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WEINernte vs. WeinBestand 2018

Werkstatt unter freiem Himmel

Ein Artikel von DI Walter Kaltzin | 01.03.2019 - 14:18

Entgegen den drei Ernteschätzungen der amtlichen Weinschätzer, die parallel zur Lese ihre Erwartungen bekanntgeben, fiel das endgültige Ergebnis der Weinerntemenge 2018 deutlich geringer als erwartet aus. War im Oktober noch von einer Menge von 3,2 Mio. hl die Rede, so ergibt sich aus der Summe aller betrieblichen Erntemeldungen, die von der Bundeskellereiinspektion erfasst und vom Ministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus veröffentlicht werden, eine Menge von 2,75 Mio. hl. Dies entspricht in etwa den im Spätsommer geäußerten Erwartungen des Weinbauverbands.

Grafik: Weinproduktion Österreich Bundesländer
Grafik: Weinproduktion Österreich Rot – Weiß

Charakteristisch für das Weinjahr 2018 waren die frühe und kurze Rebblüte sowie die außergewöhnlich frühe Lese. Spätfröste und dadurch bedingte Schäden blieben aus. Der enorme Vegetationsvorsprung ließ früh qualitativ und quantitativ hohe Erträge erwarten, weshalb auch die zulässige Hektarhöchstertragsmenge per Verordnung landesweit angehoben wurde.

Niederösterreich und Burgenland im Plus
Der Mengenzuwachs von knapp 270.000hl (+10,8%) zu 2017 ergibt sich aus höheren Erträgen in Niederösterreich (1,69 Mio. hl; +15%) sowie aus Zuwächsen im Burgenland (784.900hl; +7%) und in Wien (28.800hl; +10%). Die starken Niederschläge während der Blütezeit und der Selektionsaufwand nach dem Regen Anfang September führten in der Steiermark (Grafik) mit 241.300 hl dagegen zu einer um 6% geringeren Ernte als 2017, im Vergleich zum schwachen Fünfjahresschnitt aber noch immer ein Plus von 24%. Das größte Weingebiet der Steiermark, die Südsteiermark, erntete mit 122.700hl ein Minus von 15% gegenüber 2017.
Im Burgenland (Grafik) wurde der schwache Ernteschnitt der letzten fünf Jahre um 34% übertroffen. Erntezuwächse verzeichneten das Gebiet Neusiedlersee (486.600hl;  +10% zu 2017) und Leithaberg (150.200hl; +17%), während hingegen die Erntemenge im Mittelburgenland (126.100hl; –10% zu 2017) zurückging. In Summe profitierten vor allem Weißweine (355.900hl; +15% zu 2017) von den Witterungsbedingungen, während Rotweine mit einer Erntemenge von 429.000hl annähernd auf Vorjahresniveau blieben (+1% zu 2017).
Niederösterreich
(Grafik) hat mit 1,69 Mio. hl den Ernteschnitt der letzten fünf Jahre um 20% übertroffen. Der Zuwachs betraf sowohl Weißweine (1,29 Mio. hl, +16% zu 2017) als auch Rotweine (406.800hl, +14% zu 2017). Besonders deutlich stiegen die Erntemengen im Weinviertel (878.400hl; +18% zu 2017) sowie im Kremstal (159.700 hl; +26% zu 2017), die im Vorjahr trockenheits- und spätfrostbedingt Ernteeinbußen zu verzeichnen hatten (G.
In Wien betrug die Erntemenge 28.800hl, was gegenüber dem Rekordergebnis des Vorjahres einen weiteren Zuwachs von 10% bedeutete (+23% im Vergleich zum Fünf-Jahres-Schnitt).

Im Hinblick auf die Weinprodukte standen bei Qualitäts- und Prädikatsweinen mit 2,56 Mio. hl um 10% höhere Mengen als 2017 zur Verfügung (+26% im Vergleich zum Fünf-Jahres-Schnitt). Im Segment Wein/Landwein (inkl. Sortenwein und Sturm) wurde mit 158.800hl ein Plus von 29% verglichen mit dem Vorjahr ermittelt (+6% zum Fünf-Jahres-Schnitt). Weitere Details dazu in der Tabelle und Datacube-Abb. 2.

Weiterer Exportrekord in Aussicht?
Die reiche Erntemenge bei vollreifem Traubenmaterial stellt für den Jahrgang 2018 eine optimale Ausgangslage dar, um die positive Entwicklung des Absatzes im In- und Ausland fortzusetzen. Hervorragende Qualitäten wurden besonders von jenen Betrieben erzeugt, die mit dem heißen Sommer gut umgehen konnten. Ein Sprung von 159 auf über 170 Mio. Euro im Export rückt näher, zeigt sich die ÖWM zuversichtlich.

