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Mit mehr als 200 Teilnehmern war der Saal im Bildungshaus St. Hippolyt bestens gefüllt

Bodenverlust ist Selbstenteignung

Ein Artikel von DI Daniela Dejnega | 27.01.2017 - 10:53
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Mit mehr als 200 Teilnehmern war der Saal im Bildungshaus St. Hippolyt bestens gefüllt

Bodenbewirtschaftung, Oidium-Bekämpfung, Fäulnisvermeidung, PiWi-Sorten und Kupfer standen am ersten Tag der Veranstaltung im Fokus.

Weniger Fäulnis durch frühe Entblätterung …

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Weinbaulichen Maßnahmen zur Fäulnisvermeidung widmete sich Dr. Daniel Molitor, Lektor an der Univ. für Bodenkultur Wien, da zu oft schwindende Traubengesundheit den Lesetermin diktiere. Als kurzfristige Maßnahme beim Laubwandmanagement hat sich laut Molitor die Teilentblätterung der Traubenzone unmittelbar nach der Blüte erfolgreich etabliert. „In Hinblick auf Fäulnisvermeidung bringt späte Entblätterung kaum etwas“, erläuterte er, „hingegen erreichte die frühe Entblätterung bis max. 20 Tage nach der Blüte eine sehr hohe Wirkung, d. h., eine Befallsreduktion um 50% in Versuchen. Die frühe Ent­blätterung führt zu weniger und kleineren Beeren und verbessert die Exposition der Gescheine/Trauben. So werden sie früh durch die Sonne abgehärtet, trockenen schneller ab und Pflanzenschutzmittel werden besser angelagert.“

… und späten Laubschnitt

Als zweiten, noch wenig beachteten Punkt nannte Molitor die Terminierung des ersten Laubschnitts. Beim Laubschnitt fällt die Triebspitze als Hauptattraktionszentrum für Assimilate weg und es bleiben mehr Assimilate für die Trauben. Molitor führte aus: „Ein später erster Laubschnitt ermöglicht daher ein längeres Aufrechterhalten der Assimilatkonkurrenz zwischen den jungen Trauben und der Triebspitze. So wird die Traubenstruktur lockerer. Je später der Laubschnitt durchgeführt wird, desto weniger Beeren pro Traube entwickeln sich und entsprechend geringer ist der Fäulnisbefall.“ Die Maßnahme „später erster Laubschnitt“ verursacht keine höheren Kosten und kann zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes im Weinbau beitragen.

Boden und Begrünung

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Dr. Wilfried Hartl von der „Bio Forschung Austria“ erklärte in seinem praxis­nahen Vortrag Boden- und Begrünungsmanagement. Eine optimale Versorgung der Weinrebe gewährleiste ein Boden mit typischer Krümelstruktur, welche vorrangig durch die Tätigkeiten von Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren entstehe. Zwischen den Krümeln befinden sich Poren, die wie die Krümel selbst stabil sind und die Durchlüftung und Wasserspeicherfähigkeit des Bodens bestimmen. „Viele Weingartenböden sind aber von diesem Optimalzustand weit entfernt und außerdem stark erosionsgefährdet“, betonte Hartl, der Erosion „inakzeptablen Irrsinn“ nannte und von „Selbstenteignung“ sprach, wenn fruchtbarer Oberboden – und damit der humus- und nährstoffreichste Teil des Bodens – für immer verloren geht.

Bodenporen und Wasserhaushalt

Die Bodenporen werden gemäß ihrer Größe in Grob-, Mittel- und Feinporen eingeteilt. Sandböden besitzen ein Übermaß an Grobporen (> 50 ?m), die besonders bei der Ver­ankerung der Pflanze und der Sauerstoffversorgung von Wurzeln und Boden­organismen eine Rolle spielen – Wasser können sie kaum halten. Entscheidend für eine gute Wasserversorgung der Reben sind die Mittelporen (0,2–50 ?m), in welchen das Wasser auch pflanzenverfügbar ist. Dieser ­Bereich wird auch „nutzbare Feld­kapazität“ genannt. In den Feinporen (< 0,2 ?m) ist das Wasser hingegen so fest gebunden, dass es für die Pflanzen nicht verfügbar ist. Es handelt sich um sogenanntes „Totwasser“. „Lössböden besitzen im Allgemeinen eine gute Verteilung der Poren, während schwere Böden nur wenige Grobporen und verhältnismäßig viele Feinporen aufweisen – hier ist eine Belüftung durch Regenwürmer besonders wichtig“, erklärte Hartl.


Weiters vermittelte der Boden­experte den Zuhörern, wo sich eigentlich die Wurzeln der Rebe befinden, da er durch zahlreiche Wurzelgrabungen einen tiefen Einblick in Wein­gartenböden gewinnen konnte. „Nur wenige Wurzeln gehen tatsächlich in die Tiefe“, stellte er dabei fest, „viel mehr gehen sie in die Breite – und die Nährstoffe werden oben, an ganz bestimmten Teilen der Wurzel auf­genommen. Wesentlich ist hier die Anzahl der Wurzelspitzen pro m2.“ p.p1 {margin: 0.0px 0.0px 0.0px 0.0px; text-align: justify; text-indent: 8.5px; line-height: 10.8px; font: 9.0px 'Trump Mediaeval LT Std'}

Weinbau ist nicht Ackerbau

Hartl forderte mehrmals auf, die Boden­bearbeitung auf ein vernünftiges Maß zu beschränken und warnte: „Man darf im Weinbau nicht Ge­müsebau spielen!“ Tiefe Bodenbearbeitung wie das „Brauchtum des Boden­lüftens“ lehnt er dezidiert ab. Bodenbearbeitung sei nicht in der Lage echte, dauerhaft stabile Poren zu schaffen.

