CORONA-MASSNAHMENPAKET

Hilfe für die österreichische Weinwirtschaft

Ein Artikel von Redaktion | 22.06.2020 - 08:26
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Weinbauverband und ÖWM stellten das neue Hilfspaket und Maßnahmen für die Corona-geschädigte Weinbranche vor: Josef Glatt (Direktor WBV), NR Johannes Schmuckenschlager (Präsident WBV) und Chris Yorke (Geschäftsführer ÖWM)   © Walter Kaltzin

Anfang des Jahres war die Weinwelt noch in Ordnung, die Meldung vom Exportrekord des österreichischen Weines erreichte Anfang März viele Redaktionen des Landes. Kurz danach kam es virusbedingt anders. Durch den Komplettausfall der Gastronomie ging Österreichs größter und damit wichtigster Verkaufskanal für Wein für viele Wochen komplett verloren. Zudem kamen auch manche Auslandsmärkte praktisch zum Erliegen, fasste Chris Yorke, neuer Geschäftsführer der Österreich Wein Marketing, zusammen.

Aktuelle Rückmeldungen von Winzern und Händlern ließen auf deutliche Rückgänge bei den Weinausfuhren seit Ausbreitung der Pandemie schließen. Aufgrund der hochwertigen Qualitäten sind Österreichs Weine international stark in der Gastronomie vertreten, mit der Schließung dieser sind die Absätze über den Export ebenso eingebrochen.

LEH legt zu, aber Tropfen auf den heißen Stein
Erste Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK zu Haushaltseinkäufen im März und April zeigen, dass Haushalte zum Vergleichszeitraum des Vorjahres fast 17% mehr Wein im Handel gekauft und dafür 12% mehr ausgegeben haben. Die Anzahl der Haushalte, die ihren Wein Abhof einkauften, blieb im Vergleich zum Vorjahr stabil. Erwartungsgemäß sorgte der Corona-Lockdown für Steigerungen beim Lebensmitteleinzelhandel. „Die Steigerungen im heimischen Handel können die Verluste in der Gastronomie sowie im Export jedoch nicht auffangen. Eine möglichst rasche Erholung dieser Vertriebskanäle ist somit fundamental wichtig für Österreichs Winzer“, betonte Yorke.
Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager gab einen Überblick zum geschnürten Maßnahmenpaket, das an vielen Stellen ansetzt. Er hoffe auf ein baldiges grünes Licht aus den Ministerium und der raschen Veröffentlichung der entsprechenden Verordnung.

DAS GEPLANTE MAßNAHMENPAKET
Absatzförderung auf Drittlandsmärkten:
Um Absatzbemühungen im Export besonders zu fördern, soll die bestehende Absatzförderung für Drittlandsmärkte im Rahmen des nationalen Stützungsprogrammes erweitert werden. Ausgeweitet werden sowohl die Förderungsgegenstände als auch die Anhebung des vorgesehenen Fördersatzes von 50 auf 60%. Zudem sollen die dafür vorgesehenen Budgetmittel angehoben werden.

Investitionsförderung: Die Investitionsförderung im Rahmen des nationalen Stützungsprogrammes wird ausgebaut. Bei besonders qualitätsfördernden Maßnahmen, die vor allem auch aufgrund des Klimawandels notwendig werden (Gärsteuerung und Kühlungsinvestitionen), wird die Förderintensität von 30 auf 40% angehoben. Neu aufgenommen in die Investitionsförderung werden Lagertanks, aber auch Konzentriermaßnahmen von Most, wie Umkehrosmose und Vakuumdestillation (Herstellung von Süßreserven).

Umstellungsförderung: Die aufgrund des Klimawandels notwendigen Investitionen wie Bewässerung sollen vollinhaltlich beibehalten und ausgebaut werden. Dasselbe gilt für die Erhaltung und Rekultivierung von Böschungen und Terrassen. Die klassische Förderung der Umstellung von Weingärten soll aber nach über 20 Jahren angesichts der Marktsituation etwas reduziert werden.

Schaumweinsteuer: Die für den österreichischen Schaumwein gegenüber dem italienischen Frizzante wettbewerbsverzerrende Schaumweinsteuer wird mit 1. Juli auf Null gestellt. Dies sichere den Weinabsatz für rund tausend Sektgrundweinerzeuger, betonte Schmuckenschlager.