Weinbestand steigt leicht
Mit Stichtag 31. Juli verzeichnete der Weinbestand 2018 mit 2,66 Mio. hl ein Plus von 12% zu 2017, womit der rückläufige Trend der letzten Jahre gebrochen wurde (siehe Winzer-Datacube-Abb. 3). Besonders deutlich fiel der Lagerzuwachs im Vergleich zum Vorjahr in der Steiermark (+40% auf 213.400hl) und im Burgenland (+23% auf 680.000hl) aus. Auch in Niederösterreich (+5% auf 1,63 Mio. hl) und Wien (+17% auf 114.000hl) nahmen die Weinbestände zu. Sowohl Weißweine (1,52 Mio. hl; +12% zu 2017) als auch Rotweine (1,14 Mio. hl; +12% zu 2017) verzeichneten Zuwächse (Grafik).
Am Sektor der Qualitäts- und Prädikatsweine nahmen die Bestandsreserven auf 2,15 Mio. hl (+14% zu 2017) zu, wobei für Niederösterreich, wo sich das umfangreichste Qualitäts- und Prädikatsweinlager (1,35 Mio. hl; Anteil von 63%) befand, ein Plus von 6% erhoben wurde. In der Steiermark (158.700hl; +73%) und im Burgenland (601.500hl; +25%) erhöhten sich die Bestände gegenüber 2017 ebenfalls deutlich. Der Bestand an weißem Qualitäts- und Prädikatswein belief sich auf 1,18 Mio. hl (+15% zu 2017), an rotem auf 965.300hl (+13%).
Bei Wein/Landwein (inkl. Rebsortenwein und Sturm) wurde ein Lagerzuwachs auf nunmehr 270.600hl (+17% zu 2017) notiert, wobei damit 8% weniger als im Fünf-Jahres-Mittel gelagert war. Das Wein/Landweinlager setzte sich aus 171.700hl Weißwein (+16% zu 2017) sowie 98.900hl Rotwein (+20% zu 2017) zusammen.

Grafik: Weinbestand Produktgruppen
Grafik: Weinbestand vs. Weinproduktion

Der Markt spiegelt Zahlen wider
Mit einer weiteren Zunahme des Bestands muss aufgrund der großen Ernte 2018 klarerweise gerechnet werden, die marktwirtschaftlichen Folgen haben sich längst auf den Preis von Fassweinen am freien Weinmarkt niedergeschlagen.
Abb. 3 (Winzer-Datacube) stellt die Erntemengen der vergangenen 20 Jahre dem Weinbestand gegenüber. Klar ersichtlich wird, wie die Größe der Ernte die Bestandszahlen im darauffolgenden Jahr beeinflusst. Die Preisgestaltung folgt dem in der Regel freien Spiel von Angebot und Nachfrage am Fuß. Beispiele? Als Folge der schwachen Ernten in 2010 (Verrieselung, Fäulnis) und 2016 (Spätfrost!) stiegen die Fassweinpreise auf über 1€/l für Grüner Veltliner an, um dann in einer Überschusssituation wie mit der Ernte 2018 in den Keller abzusacken (bis zu –75%). Und dies zeigt sich mehr oder weniger völlig losgelöst von qualitativen Aspekten der Fassweine.

Ist die Misere hausgemacht?
Der Handel braucht Kontinuität, ist eine der Antworten darauf. Ein im internationalen Vergleich hohes Preisniveau beim Fasswein hat einerseits dazu geführt, dass etwa naheliegende Märkte wie Deutschland nicht mehr bedient werden können. Und andererseits haben am Heimmarkt im Billigsegment ausländische Weine Fuß gefasst. Zunächst aus dem zuverlässig liefernden Italien, später sogar aus dem fernen Südafrika. Mittlerweile haben sich die Kunden geschmacklich auf diese Weine eingestellt. „Sie sind keine Überflieger, aber sie funktionieren“, bringt es ein Sensal auf den Punkt.
Ist einmal ein Regalplatz im Lebensmittelhandel verloren, so ist es kein Leichtes, ihn zurückzugewinnen. Dazu sind zumeist Preiszugeständnisse erforderlich. Angesichts des aktuell niedrigen Preisniveaus sollte das kein Problem darstellen, doch auch rund um Österreich hat es der Wettergott gut gemeint und für große Ernten gesorgt. Die weinbaulichen Schwergewichter wie Italien, Frankreich und Spanien ernteten wesentlich mehr als in den Vorjahren. Die Folge: Die weltweite Produktion übersteigt den Weinkonsum massiv, die Welt kehrt nach der kleinen europäischen Ernte von 2017 wieder zur Überschuss-situation zurück. Besonders beachtenswert: Deutschland kann auf eine sehr große Produktion 2018 zugreifen.

Kleines Fazit: Die Werkstatt der Winzer liegt unter freiem Himmel. Auch wenn es durch gezielten Anschnitt und Ausdünnmaßnahmen gelungen ist, extreme Produktionsausschläge zu verringern, so werden größere Jahrgangsschwankungen in quantitativer Hinsicht immer schwerer zu vermeiden sein. Mit dem Klimawandel – Stichwort Spätfröste – steigt die Herausforderung. Der Idealfall bei der Preisgestaltung für Fassweine wäre eine Findung in der Mitte, damit alle Marktbeteiligten (über-)leben und eine kontinuierliche Belieferung der Märkte möglich ist. 

WINZER-Datacube auf ww.der-winzer.at

Seit dem März 2019 gibt es auf der Homepage vom Winzer eine technische Bereicherung. Der WINZER-Data-Cube ermöglicht, nüchterne Zahlen(reihen) optisch übersichtlich aufzubereiten. Mit dem Winzer-Datacube können Beobachtungszeiträume frei gewählt und der Fokus auf spezielle Entwicklungen gelegt werden.
Durch die Veröffentlichung auf der Online-Schiene stehen fast unbegrenzt Platzressourcen zur Verfügung. Aktuell können etwa die Erntedaten der Bundesländer und ihre Gebiete genauer betrachtet werden. Weitere Auswertungen von österreichischen Daten zu Export, Import und Konsum folgen, ebenso Zahlen aus der internationalen Welt des Weines.