Strenge Kontrollen durch die Organe der Finanzpolizei haben in der jüngeren Zeit für Aufregung, mitunter auch für Empörung gesorgt. Der folgende Artikel soll einen Überblick über wesentliche Pflichten der Winzer geben, für heikle Abgrenzungsfragen sensibilisieren und das Rechtsbewusstsein für die Grenzen „freiwilliger Mitarbeit“ stärken.
Grundsätzliches zur Beschäftigung von Dienstnehmern
Dienstnehmer sind vor Arbeitsantritt bei der zuständigen Gebietskrankenkasse anzumelden. Es muss betont werden, dass Rechtsprechung und Vollziehung in diesem Zusammenhang keine Toleranz kennen. So wird ein Arbeitsantritt bereits dann unterstellt, wenn sich der Dienstnehmer arbeitsbereit im Betrieb des Dienstgebers oder in seinem Weingarten aufhält. Die Anmeldung hat vorrangig über das elektronische Meldesystem ELDA zu erfolgen. Sofern die Beschäftigung durch eine juristische Person erfolgt, ist ausschließlich diese Form der Meldung zulässig. In allen anderen Fällen kann die Anmeldung auch telefonisch, per Fax oder persönlich bei der Gebietskrankenkasse durchgeführt werden. Auch geringfügig oder bloß fallweise als Dienstnehmer beschäftigte Personen müssen angemeldet werden.
Handelt es sich bei dem Dienstnehmer um einen Ausländer, so ist zu unterscheiden, ob es sich um einen Staatsbürger der Europäischen Union oder einen Drittstaatsangehörigen handelt. Unionsbürger haben mittlerweile – mit Ausnahme der Kroaten – freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Eine Beschäftigungsbewilligung durch das Arbeitsmarktservice ist für diese Gruppe somit nicht mehr erforderlich. Kroaten und Drittstaatsangehörige unterliegen hingegen weiterhin den Beschränkungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, und eine bewilligungslose Beschäftigung wird mit hohen Strafen geahndet. Wo Beschäftigungsbewilligungen erforderlich sind, müssen auch diese bereits vor Arbeitsantritt vorliegen.
Freiwillige Mithilfe oder meldepflichtiges Dienstverhältnis?
Es handelt sich hierbei um eine leidige, oftmals großen Unmut auslösende Frage, die aufgrund der Konsequenzen aber sehr bedeutsam ist. Rechtlich gesehen ist sie relativ einfach zu beantworten. Immer dann, wenn sich jemand gegen Entgelt zur Verfügungstellung seiner Arbeitskraft verpflichtet, liegt ein Dienstverhältnis vor.
Schwieriger wird das Thema, wenn man die Vollzugspraxis betrachtet. Da der Nachweis „unter der Hand“ erfolgender Zahlungen schwierig ist, erfolgt die Beurteilung der Sachverhalte nach den Grundsätzen der „allgemeinen Lebenserfahrung“. Mit anderen Worten, wird jemand bei Dienstleistungen im Betrieb eines anderen angetroffen, so wird von einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen, sofern keine Umstände glaubhaft gemacht werden können, die gegen eine solche Annahme sprechen. Bedauerlicherweise wird in der Vollziehung oftmals nach allzu simplen „Strickmustern“ gehandelt und werden gebotene Differenzierungen unterlassen.
Verwandte und Freunde
Was bedeutet dies nun konkret für die Mitarbeit von Verwandten, Freunden und anderen freiwilligen Helfern? Sofern es sich um Verwandte in gerader Linie (Großeltern, Eltern, Kinder, Enkelkinder etc.) handelt, ist auch nach den Richtlinien der Finanzpolizei grundsätzlich von unentgeltlicher Mithilfe auszugehen. Liegt im Ausnahmefall ein echtes Dienstverhältnis vor, so ist selbstverständlich eine Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse erforderlich – für Kinder ist jedoch die Sozialversicherungsanstalt der Bauern vorrangig zuständig.
Bei weiter entfernten Verwandten kann hingegen nicht pauschal von Unentgeltlichkeit ausgegangen werden und sind letztlich die konkreten Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Prinzipiell gilt, je länger die Mitarbeit dauert und je weiter der Grad der Verwandtschaft, umso weniger wahrscheinlich erscheint unentgeltliche Mitarbeit (Lebenserfahrung).
