WEINBAUVERBAND   

Nachhaltigkeit in aller Munde

Ein Artikel von C. Zinner | 05.06.2019 - 10:36

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist heute in aller Munde. Oft handelt es sich dabei um einen sehr schwammigen Begriff, denn in unzähligen Bereichen unserer Gesellschaft wird Nachhaltigkeit intensiver denn je als zeitgemäße Lösung verschiedenster Herausforderungen transportiert. Was Nachhaltigkeit dabei wirklich bedeutet, wird jedoch nur in den seltensten Fällen genau definiert.

Der Österreichische Weinbauverband hat mit dem Gütesiegel „Nachhaltig Austria“ bereits vor Jahren einen anderen Weg eingeschlagen. „Nachhaltig Austria“ basiert ausschließlich auf wissenschaftlichen Maßnahmen, welche mit praktischen Zugängen nachhaltig exakt definiert und bewertet sind. Ziel ist eine ressourcen- und umweltschonende Produktion mit sozialem und regional ökonomischem Verantwortungsbewusstsein. 

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Die Beikrautbekämpfung im Unterstockbereich stellt eine Heraus­forderung dar – auch sie ist Teil einer ganzheitlichen Bewertung © W. Kaltzin

Gesamtheitliche Betrachtung

Im Mittelpunkt des Gütesiegels steht die Idee der Gesamtheit. Das bedeutet, dass nicht nur einzelne Aktivitäten im Weingarten, wie z.B. Pflanzenschutz in der Traubenproduktion, berücksichtigt werden, sondern alle Produktionsschritte, von der Weingartenanlage bis zur Weinvermarktung in der Flasche. In Summe handelt es sich hierbei um rund 360 Maßnahmen in neun Nachhaltigkeitsbereichen: Qualität, Sozial, Ökonomie, Klima, Material, Energie, Boden, Biodiversität und Wasser. Was das Gütesiegel „Nachhaltig Austria“ einzigartig macht, ist der Fokus auf die Auswirkungen der unterschiedlichen Zusammenhänge. 

Wer in und mit der Natur wirtschaftet, weiß um die extreme Komplexität von natürlichen Zusammenhängen. Durch ein Bewertungssystem werden alle Aktivitäten in den neun Nachhaltigkeitsbereichen innerhalb einer Skalierung zwischen –10 und +10 gewichtet. Selbstverständlich können nicht alle rund 360 Maßnahmen perfekt erfüllt werden, jedoch ist es möglich, dass durch viele positiv bewertete Maßnahmen schlechter bewertete Aktivitäten teilweise neutralisiert werden. Im Vergleich zu anderen Branchen geht der Österreichische Weinbauverband somit den gesamtheitlichen Weg.

Jahreszeitenbedingt spielt die Beikrautbekämpfung eine wichtige Rolle. Entgegen der üblichen Prämisse, alle gesetzlich erlaubten Maßnahmen zuzulassen, hat der Österreichische Weinbauverband in der Nachhaltigkeitszertifizierung ein Glyphosat-Verbot vorgeschrieben. Alternativen zum Herbizid-Einsatz können etwa thermische oder mechanische Beikrautbekämpfung sein. Sollten diese nicht mit Gerätekombinationen erfolgen und damit ebenfalls höhere Ressourcenaufwendungen oder auch Bodenverdichtungen verursachen, so muss diese „Aktivität“ für eine nachhaltige Zertifizierung wiederum „neutralisiert“ werden. Ziel ist es, mittelfristig eine ökologische Alternative zum derzeitigen Herbizid-Einsatz auch für den Biologischen Weinbau zu entwickeln. Unter der Leitung einer deutschen Forschungseinrichtung sind österreichische Forschungsinstitutionen (HBLA u. BA Klosterneuburg, HBLFA Wieselburg, AGES, BOKU) diesbezüglich bereits innovativ tätig. 

Gütesiegel als Vorreiterrolle

Das Gütesiegel „Nachhaltig Austria“ bewertet Nachhaltigkeit mit seiner wissenschaftlichen, tief greifenden und komplexen Idee der Gesamtheit auf allen Ebenen. Die österreichische Weinwirtschaft nimmt mit dieser Zertifizierung international eine Vorreiterrolle ein und ist richtungsweisend für unzählige Wirtschaftsbereiche. Nicht nur für die Landwirtschaft. #