Die Kennzeichnung bzw. Etikettierung von Lebensmitteln und die diesbezüglichen spezifischen Vorschriften haben im Wesentlichen zwei Funktionen:
• Informationen über das Produkt zu liefern
• Informationen zum Schutz des Konsumenten zu geben
Produktinformation
Die einschlägigen Spielregeln betreffend vorgeschriebener Informationen über ein Lebensmittel liefern die Lebensmittelkennzeichnungsrichtlinien und die sogenannte Zutatenrichtlinie. Das Produkt selbst, aber auch die Zutaten bzw. Hilfsstoffe, die bei der Herstellung, Haltbarmachung etc. des Produktes verwendet wurden, sind auf dem Etikett aufzulisten. Beim Wein mit seinem spezifischen Weinrecht waren immer andere Produktinformationen für den Konsumenten wichtig. Weniger Informationen darüber, dass Wein unter Zuhilfenahme von Hefe einer alkoholischen Gärung unterzogen wurde bzw. welche sonstigen Behandlungen der Wein während seiner Entstehung unterzogen wurde, sind wichtig, sondern Informationen über die Herkunft (der Trauben), die verwendeten Rebsorten und der Jahrgang sind neben dem Erzeuger die wesentlichen Angaben, die den Konsumenten interessieren.
Unverständlich sind daher die Bestrebungen auf europäischer Ebene, alkoholische Getränke (und damit auch Wein) in die Regelung der Angabe der Zutaten miteinzugliedern. Soll dann die alkoholische Gärung samt Hefe und sonstigen önologischen Verfahren auf dem Etikett angegeben werden, wo doch die Bezeichnung "Wein" schon per Definition eine alkoholische Gärung voraussetzt? Vielmehr sieht es danach aus, dass die Europäische Kommission jene Behandlungen, die nach der Gärung zur Stabilisierung, Klärung und Harmonisierung bis zur Abfüllung durchgeführt werden, zukünftig kennzeichnen lassen will, wenn sich diese Behandlung (Zutat) im fertigen Wein wiederfindet (Süßung, Holzeinsatz, Metaweinsäure etc.). Das führt dann unweigerlich zur Diskussion, welche Behandlungsmittel im fertigen Wein noch nachzuweisen sind. Schönungen zum Beispiel werden nach deren Absetzen wiederum aus dem Wein entfernt. Man sieht schon, vom Flair des elitären Produktes Wein, dessen Charakter von Herkunft (Terroir), Sorte und Jahrgang geprägt ist, bleibt dann nicht mehr viel über.
Konsumentenschutz
Neben der Produktkennzeichnung samt Inhaltsstoffen sind Angaben zum Schutz des Konsumenten ein zweiter Schwerpunkt in der Lebensmittelkennzeichnung. Hier sind alkoholische Getränke grundsätzlich nicht ausgenommen und die Angabe des Alkoholgehaltes auf den Etiketten eine zentrale Information seit langem. Relativ neu ist die Verpflichtung der Angabe von Inhaltsstoffen oder Zutaten mit allergenem Potenzial. Personen, die gegen bestimmte Stoffe allergisch sind, sollen bereits auf dem Etikett darauf hingewiesen werden. Deshalb hat seit Ende 2004 jedes Weinetikett die Information "enthält Sulfite" zu enthalten. Schwierig wird es speziell im Export, da diese Angabe in fast jedem Mitgliedstaat der EU in der jeweiligen Landessprache vorzunehmen ist. Diskutiert wird derzeit über eine Vereinheitlichung dieser Angabe in einer Sprache (z. B. Englisch) oder durch die Kennzeichnung mittels eines Symbols. Nicht endgültig geregelt ist die Problematik des allergenen Potenziales von Schönungsmittel, die auf Milch-, Hühner- und Fischeiweiß basieren. Hier ist von der Weinwirtschaft durch wissenschaftliche Studien nachzuweisen, dass Wein, der mit derartigen Schönungsmitteln behandelt wurde, kein allergenes Potenzial besitzt. Die Kellereiartikelindustrie arbeitet daher auch schon an der Entwicklung von Schönungsmitteln auf der Basis von pflanzlichen Proteinen.
Angesichts der Problematik der zugegeben bestehenden Gefahr des Alkoholmissbrauchs in der Gesellschaft gibt es einige Hardliner in der EU, die sich eine plakative, abschreckende Kennzeichnung des Sucht- und Gesundheitsrisikos von alkoholischen Getränken ähnlich den Gesundheitswarnungen auf Rauchwaren vorstellen. Abgesehen davon, dass eine derartige Kennzeichnung bereits bei den Zigarettenpackungen nichts gebracht hat (der Konsum ist nicht zurückgegangen), würde eine derartige Vorgangsweise wohl das Kind mit dem Bade ausschütten. Alkoholmissbrauch muss durch gesellschaftspolitische und soziale Maßnahmen bekämpft werden und nicht durch eine Verteufelung des Alkohols.
Dies zeigen auch jene Millionen Konsumenten in Europa, die durch moderaten Weinkonsum bis ins hohe Alter ein hohes Maß an Ausgeglichenheit, Genuss und gesundheitlichem Wohlbefinden erfahren. Dies bezeugen im Übrigen auch unzählige wissenschaftliche Studien. Aber das dürfen wir bis dato nicht auf das Etikett schreiben.