Leitartikel 12-2019

Weinmarktbeobachtungsstelle

Ein Artikel von CR Prof. DI Josef Glatt, MBA | 03.12.2019 - 09:43
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Weinproduktion der EU 28 (Stand Oktober 2019)

Fünfzehn internationale Experten am Weinmarkt und von Forschungsanstalten bereiten in gewissen Zeitabständen die Kennzahlen für den Weinmarkt auf. Veröffentlicht werden die Ergebnisse in einem Weinkenndatenblatt mit anschließender Aufschlüsselung der Daten. Am besten auffindbar unter Google: Wine market dashboard.

Europa mit durchschnittlicher Ernte

Mittlerweile gibt es auch erste konkrete Daten über die heurige europäische Weinernte. Die Kenndaten sind dabei sehr gut mit der österreichischen Situation zu vergleichen. Mit 189 Millionen Hektoliter gab es 2018 eine außergewöhnlich große europäische Weinernte (Ö: 2,75 Mio. hl). 2019 wird eine Ernte von 161 Millionen Hektoliter erwartet, was einer durchschnittlichen europäischen Ernte entspricht (Ö: 2,46 Mio. hl). 156 Millionen Hektoliter davon werden tatsächlich vinifiziert, der Rest sind Traubensaft und Traubendicksaft. Am Beginn des Wirtschaftsjahres vor der Ernte (31. 7. 2019) gab es daher einen erhöhten Lagerbestand von 178 Millionen Hektoliter (Ö: 2,98 Mio. hl). Durch die große Weinernte 2018 kamen die europäischen Weinpreise im Weinwirtschaftsjahr 2018/19 wie in Österreich unter Druck. Dies sollte sich angesichts der moderaten heurigen Weinernte aber wieder etwas entspannen (hoffentlich auch in Österreich).

Rotwein verliert, Schaumwein, Rosé und Bio legen zu

Interessant ist auch eine von der Europäischen Union in Hinblick auf die Reform der Gemeinsamen Marktordnung in Auftrag gegebene Studie über den Ausblick der Weinwirtschaft in den nächsten zehn Jahren bis 2030. Dabei zeigt sich eine Tendenz, die jeder, der am Weinmarkt partizipiert, gefühlsmäßig nachvollziehen kann. Die schwerwiegendste Erkenntnis dabei ist, dass der europäische Weinkonsum tendenziell sinkt. Man geht davon aus, dass der Konsum pro Jahr um rund 0,4% sinkt und sich 2030 bei etwa 174 Millionen Hektoliter einpendeln wird. Bei den Präferenzen des europäischen Konsumenten scheint es einen Verlierer zu geben und dies ist der Rotwein. Tendenziell soll es laut der Studie einen Konsumanstieg bei Weißwein geben, auch beim Schaumwein und beim Rosé. Auch der Anteil an Biowein soll noch steigen.

Der Export europäischer Weine wird weiter steigen, aber nicht mehr so schnell wie bisher. Durchschnittlich soll es ein Exportwachstum von 1% pro Jahr geben und 2030 bei 27 Millionen Hektoliter liegen. Tendenziell soll auch die Weinbaufläche in den nächsten Jahren geringer werden – dank Klimawandel tendenziell etwas nach Norden wandern.

Auf der Grundlage von Marktdaten, aber auch von politischen Zwängen werden derzeit die Rahmenbedingungen für eine zukünftige Marktordnung diskutiert. Stärker als bisher sind auch ökologische Komponenten in die Förderkulisse miteinzubeziehen. Was die Zielrichtung betrifft, so befindet sich die Förderpolitik in einer gewissen Dualität. Einerseits geht es vor allem um jene Winzer, die zu geringe Einkommen erzielen, um nachhaltig lebensfähig zu sein. Andererseits geht es um Weinbaubetriebe, die angesichts der Entwicklung des Weinmarktes bei der Erschließung neuer Exportmärkte unterstützt werden müssen.

CR Prof. DI Josef Glatt, MBA