Der biologische Weinbau hat in den letzten Jahren einen starken Aufschwung zu verzeichnen. Knapp 600 Weinbaubetriebe betreiben auf 3.860ha biologischen Weinbau. Das sind 8,6% der gesamten österreichischen Weinbaufläche, und damit ist Österreich weltweit Spitzenreiter, was den Anteil des Bioweinbaues am Gesamtweinbau betrifft (siehe Grafik). Die großen Weinländer Italien, Frankreich und Spanien bewirtschaften zwar jeweils eine Weinbaufläche von über 50.000ha nach biologischen Kriterien, beim Anteil an der Gesamtrebfläche sind sie aber weit abgeschlagen. Auch Deutschland liegt mit 5.200ha Biorebfläche anteilsmäßig deutlich hinter Österreich. Der Durchschnitt aller EU-Länder erreicht einen Bioweinbauanteil von unter 5%, und weltweit werden nicht einmal 3% der Weltweinbaufläche nach biologischen Grundsätzen bewirtschaftet.
Organisch oder biodynamisch?
Grundlegend wird in der Bewirtschaftungstechnik zwischen organisch-biologischem und biologisch-dynamischem Anbau unterschieden. Die beiden Richtungen unterscheiden sich in vielen Punkten, beide müssen aber den allgemeinen EU-Richtlinien über die biologische Produktion (EU VO 834/2007 und 889/2008) und den spezifischen österreichischen Bestimmungen im Lebensmittelbuch (Codex) genügen. Die meisten Biobetriebe sind Mitglied im Dachverband „Bio Austria“ und die biologisch-dynamischen Betriebe bei der „Demeter“ Vereinigung, wobei es derzeit eine hitzige Diskussion gibt, ob Biobetriebe, die nach biologisch-dynamischen Grundsätzen Weinbau betreiben und sich auch dahingehend deklarieren, Mitglied in der Demeter-Vereinigung sein müssen.
Erstmals „Biowein“
In den oben zitierten EU-Richtlinien waren bis dato nur die biologischen Spielregeln für die Traubenproduktion geregelt, ab der Ernte 2012 gibt es auch Vorgaben für die biologische Weinproduktion. Dafür dürfen dann die Biowinzer ab der Ernte 2012 auch Begriffe wie „Ökologischer Wein“ bzw. „Biowein“ verwenden. Die Etiketten müssen außerdem mit dem EU-Bio-Logo und der Code-Nummer der Zertifizierungsstelle versehen sein.
Mehraufwand notwendig
Die Motive, die Betriebe veranlassen, auf biologischen Anbau umzusteigen, sind sicherlich vielfältig. Für viele ist es wohl die ehrliche Überzeugung, nach dieser Wirtschaftsweise „im Einklang mit der Natur“ zu wirtschaften. Für manche ist es vielleicht auch eine Art Neugier, zu überprüfen, ob mit dieser Wirtschaftsweise wirklich andere Weinqualitäten erzeugt werden können, komplexere, terroirgeprägte Weine. Für manche ist es wohl das zusätzliche Argument in der Vermarktung, wenn sie dem Konsumenten Wein aus biologischem Anbau anbieten und sich dadurch von Mitbewerbern abheben können. Was auch immer die Motive sind, eines ist klar: Wenn man sich mit dieser Wirtschaftsweise nicht voll identifiziert und ohne die Bereitschaft, auch einen Mehraufwand in Kauf zu nehmen, wird dieses Vorhaben nicht gelingen. Denn auch für Bioweine gilt: Nur aus gesundem Traubengut kann auch guter Wein erzeugt werden.
CR DI Josef Glatt, MBA