Leitartikel 09-2021

Weinernte ante portas

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 07.09.2021 - 15:51
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Ein frisch-fruchtiger Jahrgang 2021 wartet auf seine finale Reife – ein trockener Herbst könnte die zum Teil großen Niederschlags­mengen im Sommer egalisieren © W. Kaltzin

Mit moderater Winterfeuchte hat das heurige Vegetationsjahr sehr wechselhaft begonnen. Im März und April wechselten sehr kühle mit sehr warmen Phasen ab, wobei es insgesamt sehr trocken war. Der Rebaustrieb fand dann vielfach auch relativ spät, gegen Ende April, statt. Ein relativ kühler Mai hat die Entwicklung der Reben etwas zurückgehalten, was im Hinblick auf Spätfrostgefahr durchaus als positiv einzustufen war. 

Andere Länder hatten hier weniger Glück. So sind weite Teile Frankreichs aber auch Italiens und teilweise Deutschland von massiven Spätfrostschäden betroffen, was sich insgesamt auch auf den europäischen Weinmarkt auswirken sollte.

Die Blüte fand zwar aufgrund des kühlen Maies erst Mitte Juni relativ spät statt, verlief aber wegen der Anfang Juni einsetzenden Hitze sehr rasch. Bereits ab dem Juni gab es im heurigen Jahr viele Hitzetage über 30°C und mit der heißen feuchtigkeitsgesättigten Luft kamen dann auch massive Niederschläge mit Hagel und Starkregen. Großräumige Hagelgewitter am 24.Juni haben im Weinviertel an die 1.000 Hektar massiv geschädigt. Hitze und Niederschläge begleiteten dann den Juli, wobei es in vielen Weinbaugebieten zu weiteren nennenswerten Hagelereignissen gekommen ist, wie in der Wachau, in Wien, im Mittelburgenland, in der Südsteiermark und im Vulkanland. Starkregenereignisse im Kremstal und im Traisental führten zu teilweise massiver Erosion. Aufgrund der Niederschläge und der hohen Temperaturen gab es starken Pilzdruck in den Weingärten, weswegen dem Pflanzenschutz ein besonderes Augenmerk zu widmen war. 

Trotz des relativ späten Austriebes und der Blüte hat das durch Feuchtigkeit und Hitze geprägte wüchsige Wetter zu einer beschleunigten Reifeentwicklung geführt, weswegen wir in der Reifeentwicklung mittlerweile auf Vorjahresniveau liegen. In den meisten Gebieten wird von einem Vegetationsrückstand von mittlerweile maximal einer Woche im Vergleich zum Vorjahr gesprochen. 

Mengenmäßig werden wir – ganzheitlich betrachtet – von einer durchschnittlichen Erntemenge ähnlich dem Vorjahr ausgehen können (Burgenland etwas darunter). Der Rebansatz war durchwegs gut, wobei vereinzelt aufgrund der Hitze während der Blüte eine Verrieselung der Trauben beobachtet werden konnte. Alle hoffen nun auf einen schönen und vor allem trockenen Herbst, um eine ausreichende physiologische Reife bei gesundem Lesegut abwarten zu können. Ähnlich dem Vorjahr könnte der Jahrgang fruchtige und harmonische Weine mit ausreichendem Säuregerüst hervorbringen. 

CR Prof. DI Josef Glatt, MBA