Neues Bezeichnungsrecht

Ein Artikel von CR DI Josef Glatt, MBA | 01.10.2010 - 00:00

Mit dem abgelaufenen Jahr konnten erste Erfahrungen mit der Umsetzung der neuen Weinmarktordnung vor allem hinsichtlich des neuen Bezeichnungsrechtes gemacht werden. Bekanntlich unterscheidet das neue Weinrecht nicht mehr zwischen Qualitätswein auf der einen Seite und Tafelwein auf der anderen Seite, sondern nur mehr zwischen Wein mit Herkunft und Wein ohne Herkunft.

Der generische Wein ohne einer näheren Herkunft (mit Ausnahme Österreich) ersetzt im Prinzip die Kategorie "Tafelwein". Die Möglichkeit, in dieser Kategorie auch eine Rebsorte und den Jahrgang anzugeben, wurde in Österreich, aber auch in anderen Ländern sehr restriktiv umgesetzt. Wer diese Möglichkeit in Anspruch nehmen will, muss mehr oder weniger die Anforderungen eines Landweines einhalten. Dafür wurde der Rebsortenkatalog für diese Kategorie um einige interspezifische Rebsorten, die eine gewisse Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten aufweisen, erweitert. Manche Weinbauländer überlegen, wesentliche Rebsorten für diese Weinkategorie zu verbieten. Jedenfalls ist es eine Kategorie, mit der keiner wirklich Freude hat. Der Konsument hat nichts von ihr, da er durch die Angabe attraktiver Bezeichnungselemente, wie Rebsorte und Jahrgang, in den Glauben versetzt wird, eine besondere Qualität im Glas zu haben. Und auch der Produzent hat nichts davon, da die so bezeichneten Weine die qualitativ höher angesiedelten Weine mit Herkunft (Land- und Qualitätswein) konkurrenzieren und preislich unter Druck setzen. Es ist eine Weinkategorie, die am Markt niemandem etwas bringt und daher am besten ersatzlos zu streichen ist. Dies ist der Europäischen Kommission, die die Aufgabe hat, die neue Weinmarktordnung bis Ende 2012 auf ihre Auswirkungen in der Weinwirtschaft hin zu evaluieren, auch deutlich zu sagen. Vor wenigen Tagen hat es zu diesem Themenkomplex der Evaluierung der Weinmarktordnung auf Einladung der Rheinland-Pfälzischen Landesregierung in Mainz ein Treffen gegeben, bei dem die mitteleuropäischen Weinbauregionen ebenfalls zu dieser Erkenntnis gelangt sind.

Mit der Kategorie der Weine mit Herkunft hat die EU Schritte eingeleitet, um die unterschiedlichen Rechtsvorschriften für agrarische Produkte und Lebensmittel zu harmonisieren und dabei die geschützte Herkunftsbezeichnung als Qualitätsmerkmal zu stärken. Sie unterscheidet dabei zwischen geschützten Ursprungsbezeichnungen und geschützten geografischen Angaben. Die Verbindung zwischen Qualität und Herkunft hat eine Tradition im romanischen Bezeichnungsrecht, in Österreich und anderen mitteleuropäischen Ländern ist diese enge Verbindung bisher nicht üblich gewesen. Deshalb hatten sich diese Länder bei der Reform des EU-Weinrechts gemeinsam dafür eingesetzt, dass ihre traditionellen Bezeichnungen wie Qualitätswein und Landwein auch im neuen Rechtsrahmen weiter verwendet werden können und auch geschützt bleiben.

Vor diesem Hintergrund des neuen europäischen Weinrechtes und gleichzeitig fortschreitender Globalisierung des Weinmarktes ist es notwendig, den Zusammenhang zwischen Qualität und Herkunft deutlicher als bisher herauszustellen. Mit der Etablierung der regionaltypischen Qualitätsweine mit Herkunftsprofil, den DAC-Weinen, hat Österreich schon vor Jahren den Weg in diese Richtung eingeschlagen. Es fällt Österreich jetzt auch leicht, bei den DAC-Weinen die von der EU geforderten spezifischen Anforderungsprofile, die für geschützte Ursprungsweine auszuweisen sind, darzustellen. Für unsere übrigen Qualitätsweinherkünfte ist ein derartiges Profil natürlich umfangreicher, z. B. kann eine Qualitätsweinherkunft Thermenregion aus 33 verschiedenen Qualitätsweinsorten und 8 verschiedenen Qualitätsweinstufen hergestellt sein. Es wird deshalb für diese österreichischen geschützten Ursprungsbezeichnungen, die keine DAC-Herkünfte sind, aufgrund des geforderten Anforderungskataloges automatisch der Druck steigen, das Profil dieser Herkünfte zu schärfen. Ausgehend von diesem dualen System wird sich die österreichische Qualitätsweinhierarchie verstärkt in Richtung romanisches System entwickeln.

Deutschland will die Umsetzung der geschützten Ursprungsbezeichnungen nicht durch ein duales, sondern durch ein integrales Bezeichnungsrecht bewerkstelligen, wo das germanische Bezeichnungsrecht mit romanischem ergänzt wird. Konkret sollen die deutsche Anbaugebiete wie bisher bleiben, aber engere Herkünfte wie Bereiche, Gemeinden oder Lagen mit mehr Profil ausgestattet werden (können), wobei die Qualitätsanforderungen über die des Anbaugebietes angesiedelt werden sollen.