Aussagen, wonach alle anderen Verwandten (also ohne Verwandtschaft in gerader Linie) stets bei der Gebietskrankenkasse angemeldet werden müssen, sind in dieser Allgemeinheit rechtlich falsch. Vielmehr ist zu unterscheiden, ob die Mitarbeit aus dem Grund familiären Zusammenhaltes auf freiwilliger Basis erfolgt (das heißt, der Helfer keine rechtliche Verpflichtung zur Mithilfe eingeht) oder ob Geld- bzw. relevante Gegenleistungen in anderer Form im Spiel sind.
Es gibt auch kein (gesetzliches) Verbot unentgeltlicher Freundschaftsdienste. Auch hier gilt: Erfolgt die Mitarbeit aus anderen Motiven als zu Erwerbszwecken und geht der freiwillige Helfer keine Verpflichtung ein, so liegt auch kein meldepflichtiges Dienstverhältnis vor. An dieser Stelle wird aber ausdrücklich davor gewarnt, falsche Behauptungen vorzunehmen und Dienstverhältnisse mit derartigen Argumenten verschleiern zu wollen! Umgekehrt ist natürlich nicht einzusehen, warum freiwillige Lesehelfer bei der Gebietskrankenkasse angemeldet werden sollten, wenn es sich tatsächlich nicht um Dienstnehmer handelt. Misslingt die Glaubhaftmachung des Nichtvorliegens eines Dienstverhältnisses, so trägt der Betriebsführer als Melde- und Beitragsverantwortlicher das Risiko einer Bestrafung. In Fällen glaubhafter Fehlentscheidungen der Behörden unterstützen die Experten der Landwirtschaftskammer bei der Verfassung von Rechtsmitteln.
Sachzuwendungen als Entgelt?
Die gesetzliche Entgeltdefinition ist sehr umfassend. Unter Entgelt sind demnach die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder welche dieser darüber hinaus vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält (§ 49 Abs. 1 ASVG). Das Gesetz nennt dabei keine „Marginalitätsgrenze“ (nach dem Motto: Geringwertige Gegenleistungen sind unbeachtlich). Eine nach altem Herkommen und guter Sitte erfolgende Verpflegung der freiwilligen Lesehelfer sollte aber kein Problem darstellen („traditionelle Jause“).
Heikler wird es bei Sachzuwendungen zum Mitnehmen. Bekommen Lesehelfer etwa Wein (in einem wertmäßig nicht völlig bedeutungslosen Ausmaß), so muss damit gerechnet werden, dass dies von den zur Vollziehung berufenen Behörden als Entgelt angesehen wird. Gehen die Behörden von einem Dienstverhältnis aus, so werden die Beiträge nicht nach dem Wert der tatsächlich erbrachten geringeren Gegenleistungen bemessen, sondern nach dem geltenden kollektivvertraglichen Mindestlohn (sogenanntes Anspruchslohnprinzip).
Sinn schriftlicher Erklärungen
Wer als Betriebsführer plant, Unterstützung durch freiwillige Lesehelfer in Anspruch zu nehmen, tut gut daran, die Umstände der beabsichtigten Hilfe in kurzer Form schriftlich festzuhalten. Inhaltlich sollten neben den betroffenen Personen die Unentgeltlichkeit, die Freiwilligkeit, die beabsichtigte Dauer der Hilfe und das Motiv kurz festgehalten werden. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist von der Richtigkeit derartiger Urkunden auszugehen, wenn nicht Umstände hervorkommen, die nahelegen, dass die gelebte Wirklichkeit anders aussieht („Scheinvereinbarungen“). Es ist wenig überraschend, dass für die Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Verhältnisse stets das tatsächlich Gelebte maßgeblich ist.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Bezieher von Transferleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Mindestsicherung, Ausgleichszulage etc.) eingesetzt werden. Derartige Personen werden nach der Vollzugspraxis der Finanzpolizei nahezu ausnahmslos zur Anzeige gebracht. Es liegt dann an den zuständigen Behörden, die Rechtsnatur der Mitarbeit zu beurteilen. Auch Pensionsbezieher müssen unter Umständen – abhängig von der Art der bezogenen Pension – mit Konsequenzen rechnen, wenn sich im Zuge einer Betretung herausstellt, dass ihre Mitarbeit im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolgt ist.
Nicht zuletzt im Hinblick auf die hohen Strafen und Beitragszuschläge sollte von einer (rechtzeitigen) Anmeldung bei der Gebietskrankenkasse nur dann Abstand genommen werden, wenn tatsächlich und eindeutig freiwillige unentgeltliche Mithilfe stattfindet.
Der Autor
Mag. Wolfgang Dobritzhofer, Referatsleiter Arbeits- und Sozialrecht, LK Niederösterreich,
St. Pölten; E-Mail: wolfgang.dobritzhofer@lk-noe.at