Seewinkel

Den Traubenpreis bestimmt nicht die Politik

Ein Artikel von Redaktion | 17.09.2019 - 10:54
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Heiße Diskussion in Illmitz an der Traubenübernahmestelle © W. Kaltzin

Die traditionelle Lesetour des Österreichischen Weinbauverbands im Beisein der Burgenländischen Landwirtschaftskammer beginnt daher nicht zufällig bei einer der großen Traubenübernahmestellen des Burgenlands, der „AGS Burgenland Kellerei“ in Illmitz. Hier werden Trauben übernommen und für große Handelspartner gepresst. Die Qualität der Trauben sei gut und die Erntemenge im Burgenland unterdurchschnittlich, trotzdem bezahle der Handel nur 30 bis 35 Cent pro Kilogramm Trauben, ärgern sich die beiden Gesellschafter der Übernahmestelle. Für Burgenlands Weinbaupräsident Andreas Liegenfeld nutzt der Handel die Winzer aus: „Ich finde es für den Weinhandel beschämend, so geringe Traubenpreise zu bezahlen. Die Traubenlieferanten werden mehr oder weniger erpresst, weil man die Trauben jetzt ernten muss.“

Solange der Handel jetzt Weine um 30 Cent kaufen könne, sei ein Traubenpreis von 50 Cent eben nicht drin, lautet dagegen eine Argumentation des Handels. Tatsächlich belasten noch übrig gebliebene, oftmals fehlerhafte Weine vom Jahrgang 2018 den Markt. „Sie werden weiterhin den Markt massiv belasten, sie müssen also entsorgt werden“, forderte ein anwesender Winzer aus Illmitz.
Ein weiteres Ärgernis, die überhöhte Ernteprognose der Statistik Austria, kommt in der Runde zur Sprache. Dazu Liegenfeld: „Solche Fehleinschätzungen nützen maximal jenen, die von einem Überangebot am Markt profitieren, da dadurch fälschlicherweise ein niedriger Traubenpreis gerechtfertigt wird“, kritisiert Burgenlands Weinbaupräsident heftig.

Vom Verkäufer- zum Käufermarkt
Johann Kroiss von der AGS-Kellerei sieht die Hintergründe des Preisverfalls in der großen Ernte 2018: „Bis 2017 war der Freie Fassweinhandel ein Verkäufermarkt, doch mit der großen Ernte 2018 hat sich der Markt gedreht. Jetzt bestimmt der Handel die Preise.“ Weil ganz Europa eine große Ernte zu verzeichnen hatte, kamen zudem bislang nur wenige Exporte zustande. Die Ventilfunktion „Ausland“ kam also nicht zum Tragen.
Auch Flaschenfüller spüren den Druck der größeren Ernte 2018 am Markt und haben bereits vielerorts Pachtverträge gekündigt, was wiederum jene trifft, die schon seit vielen Jahren nicht mehr eingepresst haben. Ob die extrem niedrigen Traubenpreise weit unter den Gestehungskosten sind viele Winzer im Seewinkel desillusioniert und denken an das Roden der Weingärten. Insider gehen von einer weiteren kräftigen Flächenreduktion im Bereich von 500 Hektar aus.
Wünschenswert wäre ein langfristiger Vertrag mit dem Handel, bei dem man sich auf einen Durchschnittspreis einigen müsste, der oberhalb der Gestehungskosten liegt, lautete ein Vorschlag. Um die Winzerschaft für Verhandlungen auf eine Linie zu bringen, wäre auch eine Erzeugergemeinschaft sehr von Vorteil, so ein weiterer. Das Fazit lautete jedoch unisono: „Die Politik kann den Preis nicht bestimmen.“

Update Mitte September: An der Lesefront im Burgenland zeichnet sich ab, dass durch den geringeren Traubenansatz und der verringerten Ausbeute die Ernte rund 40% geringer als im Vorjahr ist. Doppelt bitter für die Produzenten, die Trauben verkaufen (müssen).