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Im Sinne des Verbrauchers oder eine Bevormundung? Bald auch beim Wein?

Nach Tabak ist Alkohol im Visier

Ein Artikel von CR DI Josef Glatt | 06.05.2015 - 10:48
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Im Sinne des Verbrauchers oder eine Bevormundung? Bald auch beim Wein?

Das war ja zu erwarten. Nach dem Kreuzzug gegen Tabak wird seitens der europäischen Lobby nunmehr gegen Alkohol ins Feld gezogen. Das Europäische Parlament mit seiner vielfältigen Parteien- und Interessenlandschaft lässt sich dabei bereitwillig einspannen. Eine Resolution des Umweltausschusses wurde dieser Tage vom Plenum des Europäischen Parlaments angenommen.

Bevormundung des Staatsbürgers

Mit dieser Resolution wird die Europäische Kommission aufgefordert, spätestens ab 2016 verschiedene Maßnahmen innerhalb der Europäischen Union umzusetzen. Auf der einen Seite versteckt sich zwar die Resolution hinter einer Generallinie, mit der dem moderaten Konsum von Alkohol das Wort geredet wird. Einer Forderung, der die europäische Weinwirtschaft (inklusive Österreich) bereits seit Jahren Rechnung mit ihrem Schulungs- und Informationsprojekt „wine in moderation“ trägt. Hinter dieser moderaten Generallinie werden aber auf der anderen Seite knallharte  Forderungen formuliert.

Derzeit sind alkoholische Getränke aufgrund der EU-Lebensmittelricht­linie von der Angabe der Zutaten und des Nährwertes (Kaloriengehalt) befreit, und dies auch aus gutem Grund. Alkohol und eventuell Restzucker sind beim Wein die wesentlichen Inhaltsstoffe, auch was den Kaloriengehalt betrifft, und die sind ohnehin angegeben. Das Europäische Parlament fordert nun die Europäische Kommission auf, diese Befreiung von der Angabe der Zutaten und des Kaloriengehaltes zu überdenken. Den genauen spezifischen Kaloriengehalt anzugeben, würde bedeuten, jedes Fass Wein separat zu analysieren, um den spezifischen Kaloriengehalt am Etikett ­angeben zu können. Gerade für die kleinstrukturierte (österreichische) Weinwirtschaft ein absolutes Unding.

Allergene Substanzen müssen ohnehin schon angegeben werden. Eine weitere Forderung dieser Resolution ist auch typisch für die Hinentwicklung Europas zur Bevormundung des Staatsbürgers: Schwangere sollen auf dem Etikett vor dem Genuss von Alkohol gewarnt werden. Ähnlich wie bei der Allergenkennzeichnung wissen die Betroffenen selbst am besten, was sie konsumieren dürfen und was nicht. Als Nächstes müssten dann Schwangere wohl auch vor dem Genuss gewisser Käsesorten gewarnt werden.

Rückzugsgefecht

Dass es bei derartigen Dingen oft weniger um Verbraucherschutz, sondern vielmehr auch um knallharte Marktanteile geht, zeigt das Verhalten gewisser Konkurrenten. Die Europäische Brauwirtschaft (große Konzerne) ist nunmehr hergegangen und gibt den Nährwert von Bier mittlerweile freiwillig an, ähnlich machen das mittlerweile große Weinmarken aus Übersee beim Import nach Europa. Danach machen sie Druck bei den europäischen Institutionen, dass aus Wettbewerbsgründen diese Angaben doch für alle alkoholischen Getränke verpflichtend sein sollten. Wie so oft bei diesen Dingen, bleibt der kleinstrukturierten europäischen Weinwirtschaft nur ein Rückzugsgefecht. Dann geht es nicht mehr darum, die Angabe von Nährwert und Zutaten zu verhindern, sondern dahingehend zu kämpfen, dass solche Angaben nicht verpflichtend auf dem Etikett angegeben werden müssen, sondern eventuell durch Informationskampagnen wie eigene Broschüren oder Homepages das Auslangen gefunden wird.

Jedenfalls ist dieses Beispiel wieder symptomatisch für die europäische Politik, speziell in der Landwirtschaft. Da wird auf der einen Seite versucht, mit Strukturförderungen eine klein- und mittelbetriebliche Landwirtschaft in Europa zu erhalten. Auf der anderen Seite wird es dieser aber durch derartige bürokratische bezeichnungsrechtliche Vorschriften unmöglich gemacht, sich am Markt gegenüber den Großkonzernen zu behaupten.

Die Forderung in der Resolution des Umweltausschusses, dass für Absatzförderung alkoholischer Getränke ­zukünftig keine öffentlichen Mittel mehr eingesetzt werden dürfen, konnte im Plenum des Europäischen Parlamentes etwas entschärft werden. Unsere erfolgreiche Dachmarketing-Gesellschaft „Österreich Wein Marketing“ hätten wir dann nämlich gleich als Erstes zusperren können.