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Wein als kulturelles Genussgut wirkt weit über die eigentliche Branche hinaus. Besonders profitieren auch die Sparten Gastronomie, Beherbergung und Tourismus von der Stärke und dem guten Ruf der heimischen Weinwirtschaft, wie eine neue Wertschöpfungsstudie nun belegt. © www.pov.at

Wertschöpfungsstudie

Wein ist bedeutender Wirtschaftsfaktor in Österreich

Ein Artikel von Redaktion | 21.10.2025 - 13:00

Ob beim Heurigen im Weinviertel, beim Radeln durch die steirischen Weinberge oder beim Dinner mit Weinbegleitung: Der Wein begleitet durch Alltag und Freizeit. Was dabei oft verborgen bleibt, ist die wirtschaftliche Leistung, die hinter diesem Kulturgut steht. Die Österreich Wein Marketing GmbH (ÖWM) hat deshalb gemeinsam mit der Economica GmbH eine umfassende Wertschöpfungsstudie durchgeführt, die die weitreichende volkswirtschaftliche Bedeutung der heimischen Weinwirtschaft in Zahlen fasst.

Vom Anbau über die Presse bis zum Glas

„Die wirtschaftliche Kraft des Weins reicht weit über das Achterl hinaus. Denn rund um die Rebe wirkt ein ganzes Wirtschaftsökosystem: vom Winzerbetrieb über den Tourismus bis hin zu Handel und Kulinarik. Es sind diese direkten und indirekten Effekte, die den Wein zu einem bedeutenden Wirtschaftsmotor machen“, so ÖWM-Geschäftsführer Chris Yorke.

So erwirtschaftete die heimische Weinwirtschaft 2023 eine Bruttowertschöpfung von über 3,8 Milliarden Euro. Das entspricht 0,9 Prozent der gesamten österreichischen Wirtschaftsleistung. Insgesamt macht der Wein 7,5 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Produktion aus. Über 68.000 Arbeitsplätze werden direkt oder indirekt durch die Branche gesichert. Das ist rund die Hälfte der direkt gesicherten Arbeitsplätze in der Metalltechnischen Industrie (135.000).

Auch der Staat profitiert erheblich von der Weinwirtschaft: Jährlich werden rund 1,2 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben in die öffentlichen Kassen gespült. Knapp 403 Millionen Euro bzw. 35 Prozent davon gehen an den Bund, weitere 137,5 Millionen Euro bzw. 12 Prozent an die vier großen Weinbundesländer Niederösterreich, Burgenland, Wien und Steiermark und weitere 96 Millionen Euro an die restlichen Bundesländer.

„Eine tragende Säule dieser wirtschaftlichen Leistung ist die hohe Qualität des österreichischen Weins, die mit einer hohen Reputation im In- und Ausland einhergeht. Dass diese Entwicklung möglich wurde, ist nicht zuletzt den jahrzehntelangen, strategischen Aktivitäten der ÖWM zu verdanken, welche das Image, den Absatz und die Exportkraft gezielt gefördert hat“, ist Yorke überzeugt.

Wo Wein getrunken wird, wird mehr ausgegeben

Besonders profitieren die Branchen der Beherbergung und Gastronomie mit knapp 1,5 Milliarden Euro (rund 39 Prozent) der gesamten Wertschöpfung, die durch den Wein in Österreich entsteht. An zweiter Stelle steht die Landwirtschaft mit etwa 390 Millionen Euro. Auf Platz drei folgt der Großhandel mit knapp 353 Millionen Euro. Auch der Weintourismus spielt eine zentrale Rolle: Fünf Prozent der Urlauber nahmen 2023 weinbezogene Aktivitäten wahr. Sie gaben durchschnittlich 18 Prozent mehr pro Tag aus als andere Gäste.

„Die österreichische Weinwirtschaft steht nicht nur für Gastfreundschaft und Lebensfreude, sondern schafft auch einen enormen wirtschaftlichen Mehrwert“, so Univ.-Prof. Dr. Christian Helmenstein, Leiter der Economica GmbH.

