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Frizzante als wichtiges Produkt im Portfolio – nicht nur im Ruster Weingut Regina und Günter Triebaumer

Frizzante ein „Urprodukt“?

Ein Artikel von red. | 09.03.2015 - 09:38
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Frizzante als wichtiges Produkt im Portfolio – nicht nur im Ruster Weingut Regina und Günter Triebaumer

Die Weinproduktion in der besonderen Form von Perlwein bzw. Frizzante erfreut sich zurzeit besonderer Beliebtheit. Die beitragsrechtliche ­Behandlung der daraus erzielten Ein­nahmen in der bäuerlichen Sozialversicherung wirft jedoch Fragen auf. Besteht eine besondere Melde- und Beitragspflicht für Perlwein? Basis ist die Frage: Handelt es sich beim ­Frizzante um ein Urprodukt oder um ein Produkt der Be- und Verarbeitung (wie bei Sekt/Schaumwein)? An diese Unterscheidung knüpft das Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) unterschiedliche Rechtsfolgen. Während die Vermarktung von Urprodukten selbstverständlich durch die (aus dem Einheitswert abgeleitete) pauschale Beitragsgrundlage abgedeckt ist, sind die Einnahmen aus der Be- und Verarbeitung gesondert melde- und beitragspflichtig.

Unterschiedliche Rechtsmeinung
Die Sozialversicherungsanstalt der Bauern geht im gegebenen Zusammenhang eben von einer derartigen Melde- und Beitragspflicht aus. Sie fordert – in den Fällen vermeintlicher Verstöße gegen die Meldepflicht – die hieraus resultie­renden Beiträge für einen Beitragszeitraum von bis zu fünf Jahren nach. Nun ist einzuräumen, dass es sich bei dieser Beurteilung sicherlich um eine vertretbare Rechtsauffassung handelt. Andererseits gibt es auch gute Argumente, die für die Behandlung des Frizzante als Urprodukt sprechen. Eine Klärung wird wohl nur im Rechtsweg zu erlangen sein. In letzter Instanz entscheidet ­darüber der Verwaltungsgerichtshof.

Was können betroffene Winzer tun?
Wer mit der Beitragsvorschreibung nicht einverstanden ist, sollte von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern zunächst die Ausstellung eines Bescheides verlangen. Bloße beitragsrechtliche Mitteilungen können nicht bekämpft werden. Sobald ein Bescheid vorliegt, kann innerhalb von vier Wochen nach Zustellung eine begründete Bescheidbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht werden. Es bestehen hierfür weder Anwaltszwang noch be­sondere Kostenrisiken. Auf Wunsch stellt die NÖ Landes-Landwirtschaftskammer ein Muster für die ­Bescheidbeschwerde zur Verfügung. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Sollte sich die Rechtsansicht der Sozialversicherungsanstalt der Bauern durchsetzen, müssen die Beiträge natürlich nachentrichtet werden.

Sinnvoller Rechtsweg?
Betroffene, die Vorschreibungen bzw. Nachforderungen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern im ge­gebenen Zusammenhang akzeptieren, „profitieren“ nicht automatisch von einer höchstgerichtlichen Entscheidung gegen die Beitragspflicht. Selbst wenn die Feststellung der Beitragspflicht nicht durch Bescheid erfolgt ist, können ungebührlich entrichtete Beiträge nach Ablauf von fünf Jahren nicht mehr zurückgefordert werden.

Es ist allerdings auch zu ­bedenken, dass rund 65% der Beiträge der gesetz­lichen Pensionsversicherung gewidmet sind und somit die später zu erwartende Pensionsleistung erhöhen. Gerade Versicherte, die sich in zeitlicher Nähe zur Pensionsgewährung befinden, sollten fachliche Beratung in Anspruch nehmen, bevor sie Beitragsnachforderungen aus der Frizzante-Produktion bekämpfen.

Mag. Wolfgang Dobritzhofer, NÖ LK, Tel. 05/0259/27302
wolfgang.dobritzhofer@lk-noe.at