Wein-Destillation: Zur Reduzierung des großen Weinbestandes, der seinen Grund im zusammengebrochenen Corona-Markt und in den großen Weinernten 2018 und davor hat, wird eine Destillation von Wein für Desinfektionsmittel geplant. Insgesamt sollen rund 10 Mio. Liter Wein des Jahrganges 2018 (und älter) zu einem Ankaufspreis von 35 Cent/Liter Wein weiterverarbeitet werden. Herangezogen werden dazu Budgetmittel aus dem Stützungsprogramm.

FOKUS AUF OFFENE KANÄLE
Die einzelnen Absatzkanäle im In- und Ausland seien unterschiedlich von den Corona-Einschränkungen betroffen, erläuterte der ÖWM-Chef Yorke. Seit dem Lockdown hätten sich die Pläne der ÖWM total geändert. Sie fokussierte auf die noch offenen Kanäle und bringt im Juli eine Weintourismus-Kampagne. Sie soll die Gastronomie und Weinbaubetriebe inkl. Abhof-Verkauf stark unterstützen. Sie wird sich mit multimedialer Verbreitung bis in den Herbst ziehen, so Yorke. Kernelement der Kampagne wird eine Landing Page (Website) sein, die das weintouristische Angebot des Landes bündelt. Alle Weinbaugebiete und Winzer können sich dort beteiligen und ihre Urlaubsaktivitäten rund um das Thema Wein präsentieren.

In ein paar Tagen läuft wieder die G’spritzter-Kampagne der ÖWM an. Nach einer Adaption soll sie die Österreicher noch stärker zu den Wirten und Winzern zu locken. Neben der gezielten medialen Streuung gibt es verkaufsfördernde Werbematerialien (teils kostenlos).
Bereits kurz nach Beginn der Corona-Restriktionen startete die ÖWM die Kampagne „Schmecke die Herkunft“, um die verbliebenen Absatzkanäle zu stärken. Einer davon war der Online-Vertrieb (im Handel und Abhof), der mittlerweile hohe Zuwachsraten verzeichnen konnte (600 österreichische Winzer nahmen teil).

SALON kommt im Herbst
Der bewährte SALON wird heuer im Herbst stattfinden und ein zentrales Instrument sein, um Händlern, Gastronomen und Konsumenten in ganz Österreich die heimischen Weine näherzubringen.
„Alle unsere Maßnahmen zielen ganz bewusst darauf ab, Österreichs Winzern vielfältige Möglichkeiten zur Teilnahme zu bieten. Sie werden umso stärker, je mehr Winzer und Betriebe daran teilnehmen oder ähnliche Initiativen starten. Es gilt jetzt als Weinwirtschaft gemeinsam proaktiv auf unsere Weinliebhaber zuzugehen und sie mit Erlebnissen und Veranstaltungen in die Weingebiete zu holen“, fasste Yorke zusammen.

Online-Formate für internationale Kontakte
International setzt die ÖWM seit Beginn der Restriktionen gezielte Maßnahmen, um mit Händlern und Journalisten in engem Kontakt zu bleiben. So wurden die Verkostungsformate kurzfristig ins Netz verlegt und neue digitale Round-Table-Tastings ins Leben gerufen. Bisher haben über 1.000 internationale Sommeliers, Journalisten, Gastronomen und sonstige Weinexperten an diesen Formaten teilgenommen, die auch weiterhin angeboten werden.

Online wird auch die Austrian Sommelier Competition New York von Juli bis August über die Bühne gehen. Zudem laufen bereits die Vorbereitungen für eine Kooperation mit der renommierten Star Wine List: In 14 internationalen Städten wird die beste österreichische Weinkarte in der Gastronomie ermittelt, das Finale findet im Rahmen der VieVinum 2021 statt. Erste Veranstaltungen vor Ort plant die ÖWM für November in Russland und Kanada.

Fokus auf tollen Jahrgang 2019
In allen Aktivitäten wird die ÖWM einen speziellen Fokus auf die Weine des Jahrgangs 2019 und auf gereifte Weine legen. Dies soll alle Winzer dabei unterstützen, die Weinbestände in den Kellern zu reduzieren.
Ob die geplante Verlängerung der Sperrstunde in der Gastronomie den Weinabsatz erhöhen werde, lautete eine Frage bei der Pressekonferenz. „Weinliebhaber finden bis 1 Uhr genug Zeit, Wein zu bekommen. Wer es nicht schafft, muss früher beginnen“, empfahl Schmuckenschlager. #