufmerksam zu, als Willi Klinger im Austria Center Vienna Bilanz zog. Der Ende 2019 scheidende Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing GmbH erklärte zu Beginn, sein Vertrag wurde keineswegs – wie kolportiert – vorzeitig gelöst und er gehe nach 13 Jahren mit großer Gelassenheit. Die Zeit dafür sei einfach gekommen, denn eine „lame duck“ wolle er nicht werden. „Ich habe ein von der Spitze her kommendes Verständnis von Marketing, denn die Elite war es, die nach 1986 den Karren aus dem Dreck gezogen hat“, betonte Klinger.

Er spüre angesichts der großen Weinernte keineswegs einen wachsenden Druck auf die ÖWM und dem zuletzt mehrmals geäußerten Satz, dass „die ÖWM nun gefordert sei“, maß er wenig Sinn bei, da die ÖWM in den vergangenen Jahren jeden einzelnen Tag gefordert war. Aufgrund einer großen Ernte die Strategie zu ändern, wäre ein Rückfall in die Zeiten des Weinskandals, so Klinger. Schlechte Qualitäten bzw. Verarbeitungsqualitäten zu vermarkten, sehe er keineswegs als Aufgabe der ÖWM. „Durch die jahrzehntelange erfolgreiche Qualitätsstrategie hat der österreichische Wein den internationalen Durchbruch geschafft. Ich plädiere daher für eine Beibehaltung dieser Grundausrichtung, wenngleich jeder Jahrgang selbstverständlich eine gewisse Flexibilität der Marketingaktivitäten erfordert. Weitere zehn Jahre mit diesem Marketing-Spirit werden Österreich das nötige Exportvolumen bescheren, um auch mengenreichere Jahrgänge wie 2018 problemlos und zu guten Durchschnittspreisen abzusetzen“, bekräftigte Klinger.

ÖWM-Aktivitäten 2019
Nach einem Resümee zum Jahr 2018 präsentierte die ÖWM ihre Marketingaktivitäten für 2019. Die Kommunikation zu den Zielgruppen soll künftig noch segmentierter und relevanter erfolgen. Den ProWein-Auftritt in Düsseldorf wird die ÖWM mit täglichen Workshops noch attraktiver gestalten. Der steigenden Relevanz der asiatischen Märkte trägt die ÖWM mit einem großen Austrian Tasting in Tokio und einer umfangreichen Teilnahme an der ProWine China Rechnung.
Auch das Großprojekt „Riedenkarten“ wird 2019 fortgeführt. Mit der Erfassung und Darstellung aller österreichischen Rieden und Weinherkünfte in einem digitalen System soll eine weltweite Benchmark gesetzt werden – vollständige digitale Riedenkarten auf gesetzlicher Basis (abrufbar 2021).
Michael Zimmermann,
ÖWM-Bereichsleiter Märkte, widmete seinen Vortrag der zentralen Business-Frage nach der Akquise neuer Geschäftspartner und präsentierte dazu reaktive, proaktive und disruptive Strategien.

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Bei der Podiumsdiskussion war man sich einig, dass alle Betriebe eines Gebietes von einem hohen Image einer Herkunft profitieren können. Jens Beckert, Willi Klinger, Gaia Gaja und Michael Moosbrugger (v.l.) © Sebastian Philipp

Gastvorträge Gaia Gaja und Jens Beckert
Seit Jahrzehnten steht das piemontesische Kult-Weingut Gaja für eine konsequente Qualitätsstrategie. Den weinbaulichen Herausforderungen durch den Klimawandel begegnet das Weingut in enger Zusammenarbeit mit der Forschung, wie Gaia Gaja erläuterte. Die Optimierung der Weingartenarbeit, wie z.B. das Wickeln der Triebe (statt Gipfeln) sowie die Erhöhung der Biodiversität seien unumgänglich, um die Widerstandskraft der Reben gegenüber Wetterextremen und steigendem Krankheitsdruck zu erhöhen. Nützlinge würden bei Gaja gezielt im Weingarten ausgebracht. Nur Maßnahmen im Weingarten könnten die Qualität sichern, betonte Gaja.

Das Geheimnis teurer Weine erörterte im Anschluss Dr. Jens Beckert vom Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln. Er zog einen Vergleich mit dem Kunstmarkt, da auch hier Preiseinschätzungen für Nicht-Experten unmöglich sind. Wie kein anderes Produkt im Lebensmittelbereich werde Wein mit symbolischen Werten aufgeladen und dadurch begehrlich. Es gehe um den imaginativen Wert von Wein, der eine zeitliche, soziale und räumliche Dimension besitze. „Weine bestimmter Terroirs profitieren ungemein vom Renommee ihrer Herkunft“, unterstrich Beckert und ergänzte: „Wahrgenommene Qualität ist in Klassifikationen verankert.“

Das Image der Weinbaugebiete
Heidi Thyri
von marketmind präsentierte die Ergebnisse einer von der ÖWM in Auftrag gegebenen Imagestudie zur Wahrnehmung der einzelnen Weinbaugebiete Österreichs durch die heimischen Konsumenten. Burgenland, Wachau und Weinviertel haben sich dabei als „am bekanntesten“ herausgestellt. Den besten Gesamteindruck haben die Konsumenten offensichtlich von der Südsteiermark und der Wachau. Die Zuhörer im Saal überraschte, dass zudem die Steiermark als Region mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis wahrgenommen wird. Durch die gesamte Studie bzw. alle Gebiete zieht sich, dass der österreichische Wein mit Qualität punkten kann und auch das sympathische Auftreten eine besondere Stärke darstellt.

Höherpositionierung durch engere Herkünfte
Über das Potenzial engerer Herkünfte diskutierten zum Abschluss des Marketingtags Gaia Gaja, Jens Beckert und Michael Moosbrugger, Obmann der Österreichischen Traditionsweingüter, in einer von Willi Klinger moderierten Podiumsdiskussion. Der in Österreich beschrittene Weg geschützter DAC-Herkünfte wurde dabei unisono bestätigt: Der gezielte Image-Aufbau einer spezifischen Herkunft diene langfristig allen Betrieben des Gebietes. Ein gesteigertes Gebietsrenommee erleichtere zudem die Etablierung von Orts- und Riedenweinen mit hoher Wertschöpfung. Die Positionierung inner- oder außerhalb des definierten Herkunftssystems liegt dabei im Ermessen jedes einzelnen Betriebes.