Vor kurzem fand in Wien bereits das zweite „Orange Wine Festival“ Österreichs statt, hauptsächlich mit Winzern aus Slowenien, Kroatien, Italien und Österreich. Orange Wines gehören zum internationalen Trend, Weine möglichst naturbelassen und mit wenigen Eingriffen (minimaler Schwefeleinsatz) zu produzieren. Bei den orange Weinen handelt es sich im Grunde um Weißweine, die wie Rotweine hergestellt werden. Die Weißweintrauben werden auf der Maische teilweise oder zur Gänze vergoren und extrahieren dadurch mehr Tannine und Farbstoffe aus den Schalen. Davon kommt auch die dunkelgelbe bis orange Färbung, die namensgebend für diese Weinkategorie ist. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten der Orange Wines. Denn es gibt hier im Gegensatz zum allgemeinen Trend keine Regeln und keine offiziellen Bestimmungen. Erlaubt ist, was gefällt.
Keine Vorgaben
Meist sind diese Weine absolut naturbelassen, sehr oft sind es auch Bioweine, was aber nicht zwingend Voraussetzung ist. Einige werden wenig bis gar nicht geschwefelt, andere wiederum in Amphoren vergoren, oft werden sie unfiltriert abgefüllt, wodurch sie eine charakteristische Trübung aufweisen. Orange Wines sind also schwer einteilbar. Die Maischegärung bei dieser Art von Weißweinen ist der wohl zentrale Punkt. Bei der Maischegärung bleibt der Traubensaft mit den Schalen und Traubenkernen über längere Zeit, oft mehrere Tage bis Wochen oder Monate, liegen. Dabei wird ein hohes Maß an Gerbstoffen und Farb- und Geschmackstoffen an den sich entwickelnden Wein übertragen. Diese Machart verleiht dem Wein eine sehr körperreiche, trockene und komplexe Struktur. Ist diese Art der Maischegärung bei der Herstellung von Rotweinen durchaus erwünscht, war sie beim Weißwein in der Vergangenheit nicht gewünscht. Historisch betrachtet stammt diese Art der Weinbereitung von der weltweit ältesten Form der Weinherstellung in Quevris, das sind große, in der Erde vergrabene Tonamphoren, aus Georgien. Man nennt diese Art der Weinbereitung daher auch Weinausbau im kachetischen Stil, also mittels Maischegärung in Amphoren. Diese Form der Weinbereitung ist bis in die Antike zurück verfolgbar und rund 5.000 Jahre alt.
Eine Frage des Geschmacks
Natürlich sind diese Weine gewöhnungsbedürftig. Aus persönlichem Verkosten kann ich aber einerseits vielen dieser Weine sehr wohl einiges abgewinnen, vor allem was Tiefe, Komplexität und für mich neue Wein-Aromen betrifft. Andererseits gibt es in dieser Weinkategorie auch einiges zu verkosten, was den gelernten weintrinkenden Konsumenten wenig animiert. Es sind dies vielfach aufgrund des sparsamen Umganges mit schwefeliger Säure Weine mit höheren Gehalten an flüchtiger Säure und oftmals auch trübe braune Flüssigkeiten, die auch beim besten Willen nicht schöngeredet werden können. Womit ich aber wirklich ein Problem habe, ist, wenn im Zusammenhang mit diesen Weinkategorien auch immer von „natural wines“ gesprochen wird. Wenn Weine dieser Weinkategorie, bei der neben der Maischegärung und wenig Schwefel keine weitere Behandlung mehr durchgeführt wird, als „natural wines“ bezeichnet werden, so trifft das wohl für einen Großteil der Rotweine auch zu, die im Wesentlichen genau so produziert werden. Keine Naturweine wären dann zum einen jene Weißweine, bei denen versucht wird, durch stabilisierende Maßnahmen die Primärfrucht des Weines zu erhalten. Zum anderen wird im deutschsprachigen Raum bei Weinen, bei denen auf eine Anreicherung verzichtet wurde, ebenfalls von naturbelassen gesprochen.
Eigene Kategorie?
Jedenfalls liegt es im Ermessen jedes einzelnen Weinproduzenten, derartige Weine zu produzieren, solange dies im Einklang mit den weingesetzlichen Vorgaben passiert. Was sicherlich fehlt, ist eine weingesetzliche Kategorisierung dieser orange Weine. Vergleichbar ist diese Kategorie irgendwie mit dem Rosé. Rosé ist eine Kategorie, bei der Rotweintrauben wie bei der Weißwein-Herstellung verarbeitet werden. Orange-Wein ist eine Kategorie, bei der Weißweintrauben wiederum wie bei der Rotwein-Herstellung verarbeitet werden. Weißwein, Roséwein und Rotwein sind weingesetzlich definiert, Orange-Wein eben nicht. Ob man das will, sei dahingestellt. Die Frage ist, ob diese Weine auf mittlere Sicht auch eine gewisse Bedeutung erlangen, damit sich derartige Fragen überhaupt aufdrängen können. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die derzeitigen Proponenten dieser Weine das auch wollen. Ein Problem ergibt sich aber logischerweise dann, wenn derartige Weine zu einer staatlichen Prüfnummer eingereicht werden, um als österreichischer Qualitätswein in Verkehr gesetzt werden zu können. Solche Einreichungen gibt es bereits und im Regelfall werden diese Weine seitens der Kostkommission abgelehnt. Es fehlt aber auch die rechtliche Grundlage bzw. Konvention, derartige Weine anders zu beurteilen. Und zum Schluss ist immer auch der Konsument zu bedenken, wenn derselbe Qualitätswein, z. B. ein Grüner Veltliner mit der Herkunft Kremstal, einmal ein fruchtig-würziger Weißwein und das andere Mal ein oxidativer, gerbstoffiger, wenn auch lagerfähiger Orange-Wein ist. Derartiges kann daher nur dann funktionieren, wenn Orange-Wein weinrechtlich als eigene Weinkategorie definiert ist.