Wein als Rückgrat ländlicher Regionen

Noch deutlicher wird die Relevanz des österreichischen Weins, wenn man in die einzelnen Bundesländer blickt: „Der Weinbau ist weit mehr als landwirtschaftliche Produktion. Er fungiert als wirtschaftliche und gesellschaftliche Lebensader und sichert die Attraktivität vieler Gegenden“, betont Johannes Schmuckenschlager, Präsident des Österreichischen Weinbauverbands.

„In zahlreichen Regionen stellt der Weinbau aufgrund der besonderen geographischen und klimatischen Gegebenheiten die zentrale, und nicht selten auch einzige, Form der Wertschöpfung dar“, erklärt Yorke. Die Studie legt deshalb ein besonderes Augenmerk auf die vier Weinbundesländer Niederösterreich, Burgenland, Wien und Steiermark, wo im Vergleich zu den anderen Bundesländern insbesondere Handel und Gastgewerbe mit einer Bruttowertschöpfung inklusive notwendiger Vorleistungen von über zwei Milliarden Euro (gegenüber 1,1 Milliarden in Restösterreich) sowie der Tourismus mit 362 Millionen Euro (gegenüber 291 Millionen Euro in Restösterreich) am meisten Wertschöpfung generieren.

So produziert Niederösterreich als betriebs- und flächenmäßig stärkstes Weinbundesland Österreichs den meisten Wein und weist damit auch die größten ökonomischen Effekte auf. Im Burgenland, dem zweitgrößten Anbaugebiet, hat der Weinbau unter den vier Bundesländern die größte Bedeutung für die landwirtschaftliche Produktion. In Wien, dem kleinsten der vier Weinbundesländer, findet – vor allem dank Gastronomie und Tourismus – in Anbetracht der kleinen Fläche eine überproportional große Wertschöpfung statt. Bei der Steiermark handelt es sich um ein aufstrebendes Weinland mit starkem Tourismusfaktor, wo vor allem nachgelagerte Güter und Dienstleistungen, die mit Wein in Verbindung stehen, eine sehr große Bedeutung haben. „Die Branche zeigt, wie aus lokalen Zutaten globale Begeisterung entstehen kann“, sagt Yorke stolz.

Von der Wertschöpfung zur Wertschätzung

Ohne den Weinbau würden ganze Regionen erhebliche wirtschaftliche Einbußen erleiden. Arbeitsplätze im ländlichen Raum würde verlorengehen, tourismusgetriebene Wertschöpfung würde ausbleiben und die regionale Identität würde an Profil verlieren.

„Unser Ziel ist es, durch das Aufzeigen der Wertschöpfung zu einer Wertschätzung gegenüber dem zu kommen, was die über 10.000 heimischen Weinbaubetriebe, die zu 95 Prozent in Familienhand sind, tagtäglich leisten“, plädiert Schmuckenschlager. Denn diese Bemühungen umfassen mehr als das Produzieren eines guten Weins: Die Weinwirtschaft schafft kulturelle Identität, sichert Arbeitsplätze und trägt österreichische Qualität in die Welt hinaus. „Ihre Arbeit ist Fundament und Zukunft zugleich und verdient nicht nur Anerkennung, sondern auch strategische Unterstützung“, sagt Yorke.

Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft gefordert

Damit die Weinwirtschaft ihre Rolle als Wirtschaftsmotor, Arbeitgeber und internationaler Qualitätsbotschafter auch in Zukunft erfüllen kann, braucht es ein klares Bekenntnis der Politik: gezielte Unterstützungsmaßnahmen und einen Rahmen, der Investitionen in Qualität und Wettbewerbsfähigkeit erhöht.

„Unsere Weinbaubetriebe sind aktuell durch rekordhohe Produktionskosten, rückläufigen Weinkonsum, überbordende Bürokratie und zunehmenden internationalen Wettbewerb stark unter Druck. Daher brauchen wir mehr denn je einen Schulterschluss zwischen Politik und Weinwirtschaft. So wäre es sehr wünschenswert, wenn der Bund, der nachweislich stark durch Einnahmen aus der Weinwirtschaft profitiert, wieder einen Finanzierungsbeitrag an die ÖWM leistet – wie die vorbildlich agierenden Weinbauländer“, betont Schmuckenschlager abschließend.