Um die Stabilität der Krümel­struktur zu erhalten und die Pflanzen kontinuierlich aus dem Boden ernähren zu können, ist es notwendig, den Humusgehalt aufrecht zu erhalten oder zu erhöhen. Durch Ernterückstände, Begrünungspflanzen, Wurzeln, Rebholz und organische Dünger wie Mist oder Kompost kann Humus nachgeliefert werden.

Am einfachsten könnten die Bodenlebenwesen mit Begrünungen „gefüttert“ werden, da mit den Pflanzenwurzeln und Wurzelausscheidungen organisches Material auch in tiefere Bodenbereiche gelangt. Nematoden besäßen zum Beispiel einen schlechten Ruf, da manche Arten Nutzpflanzen schädigen, doch der Großteil der Nematoden wirke an der Humusbildung und sei notwendig für die Nährstoffdynamik im Boden. Hartl bezeichnete sie als „Kühe im Boden, die willkommenen Mist erzeugen“.

Flexibles Begrünungsmanagement

So sprach Hartl zusammenfassend von drei Maßnahmen, welche die Leistungsfähigkeit des Bodens im Weinbau nicht nur erhalten, sondern auch verbessern können:

  • Beschränkung der Bodenbearbeitung auf ein vernünftiges Maß,
  • Zufuhr von organischem Material über Mist oder Kompost und
  • Begrünung des Weingartens.

Ein erfolgreiches Begrünungsmanagment müsse aber flexibel auf den Wasserhaushalt, den Boden und die Rebe abgestimmt werden. Eine ganzjährige Gründecke sei durch flexible Pflege möglich. Begrünungen sollten sich bei ausreichender Wasserversorgung üppig entwickeln dürfen, müssten aber bei Wassermangel auch entsprechend reduziert werden, betonte Hartl. Der Boden sollte aber ständig von lebenden Begrünungspflanzen oder Mulch bedeckt sein. Die Artenzusammensetzung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Luzerne, zum Beispiel, empfahl Hartl nur bei Böden mit Wasser-Überversorgung. Ziele beim flexiblen Begrünungsmanagment seien das Wohlergehen der Rebe und ein maximaler Schutz vor Bodenerosion.

Die Reduktion des Wasserverbrauchs der Begrünungen bei Trockenheit sollte angepasst erfolgen, je nach Notwendigkeit, durch:
  • Ausdünnen der Begrünung mit dem Striegel,
  • Knicken der Begrünungspflanzen durch Niederwalzen oder
  • Unterschneiden der Begrünung ­einige Zentimeter unter der Bodenoberfläche.

„Letztere Maßnahme sollte bei ­hohem Wasserstress durchgeführt werden, da sie den Wasserverbrauch völlig stoppt“, erklärte Hartl, und weiter: „Mit dem Unterschneiden in ca. 5cm Tiefe kann die lockere Bodenschicht erhalten werden. Vertrocknete Biomasse ist ein genauso guter Erosionsschutz wie lebende. Mulchen ist nicht zu bevorzugen, da viel ­Wasser für den Neuaustrieb der Begrünung verbraucht wird.“ Die Frage aus dem Publikum, ob das Unterschneiden möglicherweise der „Queckenzucht“ diene, konnte Hartl mit „nicht, wenn man dabei unter den Rhizomen der Quecke bleibt“ verneinen und gab zum Abschluss noch den Hinweis: „Unterschneiden gilt offiziell nicht als Bodenbearbeitung“ und unterliegt daher keinen zeitlichen Einschränkungen.

Seit ein paar Jahren gibt es das modular aufgebaute Gerät „Greenmanager“, mit welchem das flexible Begrünungsmanagement in die Praxis umgesetzt werden kann. Wilfried Hartl war an der Entwicklung beteiligt.

Task Force Kupfer

Die vor zwei Jahren gegründete „Task Force Kupfer“ trifft sich zweimal im Jahr, um neueste Erkenntnisse zum Thema „Kupfer im Pflanzenschutz“ zu diskutieren. Zielsetzung ist, den Einsatz von Kupfer zu minimieren und die Qualitätsproduktion aufrecht zu erhalten. Neben der HBLA und BA Klosterneuburg, Weinbauern, Bio-Verbänden, Pflanzenschutzmittelfirmen und Wissenschaftern der BOKU ist auch die AGES in der „Task Force Kupfer“ vertreten. Die AGES ist für die Risikobewertung vor einer Zulassung von Kupfermitteln verantwortlich. Am 31. Jänner 2018 läuft die EU-Genehmigung für Kupfer aus. Noch herrscht Unsicherheit, wie es weiter geht. „Ein neuer Bewertungsbericht aus Frankreich wurde aber Ende 2016 vorgelegt. Viele EU-Staaten sind auch bei der Erhebung der nationalen Kupferbelastungen säumig“, sagte Mag. Elisabeth Berger von der AGES, „nur Österreich und Deutschland haben dies bereits erledigt.“

Seitens der Zulassungsbehörde gilt derzeit in Österreich für alle Kupfermittel eine maximale Aufwandmenge von 3kg/ha/Jahr. Dass in anderen EU-Ländern die maximale Aufwandmenge höher ist, wurde vom Publikum emotional debattiert, da manche Winzer hier eine große Benachteiligung sahen. Die Wortmeldung „Wer mit 3kg Kupfer im Jahr nicht auskommt, sollte vielleicht besser konventionellen Weinbau betreiben“ beendete die Diskussion.