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Blattgallen sind auch in Österreich relevant © Alle Fotos: Forneck; Porträtfoto: Schlossnikel

Reblaus-Blattgallen & -Biotypen

Ein Artikel von Astrid Forneck | 08.11.2013 - 09:57

Unter der Schirmherrschaft der ISHS (International Society of Horticultural Sciences) stellten mehr als 50 Wissenschaftler neueste Ergebnisse aus dem Forschungsbereich von Reblaus und Unter­lagsreben vor. Erstmals wurden Ergebnisse des im 5. Int. Reblaus-Symposiums (2010, BOKU in Wien) initiierten internationalen Projektes „Reblaus-Genom“ präsentiert.

Grundlagenorientierte Forschung an Reblaus und Unterlagsreben wird in nur wenigen Arbeitsgruppen weltweit durchgeführt, wesentliche Beiträge hieraus wurden hinsichtlich der Biologie der Reblaus, der Rebe-Reblaus-Interaktionen sowie der physiologischen Effekte durch die Reblaus auf die Rebe vorgestellt.

Gefahrenpotenzial

Berichte von vermehrt auftretendem Blattgallenbefall an Edelreisern in Europa (Schweiz, Deutschland, Öster­reich, Ungarn) zeigen verstärkt die Notwendigkeit der Aufklärung über das Gefahrenpotenzial der Reblaus auch am Blatt. Die in europäischen Weinkulturlandschaften inzwischen oftmals tolerierten verwilderten Unterlagsreben an Böschungen oder in aufgelassenen ­Weingärten (Drieschen) lassen ideale Habitate für sehr große Reblauspopulationen entstehen, die sich in benachbarte Weingärten verbreiten und sowohl Blätter wie auch Wurzeln befallen können. Durch die gigantischen Populationsgrößen erhöht sich der Selektionsdruck auf die Population und neue Reblausbiotypen können entstehen.

Dieser Annahme und ersten tatsächlichen Anzeichen hierfür hat die ISHS Phylloxera Working Group (Arbeitsgruppe Reblaus) Rechnung getragen und ein weltweites Biotypen-Screening initiiert: Weltweit wird in sechs Arbeitsgruppen (AT, AU, USA, FR, HU, CN) ein Biotypisierungsprotokoll etabliert, nachdem alle besonders aggressiven Reblauslinien gescreent werden sollen. Besonderes Augenmerk wird auf Blattgallenpopulationen auf Edelreisern gelegt.

„PIWI“-Rebsorten empfindlich
Darüber hinaus zeigt sich, dass die Blätter von Edelreisern in nahen Weingärten stark befallen werden können. Das gilt besonders für ­manche „PIWI“-Rebsorten (mit eingekreuzten Genen aus anfälligen ­Vitis-Arten). Massiver Blattgallen­befall hat Einfluss auf Ertrag und ­Vitaliät der Rebe durch Störung der Photosynthese, des Kohlenhydratstoffwechsels mit Effekten auf die Frostreife und Fruchtbarkeit im kommenden Jahr. Nicht zuletzt erhöht sich die Gefahr von Sekundärinfektionen durch Schadpilze und Insekten.

Die Kernfragen

Die Wissenschaftler haben einen Fragenkatalog entwickelt, der für die kommenden Jahre von besonderer Bedeutung für Reblaus-Forschungsprojekte sein wird. Wesentliche Punkte sind:

(1) Risikomanagement in Reblaus-befallenen Rebanlagen vor dem Hintergrund von Klimaveränderung und sich verändernden Bewirtschaftungsweisen (z. B. integriert vs. ökologisch);

(2) Unterlagsrebenzüchtung gegen Reblaus und andere abiotische Stressfaktoren (z. B. Kalkgehalte im Boden) und Erschließung neuer Resistenzquellen gegen die Reblaus und Nematoden;

(3) Grundlagenforschung am Genom der Reblaus und Erforschung von aktivierten Genen durch Wurzelschädlinge (Genexpression) und deren systemische Effekte bei der Rebe.

Das 7. Internationale Reblaus-Symposium wird 2016 an der University of California, Davis, USA, stattfinden.

Kampf gegen Reblaus


Astrid Forneck koordiniert als wiedergewählte Vorsitzende der „ISHS Phylloxera Working Group“ ein weltweites Reblaus-Biotyping-Projekt mit dem Ziel, aggressive Biotypen zu katalogisieren. Forneck ist Mitbegründerin der Reblaus-Genom-Initiative und arbeitet mit ihrem Team an der Erforschung von Reblausresistenz in Unterlagsreben und deren Beeinflussung durch aggressive Biotypen, Umweltfaktoren und Bewirtschaftungsweisen. Für die Entwicklung von Quarantäne-Managementstrategien im Bezug auf Rebläuse wurde Forneck 2013 mit einem OECD-Forschungspreis ausgezeichnet.

Die Autorin

Astrid Forneck, Professorin für Wein- und Obstbau an der BOKU
E-Mail: astrid.forneck@boku.ac.at