Klimawandel und Umweltzerstörung sind existenzielle Bedrohungen für Europa und die Welt. Mit dem europäischen Grünen Deal will die EU den Übergang zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft schaffen. Die markanteste Maßnahme, die den Weinbau betrifft, ist die geplante Einsparung von 50% des verwendeten Pflanzenschutzmittels bis 2030 © Website der Europäischen Kommission
Erreicht werden soll dieses große Ziel durch Maßnahmen wie das Auslaufen von nicht erneuerbaren Energien wie Kohle, Erdöl und Erdgas, Steigerung des Anteils an Passivenergiegebäuden, Steigerung des öffentlichen Verkehrs, Reduktion des Materialverbrauchs und auch Steigerung der Biodiversität. Für die Landwirtschaft will man diesen Zielen mit der „Farm to Fork“-Strategie begegnen, also dem Ziel, dass die nachhaltigen Aspekte der Lebensmittelproduktion vom Hof bis auf den Teller nachverfolgt werden. Mit einem Zehnjahresplan soll die europäische Lebensmittelproduktion nachhaltiger und umweltfreundlicher werden. Erreicht werden soll das Ziel mit teilweise durchaus radikalen Ansätzen, die von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden sollen:
- Anhebung des Anteils an biologischer Landwirtschaft an der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf 25% bis 2030. Ein Ziel, das zum Beispiel für Österreich mit 26% Biofläche bereits jetzt erfüllt werden kann (auch in der Weinwirtschaft kommen wir bereits auf 16%).
- Reduzierung der Nährstoffverluste um 50%. Das ist gerade für die Weinwirtschaft ein schwierig darstellbares Ziel, wo wir doch seit den EU-Erosionsschutz-Maßnahmen mehr oder weniger flächendeckende Begrünung nachweisen können.
- Reduzierung des Einsatzes von Düngemitteln um 20% bis 2030. Auch diese Forderung ist schwierig darzustellen, wird doch im Weinbau bisher schon relativ wenig gedüngt, also maximal eine Erhaltungsdüngung durchgeführt.
- Reduktion des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel um 50% bis 2030 (SUR-Richtlinie). Unabhängig davon, dass heutzutage ohnehin niemand mehr Pflanzenschutz betreibt als unbedingt notwendig, hinterlässt eine derartige Forderung einen gewissen Eindruck von Populismus. Sie entbehrt in gewissem Maße den Sinn für Realität. Wie soll ein Land wie Österreich mit einem derart hohen Anteil an Bioflächen und integrierter Landwirtschaft weitere 50% an Pflanzenschutzmitteln einsparen. Österreich kann jetzt schon darstellen, dass in den vergangenen zehn Jahren chemisch synthetische Pflanzenschutzmittel um 22% reduziert wurden. Wie sollen in den nächsten zehn Jahren weitere 50% reduziert werden? Hier bedarf es einer genauen Beurteilung der einzelnen Mitgliedsstaaten, von welchem Niveau des Aufwandes an Pflanzenschutzmitteln ausgegangen wird. Außerdem bedürfen alternative, „weniger gefährliche“ Pflanzenschutzmittel in der Regel auch höheren Aufwandmengen. Pilze, wie zum Beispiel Echter und Falscher Mehltau, können nur dann hintangehalten werden, wenn ein vorbeugender Schutz vorliegt. Das gilt für den Bioweinbau und auch für den konventionellen Weinbau.
Keine radikale populistische Pauschalreduktionsansage, sondern ein ganzheitlicher, integrierter und nachhaltiger Pflanzenschutz sollte das Ziel einer derartigen Verordnung sein. Dazu wird ein Zugang zu möglichst vielen agronomischen, züchterischen (PIWI), digitalen (Smart Farming), biotechnologischen (Pheromone), biologischen (Nützlinge) aber auch chemischen (Wirkstoffe mit noch gezielterem Wirkungsspektrum) Lösungen notwendig sein. Denn ein möglichst vielfältiger Werkzeugkoffer an Betriebsmitteln ist für die Gesunderhaltung der Kulturpflanzen essenziell, da aufgrund des Klimawandels künftig ohnehin mit höherem abiotischem Stress, steigendem Schädlingsdruck und auch mit neuen Schädlingen zu rechnen ist.