Die Herausforderungen für die heimischen Winzer sind vielfältig, die Weinbaubetriebe stehen vor einem enormen Spagat zwischen steigenden Produktionskosten und stagnierenden Marktpreisen aufgrund des Konsumrückgangs. „Der Weinbau ist dabei nicht nur ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, sondern auch ein wesentlicher Teil unserer Kultur, unserer Landschaft und unserer Identität“, betont Johannes Schmuckenschlager, Präsident des Österreichischen Weinbauverbands. „Wenn wir unsere kleinstrukturierten Betriebe nicht entschlossen unterstützen, riskieren wir, dieses wertvolle Erbe zu verlieren.“
Anlässlich der Präsidiumssitzung Ende August wurde zur Verdeutlichung der Forderungen ein Positionspapier vom Österreichischen Weinbauverband entwickelt und von allen Weinbaupräsidenten verabschiedet: Abg. z. NR Johannes Schmuckenschlager (Österreich), Reinhard Zöchmann (Niederösterreich), Andreas Liegenfeld (Burgenland) Stefan Potzinger (Steiermark) und Norbert Walter (Wien).
Positionspapier: „Bäuerliche Weinbaubetriebe in Österreich sichern“
Die österreichische Weinwirtschaft ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor und ein bedeutender Arbeitgeber – insbesondere in ländlichen Regionen. Durch Löhne, Steuern und Gewinne, ebenso wie durch die indirekten Effekte der vor- und nachgelagerten Branchen, leistet der Weinsektor einen wesentlichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt.
Darüber hinaus trägt der Weinbau entscheidend zur regionalen Stabilität bei: In vielen Gebieten, insbesondere im Osten Österreichs, ermöglicht eine funktionierende Weinwirtschaft den Erhalt der Bevölkerungsstruktur und verhindert Landflucht. Auch der Tourismus, für zahlreiche Regionen ein wirtschaftliches Rückgrat, profitiert maßgeblich vom Stellenwert des österreichischen Weines und der durch den Weinbau geprägten Kulturlandschaften.
Der Weinbau ist aber nicht nur ökonomisch, sondern auch kulturell von unschätzbarem Wert: Böden, Rebsorten, Weinbautraditionen und über Generationen gewachsenes Wissen prägen unser landwirtschaftliches Erbe, die soziale Struktur der Regionen und die österreichische Identität. Diese Bedeutung gilt es zu schützen – gerade in Zeiten, in denen Alkoholkonsum, und damit auch der Weinkonsum, von verschiedenen Akteuren zunehmend pauschal verunglimpft werden.
Aktuelle Herausforderungen für die österr. Weinwirtschaft
Der nächste Weinjahrgang steht bevor, doch die heimischen Betriebe stehen unter massivem Druck – wirtschaftlich, regulatorisch und ökologisch:
➤ Rückläufiger Weinkonsum
➤ Rekordhohe Produktions- und Betriebsmittelkosten
➤ Fehlender Bürokratieabbau
➤ Zunehmender internationaler Wettbewerb
➤ Begrenzte Pflanzenschutzmöglichkeiten
➤ Steigende Preissensibilität der Märkte
Um die Zukunft der bäuerlichen Weinbaubetriebe zu sichern, fordert der Österreichische Weinbauverband das zuständige Bundesministerium zum Handeln auf.
Forderungen des österr. Weinbauverbands
Der Österreichische Weinbauverband fordert vom zuständigen Bundesministerium klare, schnelle und wirksame Maßnahmen für eine nachhaltige Zukunft des österreichischen Weinbaus.
1. Bürokratie abbauen – bäuerliche Weinbaubetriebe erhalten
Die Kleinstrukturiertheit des österreichischen Weinbaus ist ein Alleinstellungsmerkmal und darf nicht durch überbordende Auflagen und bürokratische Hürden gefährdet werden. Zahlreiche neue Regelungen, Genehmigungsverfahren und Dokumentationspflichten belasten insbesondere kleine Betriebe und behindern Innovation. Viele Weinbaubetriebe verlieren so ihre unternehmerische Handlungsfähigkeit.
Der Weinbauverband fordert langfristige und verlässliche Rahmenbedingungen für eine moderne, resiliente und unternehmerisch orientierte Weinwirtschaft. Den jahrzehntelangen Ankündigungen müssen endlich konkrete Maßnahmen folgen.
2. Neue Impulse am Markt setzen
Angesichts der prekären Marktsituation braucht es eine Stärkung der Weinvermarktung. Es gilt, den Absatz zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Weinbaubetriebe zu erhalten. Der Weinbauverband fordert daher eine Intensivierung der Werbemaßnahmen der Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) und der regionalen Weinbauregionen. Zudem müssen nicht ausgeschöpfte EU-Mittel in Höhe von rund 5 Mio. Euro aus dem Weinsektorenprogramm rasch und unbürokratisch umgeschichtet werden können, um gezielt auf Marktveränderungen reagieren zu können.
3. Europäische Erfolge national umsetzen
Auf EU-Ebene wurden in den letzten Monaten wichtige politische Maßnahmen initiiert, die österreichischen Winzerinnen und Winzern helfen können. Dazu zählen:
➤ Vorläufiger Anbaustopp
➤ Sanktionsfreie Rückgabe von Neuanpflanzungsgenehmigungen
➤ Neue Fördermaßnahmen im Weinsektorenprogramm
➤ Entlastung des Rotweinmarktes
➤ Förderung des Weintourismus
➤ Verlängerung der Wiederbepflanzungsrechte
➤ Anpassungen im Bezeichnungsrecht
➤ Klare Regelungen für alkoholfreie Weine
Es sind viele Prozesse angestoßen, jetzt braucht es mehr Tempo und Vereinfachung. Der Weinbauverband fordert daher eine einfache, nachvollziehbare und unbürokratische Umsetzung dieser Maßnahmen in Österreich.
4. Pflanzenschutz als unternehmerische Absicherung
Der Pflanzenschutz ist – nicht nur im Weinbau – eine Art unternehmerische Versicherung, um die Ernte zu sichern. Dennoch werden dringend benötigte Wirkstoffe nicht zugelassen oder sogar verboten – ohne praktikable Alternativen. Exemplarisch dafür stehen die Einschränkungen beim Einsatz von Kaliumphosphonat im biologischen Weinbau und von Backpulver sowie die fehlenden Strategien zur Bekämpfung der Kirschessigfliege und der Amerikanischen Rebzikade. Ohne wirksame Lösungen drohen massive Ernteausfälle.
Pflanzenschutz ist kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung für gesunde Reben, stabile Ernten und die wirtschaftliche Existenz der Winzerinnen und Winzer. Der Weinbauverband fordert daher die zügige Zulassung wirksamer Pflanzenschutzmittel.