Minutenschnelle Analyse

Künstliche Intelligenz als professioneller Weinverkoster?

Ein Artikel von Julia Dittinger BSc | 05.06.2023 - 14:41
KI_Hypertaste_2023_IMC.jpg

Hypertaste wird mit seinen Sensoren in den Wein getaucht und misst innerhalb einer Minute den chemischen Fingerabdruck der Flüssigkeit. Die im Hintergrund des Systems liegende künstliche Intelligenz kann anhand dieses Fingerabdrucks auswerten, um welchen Wein es sich handelt  © J. Dittinger

Bei der Student Wine Fair am IMC Krems schenken jährlich die Studierenden des Bachelorstudiengangs „International Wine Business“ diverse internationale Weine für geladene Gäste aus und stellen damit ihre Kenntnisse über den globalen Weinbau unter Beweis. Die heurige Veranstaltung hatte einen besonderen Höhepunkt: Experten des internationalen IT-Konzerns IBM präsentierten mit „Hypertaste“ eine handliche „digitale Zunge“, die mit der Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) den chemischen Fingerabdruck eines Getränks analysieren und auswerten kann. Mit anderen Worten, der kleine Sensor kann Weine verkosten und beschreiben.

Zur Analyse eines unbekannten Weines wird das etwa handtellergroße Gerät mit seinen Sensoren in die Flüssigkeit getaucht und weniger als eine Minute später kann eine Smartphone-App bereits die Ergebnisse anzeigen. Die elektrochemischen Sensoren messen den sogenannten „chemischen Fingerabdruck“ des Getränks (für die Flüssigkeit charakteristische Molekül-Spannungen) und wandeln ihn in einen „digitalen Fingerabdruck“ um. Zur Identifizierung der Weine greift das System dann auf eine künstliche Intelligenz zurück, die anhand unzähliger analysierter Weine eine Datenbank aus den digitalen Fingerabdrücken erstellt hat, in der sie den zu analysierenden Wein wiederfinden kann. Auf der Student Wine Fair am IMC Krems Mitte April demonstrierten die Experten von IBM die Treffsicherheit des Geräts im Rahmen einer Verkostung von drei verschiedenen Riesling-Weinen. Die KI konnte die Weine präzise unterscheiden und richtig benennen.

KI_Vortrag_Hypertaste_2023_IMC.jpg

Mitte April stellten Experten von IBM das System „Hypertaste“ am IMC Krems vor. Es kann auf unterschiedlichste Anforderungen trainiert werden. Aktuell befindet sich die künstliche Intelligenz hinter diesem System in der Lernphase  © J. Dittinger

Grundsätzlich kann das System alles Wesentliche rund um das Weinverkosten lernen. Füttert man die KI mit ausreichend Weinproben, kann sie etwa Weine erkennen, sie nach verschiedenen Kriterien beschreiben, Weinfehler feststellen, vorhersagen, wie ein Wein schmecken wird oder sogar abschätzen, ob die Weine von einer bestimmten Zielgruppe gerne getrunken werden. Daher stellt sich der zukünftige Einsatzbereich der Technologie als sehr divers dar. Die Entwickler sehen Hypertaste etwa im Weinhandel zur Identifizierung von Weinen oder bei Winzern oder Weinsammlern, die sich eine zweite Meinung von dem vorliegenden Wein einholen wollen. Das Gerät wird für wenige Hundert Euro zu kaufen sein, heißt es. Hypertaste soll neben der Weinbranche auch im Markt für Säfte, Kaffee und Brände oder als schnelle Möglichkeit zum Testen von Medizin Anwendung finden.

Aktuell ist die Hardware von Hypertaste einsatzbereit, die KI im Hintergrund bedarf noch etwas an Lernzeit. Die Entwickler sind daher auf der Suche nach interessierten Weinhändlern, -sammlern und auch Winzern, die zum Lernen der künstlichen Intelligenz beitragen wollen. Während Interessierte mit der neuen Technologie herumprobieren, lernt die KI dabei immer weiter dazu. Dafür stellt IBM das Gerät zur Verfügung, Interessierte können sich dafür bei den Entwicklern melden.

J. Dittinger